Podolski bei Inter Mailand:Traum von Italien

Inter agree loan move for Podolski

Lukas Podolski: Neue Pläne, neuer Verein

(Foto: dpa)
  • Es soll für beide Seiten ein Versprechen sein, zum Anknüpfen an alte Zeiten: Titel für Inter. Tore von Podolski.
  • Inter Mailand hat die Tore auch bitter nötig. Derzeit steht die Mannschaft in der Tabelle auf Platz elf.
  • Auch für den zuletzt wenig konstanten Podolski ist der Wechsel eine Chance: Seine Beziehung zu Trainer Arséne Wenger war schon länger kompliziert.
  • Bei Inter könnte Podolski vielleicht schon am Dienstag gegen Juventus Turin eingesetzt werden.

Von Sebastian Fischer

Es gibt ein Bild aus einer Zeit, in der Fußballtrikots noch glänzten und in Hosen gesteckt wurden, die weit über den Knien aufhörten. Auf diesem Bild ist ein älterer Mann mit drei jüngeren Kerlen zu sehen, sie posieren gegen die Sonne blinzelnd auf einer blühenden lombardischen Wiese, im Hintergrund blauer Himmel, Berge, Sträucher und ein Landhaus mit roten Ziegeln: ein Traum von Italien. Der ältere Mann schaut besonders stolz in die Kamera, wie ein Vater, der seine drei Söhne präsentiert. Doch es ist Giovanni Trapattoni, damals, 1989, Meistertrainer von Inter Mailand. Zu seiner rechten Lothar Matthäus, zu seiner linken Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann, seine Spieler, in blau und schwarz gestreiften Trikots.

Auf den ersten Bildern von Lukas Podolski in Mailand schien nicht die Sonne, sondern es war Nacht am Flughafen Milano Linate und der deutsche Nationalspieler von Fans umringt, die ihn bis zum Parkplatz verfolgten. "Score Goals!", "Forza Inter!", rief Podolski am späten Freitagabend in die TV-Mikrofone, Schweiß rann über seine Stirn, doch er lächelte stolz und reckte entschlossen einen blau-schwarzen Schal in den Himmel. Die Tifosi sangen.

Lukas Podolski, 29, ist der achte Deutsche in der Geschichte von Inter Mailand, nach Horst Szymaniak, Karl-Heinz Rumennigge, Hansi Müller, Matthäus, Brehme, Klinsmann und Matthias Sammer. Podolskis sechsmonatige Ausleihe mit Kaufoption vom FC Arsenal, für dessen Bestätigung nur noch die Unterschrift fehlt, soll für beide Seiten ein Versprechen sein, zum Anknüpfen an alte Zeiten: Titel für Inter. Tore von Podolski. Ein Traum von Italien.

Großer Abstand in der Tabelle

Noch sind es allerdings vor allem die alten Zeiten selbst, die dieses Versprechen verheißungsvoll machen. Denn die Gegenwart sieht trüb aus. Aktuell ist Inter Mailand in der Serie A nur Tabellenelfter und hat seit dem italienischen Vereinspokal 2011 keinen Titel mehr gewonnen. Und Podolski hat lange nicht mehr regelmäßig Tore geschossen, in der Premier League für den FC Arsenal in dieser Saison noch keines, nur drei in der Champions League.

Er hatte am Freitagabend vielleicht die alten Bilder von Klinsmann, Brehme und Matthäus im Kopf. Aus der Zeit, in der Podolski, Jahrgang 1985, gerade mit dem Fußballspielen begann, als er von einem Abenteuer in Italien sprach, auf das er lange gewartet habe. Und als er in die Mikrofone rief, er würde mit Inter in diesem Jahr die Champions League erreichen wollen. Doch die Probleme in Mailand kann Podolski eigentlich gar nicht lösen, sie liegen eher in der Defensive: 23 Gegentore hat Inter in der Hinrunde kassiert.

Komplizierte Beziehung zu Wenger

Vielleicht war Podolski auch einfach nur glücklich, das Abenteuer FC Arsenal vorerst beendet zu haben. An Neujahr hatte es sich der Stürmer in London zuletzt auch noch mit der Boulevardpresse verscherzt, den Daily Mirror via Twitter der Lüge bezichtigt, weil behauptet worden war, Podolski habe am Tag vor dem Spiel gegen den FC Southampton, für das er nicht berücksichtigt wurde, wutentbrannt den Trainingsplatz verlassen. Dabei habe er, erklärte Podolski, den Platz den ganzen Tag überhaupt nicht betreten, sondern war von Physiotherapeuten behandelt worden.

Seine Beziehung zu Trainer Arséne Wenger war schon länger kompliziert. Der Franzose setzte nicht mehr auf den Instinktfußballer mit dem unverwechselbaren linken Vollspann: er war zu wenig flexibel, zu wenig konstant. Der frühere Kölner, 2012 für 12 Millionen Euro an die Themse gewechselt, hatte keine Chance mehr gegen Spieler wie Danny Wellbeck oder Aléxis Sanchez.

In einer entscheidenden Phase seiner fußballerischen Laufbahn, in der es um einen letzten großen Vertrag vor dem Karriereende geht und um eine Perspektive in der Nationalmannschaft, konnte Podolski unmöglich in London bleiben. Kolportierte 2 Millionen Euro beträgt nun die Leihgebühr, 6,5 Millionen Euro die Kaufoption. Am Samstagmorgen untersuchten ihn bereits die Mailänder Vereinsärzte, am Nachmittag folgte die erste Trainingseinheit.

Möglicher Einsatz schon am Dienstag

Dort, auf dem Platz, spielt die Geschichte keine Rolle mehr, nicht seine und nicht die von Inter. Und doch gibt es auch dort erste Indizien, dass die neue Beziehung funktionieren könnte. Für Wenger war Podolski stets ein linker Flügelstürmer mit starkem linken Fuß - mehr nicht. "Ich kenne ihn sehr gut. Er kann auf verschiedenen Positionen spielen", hat Inter-Trainer Roberto Mancini dagegen jüngst erklärt. In Mailand könnte Podolski auch zentral hinter Sturmspitze Mauro Icardi auflaufen, vielleicht schon am Dienstag gegen Juventus Turin.

Mancini, der mit Inter von 2006 bis 2008 drei Meistertitel in Serie gewann, ist seit November zurück in Mailand, er löste den glücklosen Walter Mazzari ab, und sucht seitdem nach einem passenden System, zuletzt wechselte er zwischen 4-2-3-1, 4-4-2 und 4-3-3. Dass er dabei fortan auf Podolski setzt, ist wahrscheinlich. "Er hat sehr viel Erfahrung, ist ein großartiger Spieler und Weltmeister", sagte er über seinen neuen Stürmer. Und verwies dann zur Sicherheit auch noch einmal auf die Geschichte: "Deutsche Spieler haben Italien immer sehr gut getan."

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