Süddeutsche Zeitung

Drei Tore von Alassane Plea:Gladbach hat das letzte Puzzleteil

  • Borussia Mönchengladbach gewinnt in Bremen mit 3:1. Alassane Plea schießt dabei drei Tore.
  • Der Franzose kam vor der Saison für die Rekordablösesumme von 23 Millionen Euro.
  • Der Stürmer könnte der Spielertyp sein, der Gladbach noch zu einer Spitzenmannschaft gefehlt hat.

Von Frank Hellmann, Bremen

Als Alassane Plea nach 86 Minuten von der Gäste-Trainerbank zur Auswechslung gerufen wurde, unterbrach die freudetrunkene Anhängerschaft von Borussia Mönchengladbach ihren bereits recht monoton klingenden Singsang. Plötzlich ertönte unter dem Dach der Westkurve des Bremer Weserstadions die Melodie, mit der Righeira und seinem "Vamos a la playa" Generationen von Musikfreunden unterhielt. Der Name ihres neuen Torjägers war ja wie gemacht für diese Huldigung, die der Matchwinner zu seinem vorzeitigen Abgang als Dankesbotschaft empfing.

Durch seinen Dreierpack binnen 17 Minuten vor und nach der Pause festigte Gladbach mit einem verdienten 3:1 (1:0) bei Werder Bremen nicht nur den zweiten Tabellenplatz, sondern empfahl sich für den weiteren Saisonverlauf als Spitzenteam. "Erste Halbzeit sehr effektiv, zweite Halbzeit erst brillant gespielt, dann sehr gut verteidigt: Das ist ein weiterer Schritt für diese Mannschaft", lobte Sportchef Max Eberl.

Schon vor Spielbeginn hatte der gebürtige Münchner die Plea-Verpflichtung als "das Puzzlestück" bezeichnet, "das wir ein bisschen vermisst haben." Nach der Plea-Gala holte der gewichtige Macher noch ein bisschen weiter aus. "Ein großes Lob geht an unsere Scoutingabteilung mit Steffen Korell an der Spitze. Denn den Stürmer hatten auch andere auf dem Zettel. Er deckt alle Facetten ab." Tatsächlich scheinen die 23 Millionen Euro Ablöse, die im Sommer nach Nizza flossen, eine berechtigte Investition gewesen zu sein.

Elegant und kaltschnäuzig - Plea hat nun acht Saisontreffer

Beeindruckend war, wie Plea beim 1:0 seinen Gegenspieler Davy Klaassen abschüttelte wie eine lästige Fliege und die Kugel ins lange Ecke zirkelte (39.). Erstaunlich war auch, wie frei der 25-Jährige nach einer flach herein gegebenen Ecke von Thorgan Hazard stand, um abgefälscht zum 2:0 zu treffen (48.). Und einfach nur kaltschnäuzig war, wie die Nummer 14 der Borussia nach einem Spielzug vom Reißbrett den Ball nach Rückpass von Oscar Wendt ins Tor lenkte (52.). Damit steht der Angreifer, der vier Jahre bei OGC Nizza und davor dieselbe Zeitspanne bei Olympique Lyon zubrachte, nunmehr bei acht Saisontreffern. Ob er auf den Titel des Torschützenkönigs blicke, wurde Plea gefragt. "Ich denke nicht an das Saisonende, ich habe mir da keine Ziele gesetzt", richtete der Mann des Tages in aller Bescheidenheit aus. "Ich möchte so gut wie möglich für die Borussia spielen und der Mannschaft helfen. Dann wird man am Ende sehen."

Plea ist flott integriert worden: Viele Borussen sprechen Französisch

Der 1,81-Meter-Mann taugt nicht als Lautsprecher, sondern kommt als Leisetreter rüber. Der wieder in die Anfangself gerückte Kapitän Lars Stindl erzählte später, warum Plea tatsächlich so gut an den Niederrhein passt: "Wir sind froh über einen super Fußballer. Er ist sehr demütig und sehr zurückhaltend. Und er ist ein super angenehmer Mensch." Auch Sturmkollege Hazard benutzte die Super-Super-Beschreibung beinahe in der Pep-Guardiola-Häufung, um die Attribute seines Teamkollegen aufzuzählen.

Klar, dass Trainer Dieter Hecking ("Wir sind natürlich sehr froh über den Sieg") auch nicht anders konnte, als den Schlüsselspieler herauszustellen. "So ein Spielertyp hat uns gefehlt, deshalb haben wir ihn lange beobachtet", sagte der 54-Jährige. Nach den Vorgesprächen von Eberl und Korell habe auch er sich mit Plea getroffen, "aber ich spreche nicht so gut Französisch." Die Überzeugungskraft reichte mutmaßlich trotzdem, wobei Hecking es nun als entscheidenden Faktor für die rasche Integration wertete, "dass wir viele Spieler haben, die Französisch sprechen." Plea formulierte es so: "Wir haben eine super Mannschaft, die mir sehr geholfen hat."

Der ebenso wendige wie flinke, durchschlagskräftige wie abschlussstarke Stürmer setzt immer wieder auch fußballerische Akzente, erweitert sein Betätigungsfeld gerne auf die Flügel und gibt auch mal einen Weitschuss ab.

Werder-Coach Kohfeldt hat taktisch viel gewechselt - vielleicht zu viel

Nicht so gut gelaunt wie Hecking saß natürlich später dagegen der Kollege Florian Kohfeldt auf dem Pressepodium, um Erklärungen nach der dritten Niederlage hintereinander zu liefern. "Uns wurde genau aufgezeigt, was uns noch fehlt", erkannte der Werder-Trainer. Kohfeldt gab zu, dass ihm die Länderspielpause gelegen käme, um sich zu sammeln. Vor allem die einfachen Gegentore ärgern den Coach, der aber "überhaupt nichts infrage stellen" will. Trotzig versicherte Kohfeldt: "Wir werden unseren Weg nicht verlassen."

Doch den Grün-Weißen fehlen die Leichtigkeit und das Selbstbewusstsein der ersten Saisonwochen - zudem tut sich Kohfeldt mit den vielen wechselnden taktischen Formationen nicht immer einen Gefallen. Der Bremer Fußballlehrer hatte nach zwei ernüchternden Niederlagen gegen Bayer Leverkusen (2:6) und beim FSV Mainz 05 (1:2) eine neue 4-4-2-Grundordnung gewählt, in der die beiden defensiven Mittelfeldspieler Philipp Bargfrede und der anfangs sehr defensiv orientierte Nuri Sahin gemeinsam auf dem Feld standen.

Diese Formation brachte zunächst zwar mehr Stabilität, aber dafür fehlte dem Offensivspiel eine Stunde lang Esprit, Tempo und Dynamik. Derzeit ist auch Max Kruse keine große Hilfe, der bezeichnenderweise nach dem von Sahin erzielten 1:3-Anschlusstreffer (59.) nur eine Minute später mit einem Flugkopfball die Möglichkeit zum 2:3 vergab. Mutmaßlich hätte Alassane Plea an diesem Tag eine solche Gelegenheit sicher genutzt.

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Quelle:
SZ vom 11.11.2018/chso
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