Süddeutsche Zeitung

Petar Radenkovic wird 75:"Erstklassig, bisschen verrückt"

Bin i Radi, bin i König: Weltklasse-Torwart, Ausflüge aus dem Strafraum, Schlagerbarde: 1860-Legende Petar Radenkovic wird 75 Jahre alt.

Ein Held des Münchner Fußballs wird 75: Petar Radenkovic, früherer Torwart des TSV 1860 München.Der in Belgrad geborene Fußballer war ein wichtiger Teil einer Mannschaft, die in den sechziger Jahren eine Fußballeuphorie in München auslöste und die größte Epoche des TSV 1860 prägte.Foto: dpa

1962 holte Trainer Max Merkel den Torwart Petar Radenkovic nach München. Bevor der Jugoslawe über den Vertrag verhandeln wollte, sagte er: "Zuerst zeige ich ihnen, was ich kann. Dann wollen wir darüber reden, was ich verdienen kann." (Aus dem Buch: "Das Spielfeld ist mein Königreich", 1966, Franz Schneider Verlag).Zwei Jahre später feierte Sechzig mit Radenkovic den ersten großen Erfolg: Pokalsieg 1964 im Stuttgarter Endspiel gegen Eintracht Frankfurt (2:0). Radenkovic feiert.Foto: imago/Sven Simon

Radenkovic prägte ein völlig neues Torwartspiel, weil er als gelernter Verteidiger und mit seinem etwas übermütigem Charakter gerne aus seinem Gehäuse kam und weit vor seinem Tor die gegnerischen Angriffe abfing. Seine Ausflüge waren legendär. Sein Trainer Merkel war nicht immer angetan: "Dann vergisst er oft seine Umgebung und damit die Sachlichkeit und macht das Spielfeld zur Bühne seiner Schau, mit der er das Publikum unterhält." ("Das Spielfeld ist mein Königreich")Foto: imago/Werner Otto

Seine Populariät war enorm. So nahm er wie damals üblich bald Schallplatten auf und der Titel "Bin i Radi, bin i König" verkaufte sich sagenhafte 400.000 Mal. Radenkovic wurde zu Fernsehsendungen eingeladen und war der Ursprung des Münchner Torwart-Gaudiburschen, ehe ihn Sepp Maier darin ablöste.Foto: imago/Sven Simon

Den internationalen Höhepunkt erreichte Radenkovic am 19. Mai 1965 im Londoner Wembley-Stadion: Finale im Europapokal der Pokalsieger gegen West Ham United mit Bobby Moore. Zehntausende Fans folgten der Mannschaft mit VW Käfern und langen Zugfahrten nach London, wo Sechzig allerdings 0:2 verlor.Foto: imago

Ein Jahr später dann der große nationale Triumph: Radenkovic und 1860 München gewinnen die Meisterschaft. In Erinnerung bleiben: grandioser Offensivfußball und ein charismatischer Torwart.Foto: dpa

Auch der strenge Trainer Merkel wusste, welche Qualitäten der damals 32-Jährige hatte: "Wenn sich Petar Radenkovic richtig konzentriert, kann er alles, und ich kenne dann wirklich keinen Torwart, der besser wäre." ("Das Spielfeld ist mein Königreich")Foto: imago/WEREK

Im Jahr darauf spielte 1860 noch einmal um die Meisterschaft, kam allerdings nur knapp hinter dem Überraschungsteam aus Braunschweig ins Ziel. Es war die letzte Phase, in der Sechzig mit dem lokalen Konkurrenten FC Bayern mithalten konnte und auch noch der weit populärere Verein in der Stadt war.1967 hatte sich das Team und auch Radenkovic zudem völlig mit Erfolgstrainer Merkel überworfen, bis es zur Trennung kam: "Merkel war sicherlich ein guter Trainer, aber ein charakterloser Mensch, der die Spieler öffentlich gedemütigt hat", sagt Radenkovic zur tz.Foto: imago/Kicker/Eissner

1970, mit 35 Jahren, verabschiedete sich der Torwart Radenkovic vom professionellen Fußball. Es war ein trauriges Lebewohl: Sechzig stieg an diesem Tag zum ersten Mal aus der Bundesliga ab.Foto: dpa

Radenkovic blieb in München und sah bald mit Grauen dem Absturz seines TSV 1860 München zu. In der Folgezeit kritisierte er bisweilen heftig die wechselnden Macher im Verein. Bis heute spielt er in der Münchner Presse eine gewichtige Rolle, wenn es darum geht, Sechzig zu kritisieren.Foto: AP

Selbst wechselte der Torwart in die Gastronomie, hier steht er 1998 vor dem Eingang seiner Billard-Kneipe "Radi's Treff" in Oberschleißheim bei München.Foto: dpa

Doch nicht nur als Interviewpartner, auch als Delegationsmitglied der serbischen Nationalmannschaft ist der 75-Jährige dem Fußball noch treu. Nach dem Tod seiner Frau Olga im Januar 2009 überlegt Radenkovic derzeit sogar, München zu verlassen und nach Belgrad zurückzukehren.Foto: imago/Bernd Müller

Die Meister von 1966 sind jedenfalls bis heute die einzigen des TSV 1860, werden es auch auf absehbare Zeit bleiben und entsprechend verehrt.Foto: Getty Images

Zum 75. Geburtstag schießt Radenkovic in der tz noch einmal gegen Funktionäre des TSV 1860: "Ich hätte es sicher besser gemacht, als viele andere in den vergangenen 30 Jahren."Mit den von Merkel beschriebenen Eigenschaften wäre das durchaus denkbar gewesen: Er hatte 1962 einen Scout nach Worms geschickt, um einen gewissen Torwart Radenkovic zu beobachten, dessen Urteil: "Erstklassiger Torwart, ein bisschen verrückt." ("Das Spielfeld ist mein Königreich")Foto: dpa

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