Polen nach dem Eröffnungsspiel der EM 2012:Rot für den Torhüter

Nach 17 Minuten passte Jakub Blaszczykowski auf Lukasz Piszczek, dessen Flanke köpfte Robert Lewandowski ein. Jürgen Klopp, der Vereinstrainder der drei in Dortmund, ist vermutlich mit geballter Faust vor dem Fernseher gehüpft, so borussig spielten die Polen. Als dann auch noch der Bremer Grieche Sokratis Papastathopoulos umstritten mit Gelb-Rot vom Platz musste (44.), schien die Partie entschieden. Doch die Griechen wechselten die Taktik, schlugen nun hohe Bälle nach vorne.

Und Polens Torwart Wojcech Szczesny erwischte einen schlimmen Tag. Beim 1:1 flog er an einer Flanke vorbei, kurz darauf foulte er im Strafraum und sah Rot. "Ich bin glücklich, dass Tyton den Ball gehalten hat. Weil ich fühlte, falls der Elfmeter reinginge, wäre das Spiel erledigt gewesen", sagte Szczesny später. Dabei waren da erst 71 Minuten gespielt - doch die polnischen Profis waren zu diesem Zeitpunkt schon platt.

Und die Zuschauer auch. Das Tempo, die Begeisterung, vielleicht auch die riesige Freude über das erste Lewandowski-Tor hatte die polnischen Zuschauer und die elf Spieler zu viel Kraft gekostet: Sie hatten überhaupt nichts mehr zu bieten auf dem Platz.

Selbst das Publikum wirkte Mitte der zweiten Halbzeit müde. "Diese Luft war ein bisschen drückend", sagte Piszczek, "das Stadion war zu, 60.000 Leute im Stadion, es war schwer zu atmen." Jeder Anwesende konnte das nachvollziehen, sogar manche Ordnerinnen auf der Tribüne hatten nasse Hemden von der Gewächshaus-Hitze. Als der polnischen Mannschaft die Kraft ausging, offenbarte sie auch ihre Schwächen.

In der Abwehr irrlichterte Marcin Wasilewski umher, links ließ Sebastian Boenisch immer mal wieder einen vorbei. Und im zentralen Mittelfeld verloren Eugen Polanski und Rafal Murawski völlig die Kontrolle über das Spiel. Überraschend war dabei, dass sich auch die drei Dortmunder in das müde Gekicke fügten. Jürgen Klopp saß inzwischen wohl auch nachdenklich in seinem Sessel. Draußen in Warschau schauten alleine vor dem Kulturpalast 100.000 Menschen auf den acht Großbildleinwänden zu.

Dass es schließlich doch nicht die große, laute Feiernacht wurde, störte bald nur noch wenige. Die meisten feierten einfach so weiter, Wodka und Bier flossen in dieser Nacht in großen Mengen. So manch einer wusste schon um Mitternacht nicht mehr, wie das Spiel überhaupt endete.

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