Pläne bei 1860 München:"Schmidt ist eine Übergangslösung"

Training TSV 1860 Muenchen

Bald weg aus München? 1860-Trainer Alexander Schmidt.

(Foto: dapd)

Nach dem 0:3 des TSV 1860 im Pokalspiel gegen Bochum bekräftigt der Bruder von Klub-Investor Hasan Ismaik die Forderung nach einer Ablösung des aktuellen Trainers. Neue Spieler sollen kommen - der auf Entschuldung angelegte Dreijahresplan sei gescheitert.

Von Philipp Schneider

Am Tag nach der Pokalniederlage in Bochum, dem letzten Spiel des Jahres für den Zweitligisten TSV 1860 München, waren zwei Menschen um eine Aufarbeitung der Ereignisse bemüht. Der eine hatte das 0:3 als verantwortlicher Trainer an der Seitenlinie verfolgt, der andere in Abu Dhabi, fast 5800 Kilometer entfernt vom Ort des Geschehens, im Fernsehen: angeblich live, auf Al-Jazeera. "Die rote Karte für Vallori war das Zünglein an der Waage, die Entscheidungen der Schiedsrichter laufen überhaupt in letzter Zeit immer volle Kanne gegen uns", befand der eine, Trainer Alexander Schmidt.

Der andere hingegen sprach: "Maurer war nicht gut genug, deshalb musste er gehen. Jetzt haben wir einen Übergangstrainer, und der macht seinen Job besser. Nur ist das Team noch immer nicht gut genug, um in die erste Liga aufzusteigen." Das also sagte Abdel Rahman der SZ - der Bruder des seit Monaten nicht mehr gesichteten Investors Hasan Ismaik, der 49 Prozent der stimmberechtigten Anteile am TSV 1860 hält.

Rahmans Äußerung, dass die Investorenseite Schmidt nur als Übergangslösung sieht, wird das ohnehin komplizierte Verhältnis zum Klub nicht vereinfachen. Denn 1860-Präsident Dieter Schneider hat vorige Woche erklärt, man plane mit dem bisherigen U21-Coach bis Saisonende. Der nächste Machtkampf ist absehbar.

Rahman ist "Operating Director" bei HAMG, einer von Ismaiks Firmen mit Sitz in Dubai. Vor einigen Wochen hatte der jordanische Geschäftsmann Ismaik seinen Bruder nach München entsandt, um stellvertretend mit Vereinschef Schneider zu verhandeln - über Schmidts Ablösung. Noch in der Halbzeitpause des Spiels gegen Paderborn, als Schmidt sein Heimdebüt gab, hatte Rahman in emotionalen Worten diese Forderung wiederholt.

Die 1860-Funktionäre um Präsident Schneider wehrten sich dagegen mit Verve - auch Robert Schäfer, der Geschäftsführer der KGaA. Rahman reiste danach zurück in seine Heimat, zum Rapport bei Ismaik, der den durchaus verwöhnten Schweden Sven-Göran Eriksson installieren wollte. Seither hat niemand etwas von ihm gehört, erst am Donnerstag folgte eine Reaktion. "Wir haben im Sommer einen Dreijahresplan aufgestellt", sagte er, "der hat nicht funktioniert. Deshalb wollen wir jetzt einen besseren Plan, um mit 1860 wirklich aufzusteigen. Denn das ist exakt, was Hasan möchte: sich an Erstliga-Fußball erfreuen."

Ismaiks Wunsch teilen die 1860-Vertretern ja durchaus. Was die Gesellschafter unterscheidet, ist das Finanzierungsmodell. Schneider und Schäfer haben in den vergangenen Wochen mehrfach versichert, dass sie eine zusätzliche Verschuldung (aktueller Stand: neun Millionen Euro) der ohnehin noch immer defizitären KGaA strikt ablehnen. Auch wollen sie festhalten am Dreijahresplan, der den Schuldenabbau der KGaA zum Ziel hat - und auf den sie sich im Sommer mit Ismaik mündlich geeinigt hatten.

Geld für Torjäger

"Ich verkünde hier heute nur meine Meinung", entgegnet nun Rahman, "aber wir brauchen in der Mannschaft starke, junge und schnelle Spieler. Und vorne fehlt ein Jäger, der die Tore schießt." Wie er jenen Jäger finanzieren möchte, verrät Rahman nicht. Darauf müssten sich die Gesellschafter einigen, wenn Ismaik im Januar nach München komme, sagt er. Aber: "Die sechs neuen Spieler, die wir im Sommer geholt haben - sie haben nicht viel verändert. Deshalb müssen wir der Mannschaft jetzt neues Blut injizieren."

Diese Injektion, die Geld kosten würde, soll demnach den Trainer treffen, nicht aber Sportdirektor Florian Hinterberger, der die Spieler im Gegensatz zu Schmidt verpflichtet hat. Eine erstaunliche Logik. Auch Schmidt sieht das anders. Er sagt jedenfalls mit einigem Selbstbewusstsein: "Ich möchte den Trainer sehen, der mehr aus diesem Kader herausholt."

Für die anstehenden Verhandlungen verheißt Abdel Rahmans Wunsch nach einem neuen Dreijahresplan ziemlich sicher Krawall. Auch seine implizite Forderung nach einer Ablösung Schmidts dürfte im Verein auf Ablehnung stoßen. Und so könnte es sich als kluger Schachzug erweisen, dass Robert Schäfer mit der Ausarbeitung eines finanziellen Alternativplans begonnen hat, der ein Überleben des Vereins sichern muss, für den Fall, dass Ismaik seine Zahlungen einstellt.

Zumal Abdel Rahman sagt: "Was wir nicht machen können, ist, unser Geld zu überweisen, sobald sie es haben wollen - und gleichzeitig passiert nichts im Verein. Alles bleibt immer gleich". Wer will, kann in dieser Aussage dann doch die Androhung eines Zahlungsstopps erkennen. Wie schon einmal im vergangenen Winter, als Ismaik versucht hatte, die Verpflichtung neuer Spieler an den Rücktritt von Schneider zu knüpfen.

"Wir werden uns schon einigen", sagt Abdel Rahman noch, bevor er auflegt, "wir haben doch alle das gleiche Ziel." Und: "Jedes Unternehmen hat Direktoren, die manchmal unterschiedlicher Auffassung sind." Die Frage ist nur, ob die Auffassungen besagter Direktoren diesmal nicht eher unvereinbar sind. Endgültig.

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