Philipp Lahm im Nationalteam:Schmeicheleien für den Alleskönner

WM-Qualifikation - Deutschland - Irland

Und wieder entwischt er: Philipp Lahm zeigte gegen Irland seine Vielseitigkeit.

(Foto: dpa)

Flanken, Kreisel und dann auch noch Kopfbälle: Philipp Lahm liefert gegen Irland eines seiner stärksten Länderspiele ab - und heimst dafür Lob von allen Seiten ein. Der Münchner beweist im Nationalteam erneut seine Vielseitigkeit. Ein Glück, denn Bundestrainer Löw plant anders mit ihm als Pep Guardiola.

Von Lisa Sonnabend, Köln

Joachim Löw gilt nicht als schwärmerischer Dauerlober, aber diese Eloge klang dann doch ziemlich ritterlich. "Außerordentlich gut, super vorbereitet, immer im Spiel gewesen," sagte der Bundestrainer. Neben ihm saß Philipp Lahm und lauschte. Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft hatte gerade ein außergewöhnliches Spiel absolviert.

Als Verteidiger war er aufgestellt worden am Freitagabend beim WM-Qualifikationsspiel gegen Irland, doch dann wuselte er außer auf der defensiven auch auf der offensiven Außenbahn entlang. Und wenn er Zeit hatte, dann war er auch im Mittelfeld zu finden. Und trotzdem: Der Spieler, dem Löw nach der Partie derart schmeichelte, war gar nicht Lahm. Der DFB-Chefcoach lobte Toni Kroos.

Kroos hatte wie auch André Schürrle oder Sami Khedira bewiesen, dass einige in diesem Team reif für größere WM-Aufgaben sind. Aber einer würde wohl am liebsten sofort den Flieger nach Rio nehmen: Rechtsverteidiger Philipp Lahm - und der bekam von Löw ebenso Komplimente.

"Philipp war vor allem in der ersten Halbzeit bei jedem Angriff vorne dabei. Und dann hat er hinten sogar Kopfballduelle gewonnen", lobte der Bundestrainer. Ihn beeindruckte vor allem eine Qualität des Münchners: "Er hatte ein immenses Laufpensum."

Wenn Löw über seine Vision vom Fußball spricht, klingt er manchmal ein wenig wie Bayern-Trainer Pep Guardiola. Auch der Bundestrainer fordert viel Ballbesitz, liebt das offensive Spiel, die variable Umsetzung und den Extra-Pfiff bei seinen Schülern. Doch in einem Punkt ist Löw entschieden anderer Meinung als der Katalane - diese Differenz betrifft Lahm. "Er spielt auf der Außenverteidigerposition Weltklasse, ist wahrscheinlich der Beste der Welt. Da brauche ich keine Baustelle aufmachen", hatte Löw vor dem Spiel erklärt.

Nach der Partie gegen die Iren änderte sich daran nichts: "Ich habe vor, dass Philipp auf Rechts bleibt. Ich weiß, dass er auch im Zentrum hervorragend spielt, aber da haben wir andere," sagte der Bundestrainer in der ARD, "es gibt keinen Grund, zu wechseln." Klare Worte also.

Der Umschwärmte fand auf die Positionsdebatte seine ganz eigene Antwort, als wolle er sowohl Löw als auch Guardiola beweisen, dass ihre Entscheidung die richtige ist: Der 29-Jährige half beim Verteidigen ebenso wie beim Vorbereiten von Chancen jenseits der Mittellinie. Mal schickte er Özil einen Ball mit, mal Schweinsteiger, mal Khedira, der dank Lahms kluger Zuarbeit den Führungstreffer erzielte.

Immer einen Gedanken voraus

Mal flankte Lahm mit Gefühl, mal spielte er einen schnellen Pass. Mal nahm er einen Ball in der Luft an, es sah so aus, als würde er einen Moment lang schweben. Mal nahm er dem Gegner den Ball ab, so dass dieser mit Schwindelgefühl zurückblieb - immer schien der Kapitän einen Gedankengang voraus zu sein.

In Köln - daran bestand kein Zweifel - war dieser Lahm mit Abstand der beste Spieler auf dem Platz. TV-Experte Mehmet Scholl urteilte: "Ein Phänomen". Und: "Er hat auch körperlich noch einmal zugelegt."

Und was sagte Lahm selbst? Bei der Pressekonferenz saß er frisch geduscht auf dem Podium und lehnte sich entspannt zurück. Nur die Geschwindigkeit, mit der er ein Glas Wasser nach dem anderen hinunterschüttete, ließ erahnen, dass er sich zuvor doch ein wenig anstrengen musste. "Ich spiele immer da, wo der Trainer mich aufstellt", sagte er konziliant.

Ein wenig lobte er sich dann auch selbst - auch wenn Philipp Lahm natürlich nie der Großmannssucht verdächtig würde: "Ich hatte heute extrem viele Ballkontakte für einen Rechtsverteidiger", sagte er. Damit übertrieb er nicht: 138 Mal war er in den 90 Minuten am Ball, so oft wie keiner der Mannschaftskollegen. Marcell Jansen - sein Pendant auf der linken Defensivseite - kam auf lediglich 78 Kontakte.

Die Entscheidung, ob Lahm nun als Verteidiger oder als Mittelfeldspieler zur WM reist, dürfte also gefallen sein: Sein Platz ist an der Seitenlinie. "Falls ich überhaupt dabei bin", sagte er in Köln, blickte zum Bundestrainer und grinste verschmitzt. In Brasilien sei er bislang nie gewesen, verriet der Kapitän noch. Es darf als gesichert gelten: Er wird sich dort zurechtfinden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: