Preußen Münster im DFB-Pokal:Abriss für den Aufstieg

14.11.2020 - Fußball, 2020/2021, Regionalliga West, 15. Spieltag, SV Lippstadt - SC Preußen Münster: Peter Niemeyer (Spo; Fußball

So sieht manchmal Regionalligafußball aus: Sportdirektor Peter Niemeyer holt bei einem Auswärtsspiel in Lippstadt einen Ball aus dem Gebüsch.

(Foto: Noah Wedel/imago images)

Preußen Münster, Gründungsmitglied der Bundesliga, spielt inzwischen in der Regionalliga. Das DFB-Pokalspiel gegen Hertha BSC soll die Ambitionen des Klubs beweisen - für Manager Peter Niemeyer wird es ein Wiedersehen.

Von Ulrich Hartmann, Münster

Zum Pokal-Los Hertha BSC hat Peter Niemeyer zwei Meinungen. "Persönlich freue ich mich darüber sehr", sagt der Sportdirektor von Preußen Münster, weil er einst fünf Jahre lang für die Hertha gespielt und die Stadt Berlin lieben gelernt hat. "Aber als Sportdirektor hätte mir schon auch ein Los gefallen, in dem die Chancen aufs Weiterkommen vielleicht ein bisschen besser wären."

An diesem Dienstag empfängt der 37-Jährige mit seinem Klub in der zweiten Runde des DFB-Pokals ein Stück Vergangenheit, das auch dabei helfen soll, sich mit dem SC Preußen eine bessere Zukunft vorzunehmen. In der viertklassigen Regionalliga West fühlt sich in Münster jedenfalls niemand wohl.

Die erste Grußbotschaft nach der Auslosung kam von Herthas Prokurist Thomas Herrich. Vor dem Anpfiff wird Niemeyer dann mit vielen weiteren Fäusten anstoßen dürfen. Mit dem Trainer Pal Dardai hat er noch zusammengespielt. Zum Sportdirektor Arne Friedrich, zum Co-Trainer Andreas "Zecke" Neuendorf und zum Abwehrspieler Marvin Plattenhardt hat er noch einen guten Draht. Während er später in Darmstadt gespielt hat, wohnte Niemeyer in Frankfurt Tür an Tür mit dem damaligen Eintracht-Manager Fredi Bobic, der mittlerweile bei der Hertha ist.

Was ein Spiel zwischen Preußen und der Hertha im Hause Niemeyer bedeutet, erkennt man am besten an seinem Sohn Leonard. Der wurde vor acht Jahren in Berlin geboren und ist eigentlich Hertha-Fan. "Aber heute ist er für Preußen", behauptet der Papa. Vielleicht hilft das ja. Eine halbe Million Euro gäb's fürs Weiterkommen. Geld, das man als Regionalligist gut gebrauchen kann.

Wenn Preußen Münster eines noch hat, dann einen Namen

Niemeyer war sieben Jahre alt, als Preußen Münster 1991 zuletzt in der Zweiten Liga gespielt hat. Obwohl er nur 50 Kilometer entfernt im nördlichen Münsterland aufgewachsen ist, war er als Kind nie bei einem Preußen-Heimspiel. Der Bruder hat ihn gelegentlich mit zu Spielen von Werder Bremen genommen. Niemeyer hatte als Kind keinen Lieblingsklub. Er hatte ein Deutschland-Trikot von Icke Häßler.

Vor drei Jahren ist seine Fußballer-Karriere nach Stationen bei Twente Enschede, Werder Bremen, Hertha BSC und Darmstadt 98 mit 146 Bundesliga-Spielen zu Ende gegangen. Er wurde Nachwuchsleiter im niederländischen Enschede. 2020 holten ihn die Preußen nach Münster, da waren sie gerade in die vierte Liga abgestiegen. "Die große Historie des SC Preußen war für mich mit ein Grund, nach Münster zu kommen", sagt Niemeyer. 1951 verlor Münster in Berlin das Endspiel um die deutsche Meisterschaft gegen den 1. FC Kaiserslautern. 1963 war der Klub Bundesliga-Gründungsmitglied. Das ist alles lange her, aber wenn Preußen Münster eines noch hat, dann einen Namen. 11 000 Zuschauer werden zum Pokalabend erwartet.

"Infrastrukturell liegt hier einiges im Argen", sagt Niemeyer

Wichtige Entwicklungen hat der Verein in den vergangenen Jahren verpasst. Das Stadion sieht immer noch aus wie in den Sechzigern. "Infrastrukturell liegt hier einiges im Argen", sagt Niemeyer. Der Klub hat auch kein Nachwuchsleistungszentrum. Nun soll zunächst das Stadion für 40 Millionen Euro modernisiert werden. Unterdessen bemüht man sich, in die dritte Liga zurückzukehren. Mit ebenso namhaften Traditionsklubs wie Rot-Weiß Essen, Fortuna Köln, Rot-Weiß Oberhausen und dem Wuppertaler SV mischt Münster in der Spitzengruppe der Tabelle mit.

Der Trainer Sascha Hildmann hat unter anderem mit Spielern wie dem Kapitän Julian Schauerte, dem torgefährlichen Mittelfeldmann Thorben Deters und dem Lewis-Holtby-Bruder Joshua Holtby einen recht guten Start hingelegt. Doch der Kampf um den Drittliga-Aufstieg wird hart. Essen etwa versucht seit zehn Jahren vergeblich, das kleinste Nadelöhr des deutschen Fußballs zu passieren.

Münster hat mit dem Einzug in die zweite Runde bundesweit aufhorchen lassen. Allerdings wurde ihnen der Sieg gegen den VfL Wolfsburg vom DFB-Bundesgericht zugesprochen, weil Wolfsburgs damaliger Trainer Mark van Bommel beim 3:1-Erfolg nach Verlängerung ein Mal zu oft wechselte. Niemeyer tat das hinterher fast leid. "Ich fühlte mich nicht als Sieger, da bin ich zu sehr Sportler", sagt er heute. Und dass van Bommel am Sonntag auch noch entlassen wurde, tut Niemeyer "total leid - ich hätte ihm auch einen besseren Start in Wolfsburg gewünscht." Stattdessen kam Münster eine Runde weiter. Eine Viertel Million Euro als Prämie gab es dafür.

Dieses Geld wird nicht zum erhofften Comeback im deutschen Fußball verhelfen, wohl aber die gemeinsamen Bemühungen von Klub und Stadt. "Alle hier in Münster wollen da unten raus und legen dafür eine unfassbare Motivation an den Tag", sagt Niemeyer. Nächstes Jahr soll mit dem Abriss der ersten Tribünenseite begonnen werden. Dann soll Seite für Seite das neue Stadion entstehen. So ähnlich, Schritt für Schritt, will man sich dann auch sportlich wieder verbessern.

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