Süddeutsche Zeitung

Premier League:Bastian Schweinsteiger - der gemobbte Weltmeister

Bei Manchester United gibt es nach der rüden Degradierung durch Trainer Mourinho keine Zukunft für Bastian Schweinsteiger. Nun wird über seine weitere Karriere spekuliert.

Von Javier Cáceres

Zumindest seinen Humor hat Bastian Schweinsteiger nicht verloren. Wer am Dienstag seine Homepage aufrief, sah dort nicht nur das Schwarz-Weiß-Foto eines lächelnden Schweinsteigers in Zivil. Sondern in enormer Schriftgröße auch ein Zitat aus dem sozialen Netzwerk Twitter. "Bastian Schweinsteiger says: RT @ManUtd: Have a good one, @BSchweinsteiger! #MUFC", war dort zu lesen, was in etwa so viel heißt wie: Hab' einen schönen Tag!

Getwittert hatten die Social-Media-Manager von Manchester United diesen Satz am Montag, der ehemalige Kapitän des FC Bayern wurde da 32 Jahre alt. Ein vollends schöner Tag war es freilich nicht. Denn es war eben auch der Tag, an dem die Meldung die Runde machte, dass Schweinsteiger seinen Spind bei Manchester United räumen musste. Auf Betreiben des neuen Trainers José Mourinho.

Dass Mourinho die Kunst des Mobbings in vollendeter Perfidie beherrscht, ist in der Branche hinlänglich bekannt. Zu seiner Zeit bei Real Madrid reichte die Bandbreite der Mourinho-Opfer von aufstrebenden Mittelfeldspielern wie Pedro León ("Du würdest bei Real Madrid nicht mal spielen, wenn das Mannschaftsflugzeug abstürzen würde und du der Einzige bist, der zu Hause sitzt") bis hin zu Fußball-Legenden wie dem Torwart Iker Casillas.

Beim FC Chelsea brachte Mourinho Spieler wie den Belgier Kevin De Bruyne oder den deutschen Weltmeister André Schürrle so weit, dass sie ihre Karrieren beim VfL Wolfsburg wieder in den Griff bekommen mussten. De Bruyne wurde dort zu einem der besten Bundesligaspieler der Geschichte und wechselte im vergangenen Jahr zu Manchester City; Schürrle war nicht ganz so erfolgreich, konnte sich nun aber immerhin dem Meisterschaftszweiten Borussia Dortmund anschließen.

Vor ein paar Wochen musste Mourinho wegen Mobbings sogar vor ein Arbeitsgericht: Bei einem Premier-League-Spiel des FC Chelsea war er derart sauer auf die Mannschaftsärztin Eva Carneiro, dass er sie vor laufender Kamera als "Hurentochter" beschimpfte - sie war auf den Platz gestürmt, um einen verletzten Spieler zu behandeln, allerdings ohne Mourinhos Autorisierung. Nun also soll Schweinsteiger weggeekelt werden, durch eine schmerzhafte Degradierung.

Noch ehe er aus der Kabine der A-Mannschaft verbannt wurde, hatte Schweinsteiger bereits mit Manchester Uniteds Nachwuchsteam trainieren müssen. Und schon am Wochenende hatte er zu den Profis gehört, die für ein Testspiel nicht berücksichtigt wurden. Spieler, mit denen er nicht plane, setze er "nicht eine Minute" ein, "ich behalte sie auch nicht im Kader", sagte Mourinho dem klubeigenen Propagandasender MUTV mit Blick auf die 33 Profis, die sein Kader umfasst. Und so kreisen nun die Debatten um die Frage, wo Schweinsteiger seine erfolgreiche Karriere als Weltmeister, Champions-League-Sieger, achtmaliger deutscher Meister und siebenmaliger DFB-Pokalsieger fortsetzen wird.

Zwar hatte er in der vergangenen Saison aufgrund von Verletzungen nur 18 Premier-League-Spiele bestreiten können; im laufenden Kalenderjahr kam er in zwei Spielen sogar bloß auf 110 Einsatzminuten. Er gilt auch nicht mehr als der schnellste Spieler, zudem modelliert Mourinho gerade den Kader nach seinem Gusto um. Er hat bereits den schwedischen Stürmer Zlatan Ibrahimovic (zuvor Paris Saint-Germain), den armenischen Mittelfeldspieler Henrikh Mkhitaryan (Borussia Dortmund) und den ivorischen Verteidiger Eric Bailly (FC Villarreal) geholt; zudem dürfte der 120-Millionen-Euro-Megatransfer des französischen Mittelfeldspielers Paul Pogba (Juventus Turin) in den kommenden Tagen vollzogen werden.

Schweinsteiger, der in der vergangenen Saison vom ehemaligen Bayern-Trainer Louis van Gaal nach Manchester geholt worden war, kann noch auf einen bis 2018 laufenden, angeblich mit einem zweistelligen Millionen-Salär dotierten Kontrakt verweisen. Das deutet auf langwierige Vertrags-Auflösungsgespräche hin. "Für die Rente ist er definitiv noch zu jung und zu stark", urteilte der frühere Bayern-Torwart Oliver Kahn.

Sind Inter und der AC Mailand wirklich interessiert?

In italienischen Medien wird über ein Interesse des AC Milan und von Inter Mailand spekuliert - doch ob diese Klubs wirklich Bedarf haben, wird von Branchenkennern eher bezweifelt. Zudem gilt insbesondere der AC Milan als klamm und führungslos.

Die Corriere dello Sport mutmaßt, dass auch Lazio Rom ein Thema werden könnte, fußend allerdings auf einer recht kuriosen Indizienkette: Seine Liebe zu Italien habe Schweinsteiger durch die Wahl von Venedig als Ort seiner Hochzeit mit der Profi-Tennisspielerin Ana Ivanovic unter Beweis gestellt, zudem sei er gut mit dem früheren Lazio-Stürmer Miroslav Klose befreundet; Ivanovic wiederum würde Rom als Base-Camp für ihre Karriere auf dem Frauen-Circuit gelegen kommen. Mit der gleichen Berechtigung könnten dann auch Paris oder New York infrage kommen. Bastian Schweinsteiger selbst hat sich bislang in keiner Weise zu seiner Zukunft geäußert.

Eine Rückkehr Schweinsteigers nach Deutschland gilt als unwahrscheinlich, auch aus sentimentalen Gründen. "Bastis Klub war Bayern München. Ich bin überzeugt, dass er als Spieler nicht nach Deutschland zurückkehren wird", sagte der Präsident des FC Bayern, Karl-Heinz Rummenigge. Bayern-Kapitän Philipp Lahm wiederum sähe Schweinsteiger gerne wieder an der Säbener Straße.

"Es ist wichtig, verdiente Spieler einzubinden. Basti kennt bei uns alles und jeden, er wäre dazu prädestiniert, im Verein zu arbeiten", sagte Lahm der Sport-Bild. Und auch Rummenigge kann sich ein solches Szenario vorstellen: "Wir werden das dann zu gegebener Zeit besprechen." Allerdings: Von einer aktiven Spielerkarriere war bei diesen Angeboten schon nicht mehr die Rede.

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SZ vom 03.08.2016/jbe
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