Pokalfinale:"Heute wird gefeiert"

Der VfL Wolfsburg verbietet den Doublesiegerinnen aus Rücksicht auf die vom Abstieg bedrohten Männer die Party - doch die Frauen reagieren nach dem 2:1 gegen Sand mit vorsichtigem Trotz.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Die Verweigerung ihrer verdienten Ehrung nahmen die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg tapfer auf. Am Sonntag hätten sie im Wolfsburger Rathaus eigentlich für Meisterschaft und Pokalsieg geehrt werden sollen, aber weil die Fußballer des VfL am Montag in Braunschweig noch Relegation spielen müssen gegen den Bundesliga-Abstieg, hat der VfL die Rathaus-Ehrung der Frauen abgesagt. "Verstehen muss man das nicht", sagte die Torfrau Almuth Schult, nachdem ihr Team am Samstag durch einen 2:1-Sieg gegen den SC Sand den Pokalsieg gesichert hatte.

So richtig beschweren wollte sie sich aber auch nicht. "Ich kann mich doch jetzt nur um Kopf und Kragen reden", sagte sie entschuldigend und erklärte, dass man sich aber die gebührende Feier zum Pokalsieg nicht nehmen lasse. "Heute wird gefeiert - und am Montag drücken wir den Männern die Daumen." Die Frauen werden sich das Relegationsspiel am Montagabend gemeinsam in ihrer Kabine anschauen. Um 18.10 Uhr am Samstag waren sie nach dem Schlusspfiff des Pokalfinals in überschwänglichen Jubel ausgebrochen - ungeachtet jener VfL-Mitteilung vor dem Spiel, in diesen Tagen konzentriere sich "der gesamte VfL natürlich komplett auf die Relegation, weshalb die grün-weiße Party für die Frauenmannschaft erst zum Start der kommenden Saison stattfinden wird." Die Frauen sollen also erst in vier Monaten geehrt werden.

"Wir waren ein zweites Mal nah dran", sagt Sands Kapitänin

Sie konzentrierten sich dann am Samstagabend in Köln völlig zurecht ganz allein auf ihren Pokaltriumph, der ihnen zwei Wochen nach dem Gewinn der Meisterschaft das Double sicherte. Als Trost über die vorenthaltene Ehrung sollte ihnen das zunächst genügen.

SC Sand - VfL Wolfsburg

Die Wolfsburgerinnen gewannen zum dritten Mal in Folge den DFB-Pokal.

(Foto: Marcel Kusch/dpa)

Die unterlegenen Spielerinnen aus dem Örtchen Sand hingegen waren untröstlich. "Wir waren ein zweites Mal nah dran", sagte Sands Kapitänin Anne van Bonn, nachdem man auch im vergangenen Jahr das Pokalfinale gegen Wolfsburg mit diesem Ergebnis verloren hatte - "ich bin traurig und leer." Wolfsburgs Kapitänin Nilla Fischer ging mit ihrem Siegerteam hart ins Gericht: "Wir haben ja gar nicht richtig Fußball gespielt", klagte sie, "das war eines unserer schlechtesten Spiele in dieser Saison." Ungeachtet dessen verabschiedet sich der Trainer Ralf Kellermann mit dem neunten Titel binnen fünf Jahren (vier Mal Pokal, drei Mal Meister, zwei Mal Champions-League-Sieger). Nach neun Jahren wechselt er auf den Posten als Sportdirektor und übergibt das Traineramt an seinen Assistenten Stephan Lerch. Dieser erhält vor dem Saisonstart im kommenden September das zweifelhafte Vergnügen, mit der Mannschaft für zwei vier Monate alte Titel geehrt zu werden.

Im vergangenen Jahr hatte sich der Wolfsburger Werksklub mit dem knapp zehnfachen Etat (geschätzte fünf Millionen Euro) gegen den kleinen Dorfklub aus Sand lange schwer getan und am Ende auch schon knapp mit 2:1 gewonnen. Auch diesmal war die erste Halbzeit eine zähe Angelegenheit, weil die Wolfsburgerinnen aus ihrem vielen Ballbesitz rein gar nichts machten, sich mit Fernschüssen behalfen und diese ausnahmslos versiebten.

Popp zeigt der Schiedsrichterin einen Vogel - und macht es noch mal spannend

Bei mehr als 30 Grad im Kölner Stadion beschränkten sich die Frauen aus Sand beinahe ausschließlich darauf, die Wolfsburgerinnen an Torchancen zu hindern. Die Ex-Wolfsburgerin Jovana Damnjanovic legte sich, nach einem Scharmützel mit Isabel Kerschowski in der ersten Halbzeit, auch noch mit Babett Peter an. Mehr als das hatten die Badenerinnen aber nicht zu bieten, so dass das Wolfsburger 1:0 in der 65. Minute folgerichtig und verdient war. Nach einer Ecke von rechts von Caroline Hansen flog Sands junge Nationaltorhüterin Carina Schlüter am Ball vorbei. Pernille Harder traf per Kopf. Zehn Minuten später wiederholte die Dänin das Kunststück zum 2:0, diesmal war die Flanke von links und von Alexandra Popp gekommen.

SC Sand - VfL Wolfsburg

Wolfsburgs Spielerinnen feiern nach dem Schlusspfiff, während Sands Jana Vojtekova die Niederlage nicht begreifen kann.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Das eigentlich schon entschiedene Spiel wurde noch einmal turbulent, weil Popp zwei Minuten nach dem 2:0 die gelbe Karte für ein taktisches Foul sah - und danach der Schiedsrichterin Ines Appelmann einen Vogel zeigte und dafür Rot sah. In der 78. Minute nutzte Damnjanovic die Verwirrung in der Wolfsburger Hintermannschaft, um auf 1:2 zu verkürzen. Sie traf aus sechs Metern den Innenpfosten, von wo der Ball der Torhüterin Almuth Schult an den Rücken und von dort ins Tor sprang. Ein weiterer Wolfsburger Platzverweis in der Nachspielzeit - Gelb-Rot für Sara Björk Gunnarsdottir - hatte keine Auswirkungen mehr. Danach feierten die Wolfsburgerinnen. Demonstrativ.

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