Pokal-Erfolg gegen Darmstadt:Zehn zahme Bayern-Raubtiere und ein Zauberer

Bayern München - Darmstadt 98

Kunstwerk: Xabi Alonso zielt aufs Tor.

(Foto: dpa)

Der FC Bayern fällt normalerweise über den Gegner her. Doch nach dem 1:0-Erfolg gegen Darmstadt steht eine magere Bilanz - und eine Vorfreude.

Aus dem Stadion von Martin Schneider

Der Ball fliegt perfekt, wunderbare Kurve, am Ende liegt er im Netz und Xabi Alonso trabt in seiner Regenjacke wieder zu den Mannschaftskameraden. Philipp Lahm hatte das Kunststück gar nicht gesehen, wie der Baske den Ball im Training volley aus der Hand hinter der Torauslinie mit dem linken Außenrist völlig lässig ins Tor dreht. Magnus-Effekt nennen die Physiker das, wenn sich eine Kugel nicht gerade durch die Luft bewegt, weil sie eine Eigenrotation hat.

Die Geschichte des 1:0-Sieges des FC Bayern im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Darmtadt 98 am Dienstagabend in München ist im Prinzip die Geschichte dieses Übungsschusses aus dem Herbst. Alonso ist bei der Ecke der Bayern in der 40. Minute als Absicherung eingeteilt, weil man ihm mit seinen 34 Jahren offenbar die Nahkampf-Qualitäten gegen die harten Darmstädter Verteidiger abspricht. Der Ball kommt zu ihm, tippt einmal auf, und Alonso gibt dem Ball diesmal eine Vorwärtsdrehung mit. Er fliegt keine Kurve, sondern senkt sich perfekt ins Kreuzeck.

"Dass Xabi schießen kann, wussten wir", sagte Thomas Müller später. "So Tore kennen wir eigentlich nicht von ihm", sagte Manuel Neuer. "Zero Diskussion", sagte Alonso selbst dazu. Er wollte gar nicht so viel darüber reden. "Ich stehe in einer guten Position, habe Kontakt mit dem Ball. War gut", analysierte er auf Deutsch in der Interviewzone.

Ansonsten war am Dienstagabend viel Müdigkeit beim FC Bayern. Ein zähes Fußballspiel, dass die Akteure später mit dem gleichen Vokabular, aber mit völlig unterschiedlicher Deutung beschrieben. "Das war sicher kein Fußballklassiker heute", sagte Manuel Neuer. "Darmstadt hat versucht, das Spiel kaputtzumachen und uns zu zerstören." Neuer meinte das als Vorwurf, Darmstadts Kapitän Aytac Sulu war stolz auf "unsere destruktive Spielweise." Und Trainer Dirk Schuster sagte: "In der ersten Halbzeit hätte man aus der Bayern-Hälfte auch einen Parkplatz machen können." Beide meinten das anerkennend. Ein Pfosten-Treffer von Robert Lewandowski in der ersten Hälfte, ein Kopfball von Philipp Lahm (freistehend im Sechzehner) in der zweiten Halbzeit, sowie ein Drehschuss von Müller und ein Fallrückzieher von Kingsley Coman. Wenn man vergleicht, wie der FC Bayern sonst meist in Heimspielen über den Gegner herfällt, war das eine magere Bilanz.

Schuster hatte vor dem Spiel noch daran erinnerte, dass man sich vor zwei Jahren im Hessenpokal gegen Viktoria Urberach schwer getan habe. Jetzt konnte er nach der Niederlage in der Fröttmaninger Arena eine Laser-Show bestaunen, die sich der FC Bayern immer im letzten Heimspiel vor Weihnachten leistet. Wenn man weiß, dass sie in Darmstadt am Stadion am Böllenfalltor vor nicht allzu langer Zeit noch Probleme mit dem Warm-Wasser in den Duschen hatten, ist das auch ein schönes Kontrastprogramm.

Vidal stapft schlecht gelaunt vom Platz

Zu einem Sieg hätte es vermutlich trotz der hervorragenden kämpferischen Einstellung selbst unter optimalen Umständen nicht gereicht - auch wenn Darmstadt später zwei, drei Konter in der zweiten Halbzeit und einen Kopfball von Sandro Wagner anführte. "Du musst sehen, gegen wen du spielst. Wenn man hinten aufmacht, scheppert es sofort", sagte Schuster.

Bei den Bayern fiel Coman nach vielen guten Spielen diesmal mit diversen technischen Fehlern auf, die vor allem in der ersten Halbzeit zu Ballverlusten führten. Aber auch Arturo Vidal, der erneut die Bindung zum Spiel suchte. Während Xabi Alonso bei diesen Spielen gegen zehn Verteidiger den Dirigenten im Mittelfeld gibt und den Platz nach Lücken und Möglichkeiten scannt, fragte man sich in der ersten Halbzeit, was genau eigentlich Vidals Aufgabe war. In der 65. Minute stapfte er schlecht gelaunt vom Platz. Thiago ersetzte ihn.

Dabei hatte Pep Guardiola gar nicht so viele Wechselvarianten zur Verfügung. Gegen Darmstadt fehlten wie schon am Samstag gegen Ingolstadt Franck Ribéry, Arjen Robben, Mario Götze, Douglas Costa, Juan Bernat, Medhi Benatia und David Alaba. Ein beachtliches Lazarett. "Klar, unser Zustand ist nicht perfekt. Wir haben viele Verletzte und in den letzten Wochen wenig Möglichkeiten", sagte Philipp Lahm.

Am Wochenende spielt der FC Bayern noch in der Bundesliga in Hannover, ein Spiel, bei dem sie auch einen schmucklosen 1:0-Sieg mitnehmen würden. Und dann ist da ja auch noch der Trainer. Es heißt, nach dem Hannover-Spiel werde sich entscheiden, ob Pep Guardiola seinen Vertrag in München verlängert oder nicht. Natürlich wurde jeder Spieler nochmal danach gefragt, und natürlich sagte keiner was dazu.

"Was ich glaube, was der Trainer machen wird?", fragte Thomas Müller einfach zurück und grinste. "Das ist unwichtig. Ich kann euch ja dann im Januar sagen, was ich jetzt geglaubt habe."

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