Pro Klinsmann:Rot ist richtig

Weiß-schwarze Leibchen an deutschen Fußballer-Körpern stehen für den Muff von 106 Jahren. Und mit ollen, preußischen Tugenden kommen wir bei der WM nun wirklich nicht weit. Darum: Bravo Bundestrainer! Rot werden wir Weltmeister.

Oliver Das Gupta

Blicken wir ein letztes Mal in die Vergangenheit, ins Jahr 1900. Polizisten trugen hierzulande lustige Pickelhauben (und jede anständige Frau ein Kopftuch), der Vorname des Kanzlers lautete Chlodwig, und unter Sport verstand man das, was Turnvater Jahn an Leibesübungen vorgegeben hatte.

Zu dieser Zeit wurde der Deutsche Fußball-Bund gegründet. Und weil der Kaiser von Gottes Gnaden war und obendrein noch Preuße, lieh man sich untertänigst die herrschaftlichen Nichtfarben: Fortan kickten die deutschen Fußballer zumeist in Weiß und Schwarz.

Was als Majestätskriecherei begann, hielt sich 106 Jahre. Seit gestern ist Schluss mit dem Muff, Jürgen Klinsmann sei Dank. Der erklärte die roten DFB-Leibchen kurzerhand zu Heimspiel-Trikots.

Bravo Bundestrainer! Das war auch höchste Zeit, diesen alten Zopf abzuschneiden. Weiß und schwarz, diese Kombination ist so blass wie sie klingt, so anachronistisch wie das Deutsche Reich. Und dann die typisch preußischen Tugenden. Mit "Bescheidenheit", "Sparsamkeit" und "Selbstverleugnung" kommt man vielleicht als Bundesfinanzminister gut an - als Kicker geht man unter.

Künftig wird also bei Heimspielen in rot gestürmt, gefoult - und immer öfter gesiegt. Denn genau das ist das Ergebnis einer britischen Studie: Teams mit roten Leibchen gewinnen häufiger.

Freilich, dreimal konnte die DFB-Elf eine Weltmeisterschaft trotz der wilhelminischen Farben gewinnen. Aber diesmal hat man eben keinen torhungrigen Rahn in den Reihen, nicht einmal ein halbes dickes Müller und erst recht keinen Kapitän, der den Gegner notfalls niederfränkelt.

Rot ist richtig, kein Zweifel. Wie anders wäre es sonst auch zu erklären, dass der vereinsrote Rekordmeister aus München als einziger deutscher Club in der Weltspitze mitspielt? Als trauriges Gegenbeispiel krebsen die Münchner Löwen wohl auf ewig in unteren Liga-Gefilden herum - mit weiß-blauen Trikots.

Wer jetzt noch immer nicht überzeugt ist vom Sinn des Trikotfarbenwechsels, sollte einen allerletzten Blick ins Geschichtsbuch werfen: Das weiß-schwarze Preußen ist seit 1945 mausetot.

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