Alles war anders an diesem Dienstag in Porto: Wind war aufgezogen, und der Douro, der sich an den vorangegangenen Tagen so still in den Atlantik ergossen hatte, floss nun gekräuselt und unentschlossen hin und her. Als würde sich eine Kraft gegen die Logik der Natur stemmen. Wer auch immer darin ein Zeichen dafür erkennen wollte, dass am Dienstagabend in Portos Estádio do Dragão auch die Logik des Fußballs ausgehebelt werden könnte, sah sich getäuscht: Im WM-Playoff-Finale setzten sich die hochfavorisierten Portugiesen gegen Nordmazedonien durch, das am Donnerstag noch Italien ausgeschaltet hatte.
Portugal siegte durch zwei Treffer von Bruno Fernandes mit 2:0 (1:0) und qualifizierte sich für die Weltmeisterschaft in Katar. Portugals Kapitän Cristiano Ronaldo, 37, steht damit vor der fünften WM-Teilnahme seiner Karriere. Er zieht damit unter anderem mit dem früheren deutschen Nationalmannschaftskapitän Lothar Matthäus gleich.
Portugal hatte am Donnerstag bereits die Türken eliminiert. Wie die Türken traten auch die Nordmazedonier im vollbesetzten Estádio do Dragão in Weiß auf, doch mit einem großen Unterschied: Sie traten mit einer inneren Überzeugung auf, die den Türken abgegangen war. Nicht mal der Anflug von szenischer Angst war auszumachen. Weder brannte der Ball an ihren Füßen, noch öffneten sie den Portugiesen kaum je eine Passlinie. Das hatte seinen Preis.
Portugal bleibt ein Stammgast bei Fußball-Weltmeisterschaften
Unter der steinernen Miene ihres Trainers Blagoja Milevski standen sie so tief, dass sie nie genug Leute vor dem Ball hatten, um Gefahr zu entwickeln. Oder: um den Portugiesen den kalten Schweiß auf die Haut zu treiben. Das war zunächst nicht weiter dramatisch. Ein Schuss aus 14 Metern von Cristiano Ronaldo, der knapp am rechten Pfosten vorbeistrich (14. Minute), und ein Kopfballaufsetzer von Diogo Jota (24.), der übers Tor ging, war alles, was die Portugiesen offensiv zuwege brachten. Und so wäre das weitergegangen, wenn Nordmazedoniens Kapitän Stefan Ristovski den Portugiesen nicht nach einer guten halben Stunde ein Geschenk von der Größe der monumentalen Arrábida-Brücke gemacht hätte, die den Douro präsidiert.
Ristovski versuchte sich an der rechten Außenbahn an einem Pass ins Zentrum, der in den Füßen von Bruno Fernandes landete. Fernandes spielte auf Ronaldo, und der Kapitän der Portugiesen spielte ihn altruistisch auf Fernandes zurück. Der Effekt: Fernandes konnte in aller Seelenruhe vom Strafraumrand abziehen und Torwart Stole Dimitrevski per Flachschuss zur 1:0-Führung überwinden.
Das Tor gab den Portugiesen Sicherheit, die umso größer wurde, je mehr lange Bälle die Innenverteidiger Pepe und Danilo klärten. Ihre eben noch brennende Beklommenheit wurde zur Geduld. Und sie blieben gefährlich. Diogo Jota traf in der 41. Minute das Außennetz; mit einem Schuss von João Cancelo, der knapp den linken Winkel verfehlte, ging es in die Pause.
Mit Beginn der zweiten Halbzeit taten die Nordmazedonier einen Schritt nach vorn. Nun waren es die Portugiesen, die sich auf die defensive Organisation kaprizierten und nun auf einen fatalen Fehler des Gegners warteten. Er kam nach 65 Minuten. Oder: Ehe die Gäste auch nur einen einzigen Schuss auf das neuerlich von Diogo Costa gehütete Tor abgegeben hatte.
Pepe fing in der eigenen Hälfte einen Angriff der Nordmazedonier ab und leitete damit einen Konter ein, der über die linke Seite lief. Diogo Jota erspähte, wie Bruno Fernandes im Herzen des Strafraums in den freien Raum sprintete und den Flankenball volley vom Elfmeterpunkt im Netz deponierte. Dimitrevski war wieder ohne Chance. Und das Spiel auch in seiner neuformatierten Fassung offenkundig vorbei.
Aufregung gab es aber dennoch, als in der 78. Minute der bis dahin unauffällige Mittelfeldregisseur der Nordmazedonier, Eljif Elmas, im Strafraum der Portugiesen zum Schuss ausholte und Pepe den Fuß draufhielt. Elmas flog und blieb auch länger liegen. Der Elfmeterpfiff, der von den Gästen vehement gefordert wurde, blieb aber aus. Unter anderem, weil die Szene auch der Überprüfung durch den Videoschiedsrichter standhielt.
Der Rest der Partie glich eher einem Verwaltungsakt denn einem Spiel. An einem Fakt änderte sich nichts: Der Europameister von 2016, Portugal, bleibt ein Stammgast bei Fußballweltmeisterschaften, wie immer schon in diesem Jahrhundert. Und wie immer, seit Cristiano Ronaldo das Trikot Portugals trägt.