Fußball:Die erste weiße Karte der Fußball-Geschichte

Fußball: Catarina Campos, hier bei einem Spiel zwischen Rumänien und Italien.

Catarina Campos, hier bei einem Spiel zwischen Rumänien und Italien.

(Foto: Razvan Pasarica/Sport Pictures-Razv/Imago)

Bei einem Frauen-Pokalspiel in Lissabon zückt die Schiedsrichterin zweimal Weiß - nicht zur Bestrafung, zur Belohnung. Was dahinter steckt.

Von Sebastian Fischer

Das Pokal-Derby, das die Fußballerinnen von Benfica mit 5:0 gegen Sporting gewannen, war schon ein historisches, da hatte es noch gar nicht begonnen: 15 032 Menschen waren am Wochenende ins Estádio da Luz in Lissabon gekommen, um die Begegnung zu sehen, so viele wie noch nie zuvor bei einem Fußballspiel der Frauen in Portugal. In Erinnerung bleiben wird die Partie nun aber vor allem wegen einer Entscheidung der Schiedsrichterin Catarina Campos. Sie zückte eine Karte, die es weltweit im professionellen Fußball bislang noch nicht zu sehen gab: die weiße.

Ein Video der Szene kurz vor der Halbzeit zeigt den Applaus der Fans - und die etwas verdutzten Reaktionen der Mannschaftsärzte beider Klubs, als Campos die weiße Karte in die Höhe hielt und auf sie zeigte. Die Ärzte hatten gemeinsam einem Fan geholfen, der auf der Tribüne bewusstlos geworden war. Und sie wurden von Campos nicht etwa für einen Regelverstoß bestraft, wie es bei gelben und roten Karten üblich ist, sondern sie wurden für ihren Einsatz belohnt.

So unbekannt die weiße Karte im Weltfußball ist, so gibt es sie im portugiesischen Fußball schon eine Weile. Sie ist Teil einer staatlichen Initiative, des "Nationalen Plans für Ethik im Sport", und soll "ethisch relevantes Verhalten" von Spielern, Trainern und auch Zuschauern "anerkennen und belohnen", so steht es in einer Erläuterung des portugiesischen Instituts für Jugend und Sport. Die weiße Karte, heißt es, "ist eine pädagogische Karte". Es gibt sie nicht nur im Fußball, sondern auch in anderen Sportarten.

Man kann die weiße Karte auch sehen, wenn man Mitspieler unterstützt

Eine weiße Karte gezeigt bekommen kann zum Beispiel, wer sich "aufrichtig beim Gegner für ein Fehlverhalten entschuldigt und Reue zeigt", "Mitspieler unterstützt, die in entscheidenden Momenten des Spiels versagt haben" oder "sieht, dass es ein Problem mit der Ausrüstung des Gegners gibt und seine zur Verfügung stellt". Die Liste ist lang. Besonders schön: Weiß sieht auch, wer "die fragwürdigsten Entscheidungen des Schiedsrichters akzeptiert". Wobei dafür wohl erst mal der Schiedsrichter selbst zugeben muss, eine fragwürdige Entscheidung getroffen zu haben.

In Lissabon wurde die weiße Karte im Futsal und im Fußball für Kinder schon 2015 eingeführt; jede weiße Karte gab einen Punkt für die Fairplay-Wertung am Ende der Saison. Und nach ein paar Jahren galt sie als derart großer Erfolg, dass sie inzwischen auch vom portugiesischen Fußballverband eingeführt wurde - mit Ausnahme des Profifußballs, der von den ersten beiden Ligen organisiert wird.

Der Frauen-Pokal hingegen stellt offensichtlich keine Ausnahme dar, hier ist Weiß erlaubt. Und so erinnerte sich die Schiedsrichterin Catarina Campos in der 44. Minute des Spiels zwischen Benfica und Sporting daran, dass sie nicht nur zwei Karten zum Bestrafen dabei hatte, sondern auch eine zum Belohnen.

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