Süddeutsche Zeitung

Premier League:England droht ein großer Doping-Skandal

Ein Londoner Arzt soll vor versteckter Kamera zugegeben haben, 150 Sportler seit Jahren zu dopen. Auch Spieler aus der Premier League sind demnach betroffen.

Großbritannien wird laut eines Medienberichts von einem flächendeckenden Dopingskandal erschüttert, der offenbar zahlreiche Sportarten umfasst. Das berichten die ARD/WDR-Dopingredaktion und die Londoner Sunday Times. Im Mittelpunkt des Skandals soll der Londoner Arzt Mark Bonar stehen.

Dem Bericht zufolge sollen 150 Sportler gedopt haben - darunter auch Fußballprofis des FC Chelsea, FC Arsenal und von Tabellenführer Leicester City. Namen der angeblich betroffenen Sportler werden nicht genannt. Ein Investigativ-Team der Sunday Times und ein von der ARD/WDR-Dopingredaktion eingesetzter Lockvogel sollen die Doping-Methoden Bonars aufgedeckt haben.

Die Zeitung beruft sich auf die Aussage des Londoner Arztes Marc Bonar, der die Profisportler behandelt haben will. In den vergangenen sechs Jahren habe er sie mit verbotenen Substanzen wie Erythropietin (Epo), Steroiden und Wachstumshormonen behandelt. Demnach habe er "englische Top-Athleten mit allem, was schneller und stärker macht und verboten ist" versorgt, so die ARD in einer Pressemitteilung. Das zeigen die Journalisten Hajo Seppelt und Felix Becker in ihrem Film, der am Sonntagabend um 18 Uhr in der Sportschau im Ersten und um 22.15 Uhr in sport inside im WDR-Fernsehen zu sehen ist.

"Natürlich sind einige der Behandlungen, die ich mache, im Profisport verboten"

Nach Angaben der ARD erläuterte Bonar, Facharzt für Gynäkologie, dem angeblich an Doping interessierten Lockvogel seine weitreichende Arbeit im englischen Spitzensport. Mittlerweile habe er 150 Klienten, so Bonar. Es seien Fußballer aus der Premier League, Kricket-Profis, Tour-de-France-Teilnehmer, Boxer, Kampfsportler und Tennis-Profis.

Dass der Arzt verbotene Mittel verschreibt, sollen die Sportler vor allem über Mundpropaganda erfahren haben. Bonar sagt dem Lockvogel: "Natürlich sind einige der Behandlungen, die ich mache, im Profisport verboten. Aber ich habe das schon mit vielen Sportlern gemacht. Jahrelang. So ziemlich aus jedem Sport. Die konsultieren mich diskret. Schließlich steht ihr Ruf auf dem Spiel und meiner auch."

Die beiden Premier League-Clubs Arsenal und Chelsea reagierten prompt auf den Bericht. "Der Arsenal Football Club ist von der Veröffentlichung dieser falschen Behauptungen, welche ohne Grundlage sind, sehr enttäuscht. Die Sunday Times weiß, dass diese Anschuldigungen keine Basis haben. Trotzdem hat die Zeitung entschieden, sie zu publizieren. Wir halten uns strikt an die Richtlinie der Wada." Auch Chelsea wehrt sich gegen die Vorwürfe: "Der Chelsea Football Club hat die Dienste von Doktor Bonar nie in Anspruch genommen und auch keine Kenntnis oder Aufzeichnungen darüber, dass einer unserer Spieler je von ihm behandelt worden ist. die Spieler von Chelsea werden regelmäßig von den entsprechenden Behörden getestet."

"Epo, Testosteron und Wachstumshormone"

Hingegen äußert sich Bonar: "Ich habe mit Fußballern aus der Premier League, auch mit Spielern aus dem Ausland Kontakt. Auch mit einem ganz Großen, dem habe ich Epo, Testosteron und Wachstumshormone gegeben", äußerte der Mediziner: "Fußballer werden ja sowieso kaum getestet. Und ältere Spieler über 30 müssen was machen, die können mit den jungen Spielern um die 18 sonst doch gar nicht mithalten."

Angeblich soll es seit geraumer Zeit auch Hinweise eines Whistleblowers, eines des Dopings überführten Spitzensportlers, an die englische Anti-Doping-Agentur Ukad gegeben haben. Er soll Beweise für das Handeln des Arztes vorgelegt haben. "Dr. Bonar ist für mich die britische Version von Lance Armstrongs Dopingarzt Doktor Ferrari", sagte der gesperrte Sportler: "Es war Bonar, der mich zu Testosteron und anderen Substanzen brachte. Er fragte mich: Hast du schon mal Epo probiert? Oder Wachstumshormone?" Ukad beschied dem Informanten jedoch Anfang 2015, dass man keine Grundlage sehe, gegen Bonar zu ermitteln oder ein Verfahren einzuleiten.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada reagierte derweil schockiert auf die jüngsten Enthüllungen um Bonar. "Es scheint dem Mann ja gar nichts auszumachen, der sieht das offenbar ganz entspannt, harte und gefährliche Substanzen an einen Patienten zu verschreiben, ohne irgendwelche Skrupel", sagte der designierte Wada-Generalsekretär Olivier Niggli im Gespräch mit der ARD/WDR-Dopingredaktion. Es sei sehr beängstigend zu sehen, "wie ein Mediziner ein solches Verhalten an den Tag legt".

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