Süddeutsche Zeitung

Pläne des Bayern-Trainers:Heynckes will langfristig für Furore sorgen

Trotz eines vorzüglichen Bundesligastarts sieht Trainer Jupp Heynckes den FC Bayern nicht als Favorit in der Champions League - zumal unklar ist, wie lange Arjen Robben ausfällt. Dass das Finale in München stattfindet, und die Ziele deshalb besonders hoch gesteckt sind, empfindet Heynckes nicht als Druck, sondern als Ansporn.

Moritz Kielbassa

Jupp Heynckes hat süße und bittere Erfahrungen gemacht mit der Champions League und deren Vorgängermodell. 1998 holte er mit Real Madrid den Henkelpott - sein größter Triumph als Trainer. 1990, bei der Meisterfeier des FC Bayern am Marienplatz, hatte sich Heynckes hingegen etwas zu weit aus dem Fenster, respektive vom Rathausbalkon gelehnt, als er der jubelnden Menge das Versprechen gab: "Nächstes Jahr holen wir den Europapokal!"

Das Ende der Story ist bekannt. Die Bayern scheiterten im 90/91er-Wettbewerb der Landesmeister sehr unglücklich an Roter Stern Belgrad - im Halbfinale, wie bereits in der Saison davor am AC Mailand.

20 Jahre später beginnt für Heynckes an diesem Mittwoch das nächste Münchner Champions-League-Abenteuer, mit dem ersten Auswärtsspiel beim FC Villarreal in Spanien, in einer sehr, sehr anspruchsvollen Vorrundengruppe. "Favorit sind wir in diesem Jahr nicht", sagte der Trainer kurz vor der Abreise in einem Kicker-Interview, "einige Mannschaften sind zurzeit weiter als wir: Barcelona, Real, Manchester United, vielleicht Chelsea."

Diese Einschätzung teilt Heynckes mit fast allen Sachverständigen, versprechen will er daher diesmal nichts. Der Austragungsort des Endspiels 2012, die Arena am Nordrand von München, sorgt ohnehin schon für zuckersüße Träume bei allen Fans. Allerdings ist Heynckes auch heute niemand, der aus hoch gesteckten Zielsetzungen negativen Druck ableitet, er empfindet das mit gesundem Trainer-Selbstvertrauen: als Ansporn.

Ohne Robben nach Villarreal

"Warum sollten wir das Finale nicht erreichen können?", fragt er, ein Endspiel im eigenen Garten sei "motivierend, das steckt an". Heynckes jedenfalls hat viel vor mit den Bayern. Zwischen den Zeilen deutet er an, dass er sich auch mit 66 nicht zwingend nur als Schwellentrainer für eine kurze Episode sieht, es könnte auch ein Zyklus werden: "Sollte ich mehrere Jahre hier sein, würden wir sicher eine Mannschaft zusammenstellen, die in Europa für Furore sorgen kann", sagt er. Das Rezept: "Bayern muss sich punktuell immer weiter verstärken, jedes Jahr ein, zwei absolute Topspieler holen."

Derzeit sieht Heynckes sein Team nur im Kreis der "Mitfavoriten", trotz des vorzüglichen Starts und der vielen positiven Entwicklungen seiner ersten Arbeitswochen: "Champions League ist was anderes als Bundesliga. Man wird erst in ein paar Wochen wirklich sehen, wo wir stehen, auch im internationalen Vergleich", sagt Philipp Lahm.

Angst machen die starken Herbstgegner - Manchester City, SSC Neapel, Villarreal - dem Kapitän aber nicht: "Bayern geht in so gut wie jede Gruppe als Favorit."

Lahm ist fit für Villarreal, bei der 7:0-Polka gegen Freiburg war der Dauerbrenner am Samstag mit leichter Prellung ausgewechselt worden, zum ersten Mal seit September 2009. Nicht mitwirken wird in Spanien Arjen Robben. Die Schambeinentzündung des Holländers, der in der Vorsaison die ganze Vorrunde versäumte, ist hartnäckig: "Eine saudumme Verletzung, weil man nicht weiß, wie lange es dauert", sagt Mitspieler Holger Badstuber aus eigener Erfahrung. "Es ist eine Stressreaktion", erklärt Teamarzt Müller-Wohlfahrt.

Die Stressursache sei bei Robben gefunden und abstellbar, aber "dann muss sich das von alleine regenerieren". Bis wann das klappt, weiß niemand. Robben kann morgen gesund sein. Oder später. Oder viel später.mok

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SZ vom 13.09.2011/thob
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