Pferdesport:Schlechte Zeiten, gute Zeiten

Pferdesport: Torquator Tasso (r.), hier mit Jockey René Piechulek beim berühmtesten Galopprennen der Welt, dem Prix de l'Arc de Triomphe in Paris, ist gerade der Hingucker der Branche.

Torquator Tasso (r.), hier mit Jockey René Piechulek beim berühmtesten Galopprennen der Welt, dem Prix de l'Arc de Triomphe in Paris, ist gerade der Hingucker der Branche.

(Foto: Frank Sorge/racingfotos.com/imago images/Shutterstock)

Der deutsche Galoppsport feiert sein 200-jähriges Jubiläum - zwischen Signalen des Verfalls und der Hoffnung. Und dann ist da ja noch ein besonderer Vollblut-Hengst.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Seine Post frankiert der deutsche Galopp-Verband in diesem Jahr mit exklusiven Sondermarken. Torquator Tasso, Acatenango und Danedream sind nur drei der legendären Vollblüter, die diese Marken zieren. Offiziell zu erwerben gibt es sie nicht, doch auf Anfrage würde der Verband einzelne Sets verkaufen. Die Marken sind Sonderanfertigungen anlässlich eines besonderen Jubiläums: 200 Jahre Galoppsport in Deutschland.

Die Stute Pamina ist auf keiner dieser Briefmarken zu sehen. Pamina war das erste Siegerpferd in einem offiziellen Galopprennen in Deutschland. Der mecklenburgische Gutsherr und Züchter Wilhelm von Biel gewann auf ihr am 10. August 1822 auf der Ostsee-Rennbahn zwischen Heiligendamm und Doberan. Es gibt diese Rennbahn immer noch, seit zweieinhalb Jahren wird dort aber nicht mehr galoppiert. Schafe halten das Gras kurz. Sein Jubiläum feiert der Galopp-Verband am ersten Augustwochenende auf der Rennbahn Hoppegarten sowie im Adlon in Berlin.

Der Verfall einer historischen Rennbahn ist Teil der problematischen Gegenwart des deutschen Galopps. Der Betrieb in Bad Doberan war bis zum bislang letzten Rennen im August 2019 latent defizitär. Die Bahn jetzt eigens für das Jubiläum herzurichten, wäre teuer geworden. Die Branche ist ja schon froh, dass sie im vergangenen Jahr die bedeutendste deutsche Rennbahn retten konnte: in Iffezheim bei Baden-Baden.

Das Jubiläumsjahr ist, zwei Jahre nach dem Corona-Ausbruch, nun auch ein wegweisendes für den deutschen Galopp. Es gibt Signale der Hoffnung: Die Preisgelder etwa nähern sich langsam wieder dem Niveau von 2019. Und dann ist da ja auch noch Torquator Tasso.

2022 bestreitet der Vollbluthengst seine Abschiedstour als Rennpferd

Der bald fünfjährige Hengst ist gerade der Hingucker der Branche. Ein wahres Zugpferd. Die Weihnachtspost frankierte der Galopp-Verband bereits mit dem Konterfei jenes Pferdes, das im vergangenen Oktober die 100. Auflage des berühmtesten Galopprennens der Welt gewonnen hatte, den Prix de l'Arc de Triomphe in Paris. Was wäre das erst für eine Geschichte geworden, hätte Torquator Tasso am 10. August auf der Rennbahn in Bad Doberan laufen können?

Das klappt nun zwar nicht, allerdings bestreitet das Ausnahmepferd in diesem Jahr seine Abschiedstour durch Deutschland und Europa. 2022 ist Torquator Tassos letztes Jahr als Rennpferd. Danach geht er in die Zucht. Geplant ist, dass er Ende Mai in Iffezheim beim Baden-Badener Frühjahrsmeeting startet, am 2. Juli beim Großen Hansa-Preis in Hamburg, Ende Juli beim King-George-Rennen in Ascot/England, am 4. September dann beim Großen Preis von Baden in Iffezheim und am 3. Oktober noch einmal beim Prix de l'Arc.

Pferdesport: Sonderbriefmarke für ein besonderes Pferd: Torquator Tasso (mit Jockey René Piechulek) ziert die Jubiläumskollektion des Galopp-Verbands.

Sonderbriefmarke für ein besonderes Pferd: Torquator Tasso (mit Jockey René Piechulek) ziert die Jubiläumskollektion des Galopp-Verbands.

(Foto: Uli Hartmann/OH)

Als der deutsche Galopp-Verband auf der Düsseldorfer Rennbahn soeben sein Jubiläumsprogramm vorstellte, hatte man kurz darüber nachgedacht, Torquator Tasso als Blickfang und Foto-Motiv hinzuzuholen. Doch das ging nicht. "Wenn Torquator Tasso seine Box verlässt, dann will er auch rennen", sagt sein Mitbesitzer Peter Michael Endres, zugleich Präsident des Düsseldorfer Rennvereins. Torquator Tasso ist kein Pferd für Smalltalk. In seine Box in Mülheim/Ruhr kann man nicht mal so eben hineinspazieren, und wenn er geführt wird, dann am besten links und rechts zu zweit. Ein echtes Vollblut.

Auf fünf bis zehn Millionen Euro schätzt Endres den Wert seines besten Pferdes. Er hat nach dem Sieg in Paris einige Angebote für ihn bekommen, aber einen Verkauf von vornherein ausgeschlossen. Auch in der Zucht wird sich gutes Geld verdienen lassen mit dem Hengst, der bereits im vergangenen Jahr zum Galopper des Jahres gewählt wurde und der die Publikumswahl sicher auch dieses Jahr für sich entscheiden wird. Bis zum 31. März kann im Internet für ihn, Palmas oder Sisfahan abgestimmt werden.

Die Rennpreise in Deutschland erholen sich allmählich

Diese öffentliche Aufmerksamkeit hilft dem Galoppsport sehr, gerade in einer von Corona-Einschränkungen geprägten Zeit. Im ersten Corona-Jahr 2020 waren die Rennpreise in Deutschland, die für die Branchenstabilität aussagekräftigste Zahl, von 13,2 Millionen Euro (2019) auf 8,6 Millionen Euro eingebrochen. Das gefährdet die Zucht - und damit die Zukunft des Sports. 2021 erholten sich die Preise auf 10,2 Millionen Euro, im Jubiläumsjahr sollen sie auf 12,5 Millionen ansteigen. "Wir haben die Corona-Krise auch deshalb einigermaßen überstanden, weil es bei allen Beteiligten eine große Bereitschaft gab und gibt", sagt der Galopp-Präsident Michael Vesper. Er meint: "Die Bereitschaft der Pferdebesitzer, gekürzte Rennpreise zu akzeptieren, die Bereitschaft der Bahnbetreiber, die Termine miteinander zu koordinieren, die Bereitschaft der Buchmacher, auf Provisionen zu verzichten." Man habe auch die Qualität der Übertragungsbilder "deutlich verbessert"; die Online-Wetten seien "geradezu explodiert".

Die Jubiläumssaison wird am zweiten April-Wochenende mit der Ehrung des Galoppers des Jahres in Düsseldorf eröffnet. Zum Jubiläum geplant sind ein Buch, eine Ausstellung und ein Film.

Das offiziell erste Pferderennen der Welt ist übrigens bereits 400 Jahre her. Im englischen Newmarket trat am 18. März 1622 Lord Salisbury zu einem Duell gegen den Marquis von Buckingham an. Die Zuschauer ritten damals hinterher. In Doberan am 10. August 1822 erhielt Wilhelm von Biel aus der Hand der Großherzogin Alexandrine einen Silberbecher. Als Torquator Tasso am 3. Oktober in Paris gewann, gab es 2,857 Millionen Euro Preisgeld.

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03 09 2017 Iffezheim Baden Wuerttemberg GER Pferde und Jockeys unter dem Iffezheim Schriftzug u

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