Premier-League-Klubs:Die Rückkehr der Engländer

Champions League - Atletico Madrid vs Chelsea

Ein Madrilene trifft in Madrid gegen Madrid: Alvaro Morata (links), Schütze des 1:1 für Chelsea, im Zweikampf mit Atlético-Verteidiger Diego Godin.

(Foto: Sergio Perez/Reuters)

Das brillante 2:1 bei Atlético Madrid bestätigt, dass mit den Briten ab sofort wieder zu rechnen ist - nur Liverpool enttäuschte.

Von Javier Cáceres, Berlin

Alvaro Morata hat sich im Juni mit dem italienischen Model Alice Campello vermählt, und wenn nicht alles täuscht, ist in ihrem Hause Familienplanung ein Thema. Am Mittwochabend, als der Stürmer des FC Chelsea im erst vor wenigen Wochen eingeweihten Estadio Metropolitano von Atlético Madrid vorbeigeschaut und einen 2:1-Sieg zu analysieren hatte, dachte er jedenfalls zuallererst an Kinder: "Ich werde meinen Söhnen erzählen können, dass ich der erste Spieler einer ausländischen Mannschaft war, der im Metropolitano getroffen hat", sagte Morata. "Es ist immer etwas Besonderes, in einem neuen Stadion zu treffen. Aber glücklich bin ich besonders wegen des Sieges, das hat nichts mit meiner Vergangenheit als Real-Madrid-Spieler zu tun", fügte er hinzu.

Ausgerechnet Morata! Atléticos einstiger Balljunge trifft zum 1:1

Dass Morata entscheidend dazu beitrug, dass das "Metropolitano geschändet" wurde, wie die Zeitung As befand, war für die Fan-Gemeinde Atléticos nicht leicht zu ertragen. Morata war mal einer der Ihren. Der Großvater hatte den kleinen Alvaro einst zu einem Test beim Verein seines Herzens geschickt, und Alvaro wurde dort nicht nur aufgenommen, sondern auch als Talent erkannt und später als Balljunge im Estadio Vicente Calderón verwendet, der alten Heimstatt Atléticos. Einen Namen als Morata machte sich Alvaro aber erst später, bei Real Madrid, dem ewigen Stadtrivalen Atléticos. Als Morata dann in diesem Sommer für 80 Millionen Euro nach London wechselte, weil er bei Real nicht genügend Spielzeit bekam, wurde Atlético immerhin noch eine Ausbildungsentschädigung von 800 000 Euro überwiesen. Doch als er nach dem Tor von Antoine Griezmann (40./Foulelfmeter) in der 60. Minute zum Ausgleich traf und sich am Spielfeldrand jubelnd auf die Brust klopfte, regnete es von den Rängen die erwartbaren Flüche und Verwünschungen.

Doch in all ihrer Obszönität waren sie nichts im Vergleich zu der dröhnenden Stille, die sich in der Nachspielzeit des Metropolitano bemächtigte. Denn nach 94 Minuten sorgte Michy Batshuayi auf Vorlage des einst bei Real Madrid ausgebildeten Verteidigers Marcos Alonso für das 2:1-Siegtor. Der bisherige Chelsea-Stürmer Diego Costa, der nach Ablauf der Transfersperre durch den Weltverband Fifa, also ab Januar 2018, für Atlético spielen wird, senkte auf der Tribüne den Kopf, während die Chelsea-Fans so enthusiastisch jubelten, dass man meinen konnte, die Engländer warteten seit der Vernichtung der Armada vor Trafalgar auf einen Sieg gegen Spanier.

Nachvollziehbar war die Ausgelassenheit insofern, als Atlético noch nie in einem europäischen Wettbewerb daheim gegen eine englische Mannschaft verloren hatte. Für den FC Chelsea allerdings sind Ausflüge ins Königreich Spanien seit zwölf Jahren weit weniger peinvoll als zum Beispiel für den FC Bayern. Die letzte spanische Elf, die es schaffte, auf eigenem Boden gegen Chelsea zu gewinnen, war Betis Sevilla in der Saison 2005/2006. Diesmal war der Sieg auch deshalb besonders, weil Chelsea seinen Gegner Atlético phasenweise an die Wand spielte - immerhin also das Team, das in den vergangenen vier Jahren zwei Mal im Champions-League-Finale stand.

Nur der FC Liverpool enttäuscht bisher in der Champions League

In Spanien meinte man bislang, den internationalen Fußball so fest im Griff zu haben wie Karl V. einst den Globus, als er ein Reich kommandierte, in dem die Sonne nicht unterging. Nun wird man offenkundig nervös. Womöglich habe man "etwas Historischem" beigewohnt, unkte ein Kolumnist der Zeitung As und deutete an, dass sich womöglich die einst belächelten Investitionen doch auszahlen. "Sehen wir gerade die Rückkehr der Engländer? Sie haben außergewöhnliche Spieler, Siegertrainer und eine intensive Liga. Unser Zyklus dauert schon sehr lang. War am Mittwoch der Wendepunkt?"

Möglich ist das schon. Nur der FC Liverpool von Trainer Jürgen Klopp hat bislang in der Champions League von den Insel-Klubs enttäuscht, gegen Spartak Moskau musste sich sein Team im zweiten Spiel wieder mit einem Remis begnügen. Manchester United, Manchester City und Tottenham Hotspur hingegen siegten, zum Teil ähnlich brillant wie Chelsea in Madrid. "Der Gegner war technisch und taktisch besser, hatte mehr Intensität und lieferte ein komplettes Spiel ab. Auch als wir mit 1:0 in Führung lagen und durch Saúl fast das 2:0 erzielt hätten - Chelsea war überlegen. Wir haben uns nie kommod gefühlt", sagte Atléticos Trainer Diego Simeone. In den Ohren des italienischen Chelsea-Trainers Antonio Conte war das Musik und Bestätigung: "Wir sind dabei, etwas wirklich Wichtiges zu bauen."

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