Süddeutsche Zeitung

Pläne bei Borussia Dortmund:Gelb-schwarzes Grummeln

Edin Dzeko? Shinji Kagawa? Kevin De Bruyne? Nach dem Götze-Transfer nach München will die BVB-Führung ihre verunsicherten Spieler mit prominenten Nachfolger-Namen beruhigen. Doch die gewünschten Profis sind entweder teuer - oder unverkäuflich.

Von Freddie Röckenhaus

Abends, als im Sportstudio die Kontrahenten zur Sicherheit in getrennten Interviews zu ihrem Aufeinandertreffen befragt wurden, verteidigte sich Matthias Sammer. In Dortmund, so der Sportchef des FC Bayern, habe doch "nur Aki Watzke" ein Problem mit ihm. Damit dürfte er nicht mehr ganz auf dem aktuellen Stand sein. Vielmehr scheint sich auf Sammer das neue Dortmunder Unbehagen gegenüber dem Rivalen aus München zu fokussieren.

Der ehemalige Borusse Sammer wird in BVB-Kreisen schon seit mehreren Jahren nicht mehr als Mitglied der Familie betrachtet. Bei der Ablösung des früheren Dortmunder Präsidenten Gerd Niebaum, der den Klub in seiner Amtszeit an den Rand der Insolvenz geführt und gigantische Schulden angehäuft hatte (um Stars wie Sammer fürstlich zu bezahlen), hatte er sich mehrfach öffentlich auf Niebaums Seite geschlagen.

Das bringt ihn in Dortmund automatisch in Opposition zu den heutigen Lenkern des BVB, die sich anrechnen dürfen, die Finanzen wieder geordnet zu haben. Der überraschende Wechsel von Mario Götze zu den Bayern, das Buhlen um Robert Lewandowski - all das wird auch Sammer angerechnet, hört man nun beim BVB. Der Krach war daher wohl programmiert.

Die erfreulicheren Nachrichten kamen für die Dortmunder nach dem Spiel aus der medizinischen Abteilung: Der schon nach 14 Minuten ausgewechselte Ilkay Gündogan sei nicht ernsthaft verletzt, wurde gemeldet. "Es war eine Vorsichtsmaßnahme", beschwichtigte Trainer Jürgen Klopp nachher, "es muss sich keiner Sorgen machen." Gündogan habe gemerkt, dass sein Oberschenkel-Muskel "zugemacht" habe. Fürs deutsche Champions-League-Finale am 25. Mai wird aller Voraussicht nach auch Mario Götze wieder zur Verfügung stehen: Der zum FC Bayern wechselnde 20-Jährige hatte im Halbfinal-Rückspiel am Dienstag in Madrid einen Muskelfaserriss erlitten, will aber offenbar auf jeden Fall in London spielen.

In der Mannschaft scheint der unerwartete Abschied von Götze jedoch immer noch für atmosphärische Störungen zu sorgen. Vor allem der gegen die Bayern geschonte Abwehrchef Mats Hummels, einer der Meinungsführer, hatte in einem TV-Interview großes Unverständnis über Götzes Entscheidung geäußert. Hummels brachte dabei die Gefühle mancher Dortmunder Spieler auf den Punkt: "Wir werden offenbar noch nicht von allen so eingeschätzt, dass wir zu den Top vier oder fünf der Klubs gehören." In Richtung Götze sagte er bei Sky giftig, man können entweder gemeinsam daran arbeiten "dass sich das in Zukunft verändert - oder eben wechseln".

Tatsächlich aber tragen Weggänge wie im letzten Jahr der von Mittelfeldwirbler Shinji Kagawa oder aktuell der von Götze schon dazu bei, manchen BVB-Profi zu verunsichern - ebenso wie die viel diskutierten Ambitionen von Torjäger Lewandowski, den es wohl ebenfalls nach München zieht. Gegen den Trend hatte Spielmacher Ilkay Gündogan zuletzt angekündigt, seinen 2015 beim BVB auslaufenden Vertrag verlängern zu wollen. Der 22-jährige deutsche Nationalspieler ist nicht nur auf der Sechser-Position einsetzbar, sondern kann auch zentral hinter der Spitze spielen. Seine technischen Fähigkeiten und Bewegungsabläufe ähneln durchaus denen von Götze.

Klopp hatte vielleicht auch vor diesem Hintergrund vor dem Spiel gegen die Bayern erstmals eingeräumt, dass Dortmund über Edin Dzeko nachdenken müsse. Der frühere Bundesliga-Torschützenkönig, zurzeit bei Manchester City eine Art Edelreservist, hat mehrfach sein Interesse angedeutet, zum BVB wechseln zu wollen. Allerdings besitzt der Bosnier noch einen Vertrag bis 2015, soll aber für etwa 20 Millionen Euro Ablöse zu haben sein.

In Dortmund gilt aber vor allem das üppige Gehalt als Problem. Von Dzeko heißt es, dass er jährlich um die zwölf Millionen Euro beim Scheich-Klub City verdiene. In Dortmund würde der 27-Jährige als potenzieller Nachfolger oder auch als Ergänzung zu Lewandowski auf mehr als die Hälfte davon verzichten müssen. Ob sein Leidensdruck in Manchester so groß ist, wagt man beim BVB zu bezweifeln. Dzeko ähnelt in seiner Spielweise Lewandowski allerdings durchaus, er wäre also ein intelligenter Ersatz, ob sofort oder 2014, wenn er für etwas weniger Ablöse zu haben wäre.

Mittelfristig würde Dortmund als Ersatz für Götze womöglich auch Shinji Kagawa zurückholen wollen. Auch Kagawa kam in seiner ersten Premier-League-Saison bei Manchester United selten über ein Reservisten-Dasein hinaus. Trainer Alex Ferguson, so hört man allerdings aus Manchester, wolle den Japaner vorerst nicht freigeben und es mit ihm weiter versuchen.

Bessere Chancen scheint Dortmund bei Kevin de Bruyne zu haben, momentan vom FC Chelsea an Werder Bremen ausgeliehen. Der 21-jährige Belgier, den auch Bayer Leverkusen massiv umwirbt, will nach Aussagen seines Managements "am liebsten zum BVB".

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SZ vom 06.05.2013/jasch
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