Polnische Elf in der Einzelkritik:Opfer der Flugente im Strafraum

Torwart Wojciech Szczesny sollte die Nation retten, doch dann schwirrt er chaotisch umher und muss sich bei einem neuen Helden bedanken. Die drei Dortmunder Polen beginnen borussenhaft, Robert Lewandowski schießt das erste Tor der EM - nach der Pause verlieren aber auch sie den Mut. Die polnische Elf beim 1:1 gegen Griechenland in der Einzelkritik.

Thomas Hummel

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Wojciech Szczesny

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Quelle: AFP

Torwart Wojciech Szczesny sollte die Nation retten, doch dann schwirrt er chaotisch umher und muss sich bei einem neuen Helden bedanken. Die drei Dortmunder Polen beginnen borussenhaft, Robert Lewandowski schießt das erste Tor der EM - nach der Pause verlieren aber auch sie den Mut. Die polnische Elf beim 1:1 gegen Griechenland in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Wojciech Szczesny: Einer von vier Weltklassespielern der Polen (laut Trainer Smuda) und der einzige, der nicht bei Borussia Dortmund spielt, sondern beim FC Arsenal. Der 22-jährige Torwart sollte das Schlimmste verhindern, wenn es darauf ankommt. Erhielt zusammen mit seinen Reservetorhütern Sandomierski und Tyton den ersten Applaus der 50.000 Polen im Stadion, als sie zum Aufwärmen auf den Platz liefen. Hatte lange Zeit überhaupt nichts zu tun. Als er dann die Nation retten sollte, segelte er aber durch den Strafraum wie eine verirrte polnische Flugente. Und weil es so schön war, schwirrte er kurz darauf wieder umher, um Salpingidis das Bein zu stellen: Rot, raus, der vermeintliche Retter verließ den Platz. Durfte sich in den Katakomben gleich seine Missetat im Fernsehen ansehen.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Lukasz Piszczek

Opening Match Poland vs Greece

Quelle: dpa

Lukasz Piszczek: Gelb-schwarzer Junge im rot-weißen Trikot, Teil I. Hat sich zu einem der besten Rechtsverteidiger Europas entwickelt, was er auch gegen Griechenland zeigte. Ging wie in Dortmund häufig mit nach vorne, unterstützte seinen Kumpel Blaszczykowski und überforderte damit die griechische Abwehr. War nach 13 Minuten durch und hätte da eigentlich schon Lewandowski das erste Tor servieren müssen. Schlug kurz darauf die wunderbare Flanke zum 1:0. Konnte auch beruhigt nach vorne rennen, sein Gegenspieler Giorgios Samaras entpuppte sich als wohl schwächster EM-Teilnehmer. Doch wo blieben seine Vorstöße nur nach der Pause?

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Marcin Wasilewski

Opening Match Poland vs Greece

Quelle: dpa

Marcin Wasilewski: Vergnügungswart der Mannschaft. Wegen seiner lustigen Art wollte ihn der knorriger Trainer Smuda schon rausschmeißen, die Spieler aber intervenierten und betrieben seine Rückkehr. Galt vorher als mögliche Schwachstelle der Innenverteidigung - zeigte dann, dass er ein standhafter Abwehrmann ist, aber eben mit wenig Eleganz, Schnelligkeit und Spielverständnis ausgestattet. Kam bei der Flanke vor dem 1:1 zu spät in den Luftkampf und legte den Ball für Salpingidis auf. Verlor Salpingidis auch vor dem Elfmeter aus den Augen. Bestätigte die Befürchtungen.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Damien Perquis

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Quelle: AFP

Damien Perquis: Ein Abwehrchef, der nicht die Sprache der Mitspieler spricht. Kann das gutgehen? Ist im französichen Troyes geboren, spielt für das Land seiner Oma. Die Frage blieb unbeantwortet, weil die Griechen zu schwach waren, die Abwehrarbeit bereits vom Mittelfeld übernommen wurde und der Gegner dann in Unterzahl noch weniger nach vorne kam. Verpasste es, nach einem Freistoß das 2:0 zu machen - was aber nicht am fehlenden Polnisch lag.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Sebastian Boenisch

Greece's Ninis challenges for the ball Poland's Boenisch during their Group A Euro 2012 soccer match at the National Stadium in Warsaw

Quelle: REUTERS

Sebastian Boenisch: Stand im wichtigsten Spiel der polnischen Nationalmannschaft in der Startelf. Liebling von Trainer Franciczek Smuda. Fiel im überschwänglichen Jubel nach dem 1:0 mit dem größten Überschwang auf. Verteidigte mit deutscher Wertarbeit gegen den griechischen Wusler Sotiris Ninis. Konnte aber nicht den Flankenlauf von Torosidis verhindern, der zum 1:1 führte.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Rafal Murawski

Poland's Murawski and Greece's Holebas run for the ball during their Group A Euro 2012 soccer match in Warsaw

Quelle: REUTERS

Rafal Murawski: Typ Wasserträger, ruhiger Zeitgenosse, der kaum Interviews gibt und ebenso ruhig seinen Dienst im defensiven Mittelfeld verrichtet. Hieß es. Tat viel, um diese Urteile zu widerlegen. Schoss als erster EM-Spieler auf das gegnerische Tor (scheiterte am Torwart), leitete einmal den Spielaufbau mit der Hacke ein (verlor dabei den Ball). Verlegte sich zunehmend wieder auf den leisen Dienst im Mittelfeld und fungierte als Wasserträger der Dortmunder Helden. Trug nach der Pause aber nicht mal mehr Wasser herum, sondern fungierte als Trapattonische leere Flasche.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Eugen Polanski

