Premier League:Mourinho wagt es, Rooney zu schonen

Manchester United v Leicester City - Premier League

Wayne Rooney: Gegen Leicester City nicht in der Startelf, später noch für einen Kurzeinsatz auf dem Platz

(Foto: REUTERS)

Von Sven Haist, Manchester

Das Bild, das einst von Albert Einstein um die Welt ging, zeigt den Nobelpreisträger mit ausgestreckter Zunge. An seinem 72. Geburtstag konnte Einstein dem medialen Hype damals nicht entkommen. Und um die Journalisten auf der Feier möglichst schnell zu passieren, entschied Einstein sich, lieber keine Worte, sondern eine Geste zu hinterlassen.

In der vergangenen Woche ist der weltberühmte Physiker, verstorben im Jahr 1955, nun erneut in die Öffentlichkeit geraten, weil José Mourinho, Trainer von Manchester United, sarkastisch feststellte, dass es im Fußball nur so vor Einsteins wimmelt. Nach drei Niederlagen hintereinander zweifelten sie an seinen Fähigkeiten. "Die haben versucht, die letzten 16 Jahre meiner Karriere zu löschen und die unglaubliche Historie von ManUnited", sagte Mourinho. Für diese nicht näher definierte, aber für ihn überaus nervige Gruppe hatte sich der streitbare Portugiese auch eine Pose zurechtgelegt. Nach dem 4:1 seines Teams gegen Leicester City ließ er nicht die Zunge heraushängen, sondern steckte sich den rechten Zeigefinger in den Mund. Das sollte wohl heißen: Ruhe, bitte!

Diesen Gegenschlag auf die fußballerischen Einsteins, zu denen vermutlich auch die ehemalige United-Legende Paul Scholes gehört, der als Experte gerne Verbesserungsvorschläge von sich gibt, konnte sich Mourinho leisten, weil seine Personalpolitik gegen Leicester aufging. Erstmals ließ er gemeinsam die beiden hochbegabten Angreifer Marcus Rushford und Jesse Lingard auf den Außenbahnen stürmen; am siebten Spieltag - Mourinho tut sich nach wie vor schwer damit, unerfahrenen Profis zu vertrauen.

Wayne Rooney wirkt gerade so müde wie nie zuvor

Einen Erfahrenen musste er dafür mit Wayne Rooney, 30, aus der Startelf nehmen - vor den Augen von Nationaltrainer Sam Allardyce. Bislang hat sich das weder im Klub noch in der Nationalmannschaft auf Dauer keiner getraut, obwohl der Kapitän merklich an einer Schaffenskrise leidet. "Er ist ein großer Spieler, für mich, für United, für England", sagte Mourinho, als er den Finger wieder aus dem Mund genommen hatte. Kurz zuvor gewährte er Rooney noch einen Kurzeinsatz. Seit er 16 ist, hat der Angreifer in jeder Saison mindestens 42 Spiele bestritten, ihm ist die Müdigkeit so sehr wie selten zuvor anzumerken.

Das neu formierte United versprühte dagegen Tatendrang und Frische. Vier Tore innerhalb von 20 Minuten gelangen den Red Devils in der ersten Halbzeit. Eine sehenswerte Kombination schloss Spielmacher Juan Mata zum 2:0 ab, die anderen drei Treffer resultierten aus Eckbällen, darunter das erste United-Tor von Rekordtransfer Paul Pogba. "Eine sehr gute Leistung" attestierte Mourinho. Der amtierende Meister kollabierte umgehend, die Folgen der Titelsaison wurden sichtbar bei Leicester. Die Spieler wirkten ausgelaugt: körperlich und geistig.

Mourinho spürt, dass er hinter Guardiola zurückhängt

Anders als Leicester darf Manchester United in dieser Saison nicht an der Champions League teilnehmen. Umso lauter ist der Ruf nach der ersten Meisterschaft seit drei Jahren. Den deutlichen Erfolg kann Mourinho gut für sich verwenden, um die Kritik an seiner reaktiven Spielweise zu entkräften. Bislang ist es ihm nicht gelungen, seinem Team eine eigene Identität zu verleihen. Obwohl United seine Wunschliste mit kostspieligen Transfers in allen Mannschaftsteilen erfolgreich abarbeitete.

Durch den Einzug von Jürgen Klopp und Pep Guardiola auf der Insel ist auch Mourinho dazu gezwungen worden, sich den taktischen Ideen seiner Konkurrenten anzupassen. Gelungen ist ihm das nicht, die direkten Duelle gingen im Vorjahr gegen Liverpool (1:3) und jetzt beim Aufeinandertreffen mit City (1:2) verloren. Der Verweis auf Vorgänger Louis van Gaal, dessen starre Vorgaben die Spieler angeblich weiter beeinflussen, ist eine Ausrede von begrenzter Halbwertszeit. Den Forderungen der Fans nach kreativen Spielzügen und einem Plan nach Ballverlust kann er nicht mehr aus dem Weg gehen.

Mourinho spürt, dass er nicht nur sechs Punkte in der Tabelle hinter seinem Dauerduellanten Guardiola zurückhängt, sondern auch bei der Entwicklung seines Teams. Nur so ist es zu erklären, dass er die Schuld an ausbleibenden Ergebnissen öffentlich einfach an einzelne Spieler übergibt. Sechs Profis hat Mourinho bereits angezählt, am härtesten traf es Linksverteidiger Luke Shaw nach dem 1:3 in Watford vor einer Woche.

Das 4:1 gegen Leicester sorgt nun für ein paar Tage Ruhe in Manchester. Der öffentlichen Berichterstattung kann Mourinho ja im Grundsatz durchaus etwas abgewinnen, er liest seinen Namen durchaus gerne in den Schlagzeilen. Nur eben nicht dann, wenn sie sich gegen ihn richten.

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