Präsidium des TSV 1860 München:"Die Wahlen werden schon kommen, natürlich"

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Dem TSV 1860 ist ein juristischer Coup gelungen: Der Verein lässt Präsident Mayrhofer und Schatzmeister Schmidt als Notvorstand eintragen - und will so Klarheit im Fall Kirmaier schaffen. Dessen Anwalt geht dagegen mit einer sofortigen Beschwerde vor.

Von Philipp Schneider

Am Dienstagvormittag hat der TSV 1860 München eine durchaus überraschende Pressemitteilung verschickt, sie trug die Betreffzeile: "1860 schafft Klarheit." Erstaunlich war der Inhalt gleich aus zwei Gründen: Zunächst einmal hatte der Verein die naheliegende Entscheidung getroffen, das gegenwärtige Präsidium um Gerhard Mayrhofer in einen Notvorstand umzufunktionieren. Zudem hatte das Registergericht München dem Vorhaben zum Zeitpunkt der Verkündung tatsächlich bereits zugestimmt. Damit ist Sechzig im seit Ewigkeiten andauernden Rechtsstreit mit Vereinsmitglied Helmut Kirmaier ein juristischer Coup gelungen. "Wenn Sie schauen, wozu ein Notvorstand befugt ist, dann ist das klar formuliert: Vorbereitung, Einberufung und Durchführung einer Delegiertenversammlung", sagt Siegfried Schneider, Vorsitzender des 1860-Verwaltungsrats: "Die Wahlen werden schon kommen, natürlich. In den nächsten Wochen oder Monaten. Je früher desto besser."

Weil der damalige Aufsichtsrat einen Ladungsfehler begangenen hatte (und sich ein Kläger fand, der in einem gewöhnlichen Verein kaum gefunden worden wäre), wird nun wohl das Prozedere des Vorjahres wiederholt werden müssen: Auf einer Delegiertenversammlung wird sich das Präsidium Mayrhofer erneut zur Wahl stellen - und eine Satzungsänderung beschlossen werden, die den Übergang zu einem Mitgliedersystem vorsieht.

Formaljuristisch wird der Verein also seit dem 11. September wie gehabt von Präsident Gerhard Mayrhofer und Schatzmeister Heinz Schmidt vertreten, nur konstituieren sie nicht länger nur ein Präsidium - sondern zugleich auch einen Notvorstand. Notwendig war die Maßnahme aus Sicht der Vereinsvertreter geworden, weil der klagende Kirmaier zuletzt am Landgericht München in Teilen Recht erhalten hatte, wonach alle am 14. Juli 2013 auf der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse für nichtig erklärt worden waren. Also auch die Wahl des Präsidiums Mayrhofer.

Gegen das Urteil von Richterin Christina Weitnauer hatten beide Parteien in diesem komplizierten Zivilprozess Berufung eingelegt, und dabei wird es auch bleiben: "Wir bleiben bei unserer Rechtsposition", sagt Siegfried Schneider: "Wir rechnen uns sehr gute Chancen aus am Oberlandesgericht. Aber wir wollen Klarheit. Und niemand kann sagen, was beim Urteil des OLG herauskommen wird. Und wenn man das Urteil so liest, dann kann man wenig damit anfangen." In der Tat.

Wenig überraschend kann auch Heinz Veauthier recht wenig mit der Entscheidung des Registergerichts anfangen, einen Notvorstand überhaupt zuzulassen. Denn aus Sicht von Kirmaiers Anwalt hat der Verein noch immer einen Vorstand: den ehemaligen Präsidenten Dieter Schneider, der sein Amt niemals niedergelegt habe. Veauthier bemühte am Dienstag auf SZ-Anfrage mal wieder eines seiner berüchtigten Feuerwehrgleichnisse: "Siegfried Schneider ist jetzt zum zweiten Mal aufgewacht, weil er gemerkt hat, dass es wirklich brennt. Nur hat er diesmal kein Wasser im Schlauch, sondern Öl." Der Anwalt hat gegen die Einsetzung des Notvorstands eine "sofortige Beschwerde" eingelegt, allein deshalb, weil sein Mandant als Prozessbeteiligter nicht angehört worden sei.

"So ärgerlich die juristischen Störmanöver einzelner Mitglieder auch sind, wir gehen damit professionell um", schrieb Schneider in der Pressemitteilung. "Wenn man professionell durch kriminell ersetzen würde, dann wäre das die richtige Formulierung", sagt Veauthier, der zugleich fordert: "Dieser Mann (Siegfried Schneider, d. Red.) gehört auf der Stelle aus dem Verein ausgeschlossen."

Fremde, einflussreiche Mächte am Werk

Tatsächlich ist die Entscheidung des Registergerichts nicht uninteressant, denn es hatte der Forderung nach Einsetzung eines Notvorstands zuvor bereits widersprochen - und hatte in dieser Sache auch Unterstützung vom Oberlandesgericht erhalten. Nur war es damals Anwalt Veauthier, der den zuvor am Auswahlverfahren des Verwaltungsrats gescheiterten Präsidentschaftskandidaten Erich Meidert als Notvorstand eintragen lassen wollte. Das Registergericht hatte aber darauf verwiesen, dass der Verein bereits ein im Vereinsregister eingetragenes Präsidium besäße: nämlich den damaligen Präsidentschaftskandidaten Hep Monatzeder sowie die Vizes Heinz Schmidt und Christian Holzer (die auch noch immer eingetragen sind). Ein Notvorstand ist laut § 29 BGB nur bei Handlungsunfähigkeit und auch dann nur in dringenden Fällen vorgesehen; 2010 hat das OLG München geurteilt, dass ein solcher Fall nicht vorliegt, nur weil die Wahl eines Vorstands unwirksam war.

Veauthier erkennt im vermeintlichen Kurswechsel des Registergerichts daher fremde, einflussreiche Mächte am Werk. Er sagt: "Ich habe die Vermutung und äußere den Verdacht, dass hier von außen nachgeholfen wurde. Da haben Leute im Aufsichtsrat Beziehungen, die es einem ermöglichen, Einfluss zu nehmen."

Dieser Verdacht kann Siegfried Schneider allerdings herzlich egal sein, die Doppelstrategie (Berufung und Neuwahlen) des Vereins ist zweifelsfrei raffiniert. "Wir müssen das Thema wegbringen, es kostet Geld und Kraft, und bei uns soll es um den Sport gehen", sagt er. Offen ist auch, ob das Präsidium der absehbaren Bestätigung durch eine neuerliche Delegiertenversammlung noch eine Mitgliederversammlung folgen lassen wird. Schneider sagt: "Eine Bestätigung auf einer Mitgliederversammlung wäre nicht notwendig, ob es sie geben wird, werden wir besprechen."

© SZ vom 17.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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