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Quelle: AFP

Eugen Polanski: Geboren in Sosnowitz, Schlesien. Ist deshalb für die polnische Nationalmannschaft spielberechtigt, obwohl er schon im Alter von zwei Jahren nach Deutschland kam und dort auch alle Jugend-Nationalteams durchlief. Glänzte nun aber im ersten EM-Spiel als Stachel im griechischen Spielaufbau. Stellte Passwege zu, gewann Zweikämpfe an der Mittellinie, kämpfte wirkungsvoll gegen Gekas bei Standardsituationen. Nach der ersten Halbzeit war er der leicht übersehene Held der Polen an diesem ersten EM-Abend. Fiel aber zusammen mit seinem Team stark ab, hatte vor allem dem bärenstarken Karagounis nichts zu erwidern.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Jakub Blaszczykowski

Opening Match Poland vs Greece

Quelle: dpa

Jakub Blaszczykowski: Gelb-schwarzer Junger im rot-weißen Trikot, Teil II. Kapitän und mit Lewandowski Hoffnungsträger in Polens Offensive. Nach einer halben Stunde hetzte er einem Befreiungsschlag hinterher und verursachte mit seiner puren Präsenz Panik in der griechischen Abwehr. Hebelte mit Kumpel Piszczek immer wieder die linke Abwehrseite aus, leitete so auch das 1:0 ein. Blickte dabei so grimmig, dass die Panik der Griechen schon allein deshalb berechtigt schien. Spielte in der ersten Halbzeit wie zu besten Dortmunder Zeiten. Doch was war nur nach der Pause los? Plötzlich zaghaft und eingeschüchtert. Und weil der Kopf oft nach unten sackte, war auch sein grimmiges Gesicht nicht mehr zu sehen.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Maciej Rybus

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Quelle: AFP

Maciej Rybus: Sein Trainer Stanislaw Tschertschessow prophezeite: Maciej Rybus wird die Überraschung des Turniers. Manko: Tschertschessow ist Trainer bei Terek Grosny, wahrlich kein Weltklub. Dennoch hofften die Polen, dass ein starker Rybus die Dortmunder in der Offensive unterstützen könnte. Es stellte sich heraus: Das war gar nicht nötig. In der starken ersten Halbzeit spielte Maciej Rybus auf der linken Seite überhaupt keine Rolle. Er war der, der eben auf links spielen musste. Hatte bald keine Lust mehr am Nicht-Mitspielen und wechselte die Seite. Was aber der rechten polnischen Seite nicht gut tat. Wurde als einziger Pole ausgewechselt.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Ludovic Obraniak

Poland's Blaszczykowski and Obraniak celebrate goal against Greece during Euro 2012 soccer match in Warsaw

Quelle: REUTERS

Ludovic Obraniak: Musste noch drei Tage vor dem Spiel öffentlich bestätigen, dass er Polen und die Polen mag. Geboren in Longeville-lès-Metz in Lothringen, spielt aufgrund seines polnischen Opas in der Mannschaft, spricht aber kaum die Sprache. Verstand sich dennoch prächtig mit den Dortmundern in der Offensive. Wich immer wieder auf die rechte Seite aus, um mit Piszczek und Blaszczykowski zu kombinieren, was die Griechen bisweilen arg verwirrte. Nutzte den Freiraum, der sich bot, weil sich die Griechen immer zu dritt auf die Dortmunder Polen warfen. Als die Polen nach der Pause einbrachen, noch die stärkste Offensivkraft.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Robert Lewandowski

Poland's Lewandowski scores the first goal of the tournament past Greece's Chalkias during their Euro 2012 Group A match at the National Stadium in Warsaw

Quelle: REUTERS

Robert Lewandowski: Auslöser einer Fußballeuphorie in Polen. Wer gegen Bayern zuerst mit der Hacke und dann im Pokalendspiel gleich dreimal trifft, für den sollten die Griechen doch kein Problem sein. Die 38,5 Millionen Einwohner sahen sich nach 17 Minuten bestätigt, köpfte die wundervolle Flanke von Piszczek stilsicher ein wie einst gegen den FC Bayern im Pokal. Wurde von den Griechen sonst hart bekämpft und kam kaum mehr an den Ball. Donnerte kurz vor Schluss den Ball ans Außennetz und versuchte, seine Mitspieler aufzubauen. Doch selbst ein Lewandowski kann keine Wunder bewirken.

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Polnische Elf in der Einzelkritik:Przemyslaw Tyton

Poland's goalkeeper Tyton saves a penalty kick of Greece's Karagounis during their Group A Euro 2012 soccer match at the National stadium in Warsaw

Quelle: REUTERS

Przemyslaw Tyton: War nun wahrlich nicht ins Turnier gegangen, um irgendeine Nation zu retten. Tat es aber dann einfach doch. Kam nach 69 Minuten für die Flugente Szczesny und hielt als erste Tat einen Elfmeter. Verursachte damit auf der Tribüne einen fulminanten Freudenausbruch auf der Tribüne. Fing dann zwar gleich ein Gegentor, brachte aber eine solche Aura mit, dass der Schiedsrichter einen umstrittenen Abseitspfiff hinausblies.

© Süddeutsche.de/jüsc
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