Premier League:Costas Trotz erzürnt Chelsea

Chelsea v Leicester City - Premier League

Diego Costa traf gegen Leicester - dann gab es trotzdem Ärger.

(Foto: REUTERS)
  • In der Premier League siegt Chelsea 3:0 gegen Meister Leicester - trotzdem gibt es eine Debatte um Stürmer Diego Costa.
  • England erwartet gespannt das Duell Manchester United gegen Chelsea.
  • Hier geht's zu den Ergebnissen von der Insel.

Von Sven Haist, London

Das Haar ist zerzaust und die Stimme krächzt. Nach einem Fußballspiel wirkt der Italiener Antonio Conte, Trainer des FC Chelsea, in seinem Designeranzug immer auch wie ein Dirigent, der von seinem Orchester soeben wieder in den Wahnsinn getrieben wurde. Conte möchte am liebsten jede Bewegung des Balls, jeden Laufweg seiner Spieler bestimmen. Um die Perfektion zu wahren, weist er seine Profis schreiend und gestikulierend von der Seitenlinie aus an. Bislang hat es sich noch kein Spieler erlaubt, zurück zu brüllen und ebenso vehement zu gestikulieren. Seit Samstagmittag ist das anders.

Diego Costa fand, dass er mit seinem Tor und der Vorlage für Eden Hazard genug beigetragen hatte zum 3:0 gegen Leicester City. Mit der eindringlichen Aufforderung nach einer Auswechslung wollte er sicherstellen, keine gelbe Karte mehr zu erhalten. Eine Verwarnung hätte ihn für das Duell mit Manchester United in einer Woche gesperrt, der Rückkehr von José Mourinho an seinen alten Arbeitsplatz.

Der italienische Trainer fuchtelt viel - die Spieler ignorieren es

Die Streiterei mit seinem Vorgesetzten war allerdings bis unters Stadiondach zu sehen - und zu hören. Chelseas bester Torschütze musste schließlich auf dem Feld bleiben und Conte sich später eine Erklärung für die unangenehme Situation einfallen lassen. "Ich möchte, dass Diego durchspielt. Er ist für diese Mannschaft ein Profi mit großer Persönlichkeit", sagte Conte. Worüber er gefällig hinwegging: dass Costa und er sich angeschrien hatten.

Der Aufschluss zur Tabellenspitze ermöglichte es Conte, 47, die Thematik schnell beiseite zu schieben. Aber sie wird wiederkommen. Das zeigt schon die Tatsache, dass die meisten Spieler auf Contes Gefuchtel in der Trainerzone gar nicht mehr reagieren.

Gerade ein Jahr ist es her, dass Mourinho dieses Team mit seinen penetranten Anweisungen, die vor allem die eigene Torsicherung zum Ziel hatten, in die untere Tabellenhälfte coachte. Und sich selbst: in die Entlassung. Das Londoner Starensemble hatte genug von Vorschriften und sehnte sich nach eigenständigen Entscheidungen auf dem Platz. Und wenn man von seinem Aktionismus an der Linie mal absieht, hat Conte das durchaus erkannt. Er hat die Formation zuletzt so lange verändert, bis er jene 3-4-3-Anordnung entdeckt hatte, die den individuellen Fähigkeiten der Spieler offenkundig am meisten entspricht.

Speziell der Feingeist Hazard profitiert davon, da er nun vermehrt die linke Seite in Richtung Zentrum verlassen darf. Dort trifft er auf Costa, das Duo harmoniert prächtig. Abgesichert von Nemanja Matic und Zugang N'Golo Kante; letzterer kam aus Leicester. Auf den Außenbahnen hat Chelsea laufstarke und kräftige Spieler, die sich bei Ballverlust der Abwehrreihe anschließen können. So haben die Blues die Gegentorflut zum Auftakt der neuen Spielrunde abstellen können.

Plötzlich darf bei Chelsea der Nachwuchs ran

Mourinho ist Geschichte, und im Klub ist es vielen ganz recht, dass diese Wandlung einsetzt, zumal sich auch die Zeit des Anführers John Terry dem Ende zuneigt. Terrys ehemalige Mitstreiter Frank Lampard und Didier Drogba sind schon länger ausgeschieden. Die Suche nach ähnlichen Leitfiguren hält an. Immerhin drängen die ersten Nachwuchstalente in den Kader. Bei Abpfiff standen sogar drei von ihnen auf dem Platz.

Chelsea konnte sich das leisten, weil Leicester momentan als Geist durch die Liga wandert. Schon die hohen Niederlagen in Liverpool und bei ManUnited hinterließen die Frage, ob man das nicht vielleicht doch nur geträumt hat: dass die Mannschaft von Trainer Claudio Ranieri in der vergangenen Saison Meister geworden ist. Die Körpersprache der Spieler signalisierte jedenfalls, dass ihnen die Partie am Dienstag gegen den FC Kopenhagen in der Champions League deutlich wichtiger ist. Dort sind sie noch ohne Punktverlust. Ein weiterer Erfolg würde beinahe eine Teilnahme am Achtelfinale garantieren.

In der Champions League ist Leicester noch gut dabei

Ein Interessenskonflikt, den Chelsea in dieser Saison nicht hat. Die Blues haben sich gar nicht erst für die internationalen Wettbewerbe qualifiziert. Damit das nicht noch mal vorkommt, treiben die Verantwortlichen die Häutung auch in anderen Bereichen voran. Neben der Erneuerung des Stadions hat Chelsea sich vor ein paar Tagen aus dem bestehenden Ausrüstervertrag mit Adidas herausgekauft. Ab kommendem Sommer tragen die Spieler das Emblem eines amerikanischen Sportartikelherstellers. Dem Verein bringt das etwa eine Milliarde Euro in den nächsten 15 Jahren.

Gerade im Kampf um Aufmerksamkeit ist das kein unerheblicher Deal für Chelsea. Wie kein anderer Spitzenverein in England müssen die Blues aufpassen, kein beliebiger Klub zu werden. Selbst innerhalb Londons sind die Tottenham Hotspur und der FC Arsenal bereits vorbeigezogen, was das Interesse anbelangt. Da kommt es Chelsea sicher nicht ungelegen, dass Antonio Conte am Spielfeldrand ziemlich laut brüllen kann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: