Pferdesport:Lächelnd im Wolkenbruch

Pferdesport: Zufriedener Vierter in München: Benjamin Werndl, hier auf seinem Wallach Discover, wird bei der schwierigsten Prüfung der Pferd International Vierter.

Zufriedener Vierter in München: Benjamin Werndl, hier auf seinem Wallach Discover, wird bei der schwierigsten Prüfung der Pferd International Vierter.

(Foto: Hubert Fischer/oh)

Bei der Dressur-Kür der Pferd International wird Lokalmatador Benjamin Werndl auf schweren Geläuf Vierter. Nicht weit entfernt in Aubenhausen arbeitet der 37-Jährige mit seiner Schwester, Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl, an der Zukunft des Dressursports.

Von Nelis Heidemann, München

Dreieinhalb Tage lachte die Sonne über der Olympia-Reitanlage München-Riem, die Pferd International war zurück aus dem Corona-Dämmerschlaf und konnte bei bestem Wetter insgesamt 75 000 Pferdefreunden ein abwechslungsreiches Programm bieten. Dann, am Sonntagmittag, kurz vor den sportlichen Höhepunkten des Turniers, kam doch noch der Wolkenbruch.

Plötzlich herrschten Wetterbedingungen, bei denen sich Sportler für gewöhnlich darauf einigen, dass es keinen Schönheitspreis mehr zu gewinnen gibt. Wenn nun aber ein Wettbewerb auf dem Programm steht, dessen Kern es ist, einen Schönheitspreis zu gewinnen, ist das natürlich ein ziemlich grundsätzliches Problem.

Die Grand-Prix-Kür auf Fünfsterneniveau in der Dressur sollte der Höhepunkt der Wettkämpfe von München werden, es ist die schwierigste Prüfung überhaupt. Lokalmatador Benjamin Werndl, 37, ritt in Regenjacke auf den Abreiteplatz, auf dem die Pferde vor der Prüfung gelockert und aufgewärmt werden. Die Wege in München sind kurz, Zuschauer und Mitarbeiter können diese Prozedur direkt am Rand des Platzes beobachten. Werndl grinste breit und grüßte locker in die Runde, von Regen lässt sich ein Reiter des deutschen Olympiakaders doch nicht die Laune verderben! Auch wenn Pferden der Regen grundsätzlich nicht allzu viel ausmacht, wird der mit viel Liebe gepflegte Dressurboden bei diesen Bedingungen aber natürlich zu einem tiefen Sumpf. Werndl musste arg kämpfen und wurde beim Sieg von Dorothee Schneider am Ende enttäuschender Vierter im Sechser-Starterfeld. Das war aber nichts, was seine positive Gesamtbilanz zur Pferd International trüben konnte. "Wir haben die Zuschauer sehr vermisst, man spürt richtig die Freude der Leute, die hier sind", sagte Werndl.

"Die Jessi ist ein Gefühlsmensch, ich bin mehr der Denker. Dadurch ergänzen wir uns so gut."

Auf der Olympia-Reitanlage wurde ja auch jedem etwas geboten. Neben den sportlichen Höhepunkten in Dressur und Springreiten gab es noch die Disziplinen Working Equitation, Para-Dressur und Voltigieren sowie ein buntes Showprogramm zu bestaunen. Mit zahlreichen Messeständen rund um das Wohl von Pferd und Reiter wurde das Gefühl abgerundet, dass der Pferdesport auch in München zurück aus dem Corona-Dämmerschlaf ist.

Für Werndl ist die Pferd International in München unweit seines Heimathofes in Aubenhausen eine besondere Angelegenheit, bei der er sich abseits der Kür mit seinem 18-jährigen Wallach Daily Mirror auch sportlich auszeichnen konnte. Am Freitag hatte er beim Grand Prix auf Daily Mirror Platz zwei belegt, weitere gute Platzierungen mit seinem Nachwuchspferd Discover folgten am Samstag und Sonntag. Für Daily Mirror wird es wohl die letzte Saison auf Top-Niveau, für Werndl selbst ist der Weg noch lange nicht beendet. Gemeinsam mit seiner Schwester Jessica von Bredow-Werndl betreibt er in Aubenhausen einen Hof, der 2021 durch den Olympiasieg Bredow-Werndls weltweit an Strahlkraft gewonnen hat. Mit fünfzig Pferden und zwanzig Mitarbeitern haben die Werndls dort ein Dressurzentrum errichtet, das seinesgleichen sucht. "Wir trainieren unsere eigenen Pferde dort und bilden auch jüngere zum internationalen Spitzenniveau aus, die wir dann verkaufen", erklärt der 37-Jährige.

Mit seiner Schwester bildet Werndl dabei ein gutes Team: "Die Jessi ist ein Gefühlsmensch, ich bin mehr der Denker. Dadurch ergänzen wir uns so gut und haben auf dem Hof eine klare Aufgabenverteilung." Dem Olympiasieg selbst nachzueifern, wäre "weit aus dem Fenster gelehnt", dennoch könnte es für Werndl in den kommenden Monaten sportlich hoch hinaus gehen. Im Olympiakader ist er mit der nationalen Spitze versammelt.

Im August ist die WM in Dänemark das Ziel, auch wenn Werndl, wie es sich für einen aufstrebenden Sportler gehört, beharrlich sagt: "Ich konzentriere mich nur auf den Moment und versuche, das Bestmögliche aus meinen Pferden zu machen." Dafür geht die Arbeit in Aubenhausen auch direkt nach der großen Kür von München schon weiter. Kurz nach dem Ende der Wettkämpfe kam dann auch tatsächlich die Sonne wieder raus - sodass die Werndls und alle anderen Pferdefreunde mit einem Lächeln im Gesicht abreisen konnten.

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