Perisic beim FC Bayern:Soforthelfer auf dem Flügel

Perisic beim FC Bayern: Künftig wieder in der Bundesliga: Ivan Perisic, den der FC Bayern von Inter Mailand leiht.

Künftig wieder in der Bundesliga: Ivan Perisic, den der FC Bayern von Inter Mailand leiht.

(Foto: AFP)
  • Der FC Bayern leiht Ivan Perisic für ein Jahr von Inter Mailand aus, dem Vernehmen nach gegen eine Gebühr von fünf Millionen Euro.
  • Sportlich überzeugte der 30-Jährige in Mailand - allerdings passte er nicht in die Pläne des neuen Trainers Antonio Conte.
  • Nun soll er den Münchnern direkt weiterhelfen.

Von Thomas Hürner

Antonio Conte erklärte sein Naturell einmal folgendermaßen: Fantasie und Lebensfreude habe er von seiner Mama; die Kompromisslosigkeit, mit der er Ziele verfolgt, und seinen Dickkopf habe er von seinem Papa. Conte, 50, hat als Klublegende des italienischen Rekordmeisters Juventus Turin soeben eine neue Stelle angetreten, er ist jetzt Trainer beim Erzrivalen Inter Mailand. Und bei den Nerazzurri handelt der Italiener gleich mal im Stile seines Vaters.

Conte verlangt von seinen Spielern nicht weniger als absolute Hingabe und Aufopferung für das Kollektiv, und alles, was dieses Ziel auch nur potenziell in Gefahr bringen könnte, wird gnadenlos entfernt. Ivan Perisic, seit Dienstagvormittag offiziell neuer Spieler des FC Bayern, passte nicht in die Pläne Contes, der den italienischen Traditionsklub gerade radikal umbaut. Der Kroate wird zunächst von den Münchnern ausgeliehen, dem Vernehmen nach gegen eine Gebühr von fünf Millionen Euro.

Eine feste Verpflichtung im nächsten Jahr würde angeblich weitere 20 Millionen Euro kosten. Perisic ist damit der zehnte Leihspieler in der Geschichte des FC Bayern. Nur zwei wurden hinterher längerfristig an den Klub gebunden, einer davon ist der Franzose Kingsley Coman - einer der der neuen Kollegen des Kroaten auf der Außenbahn.

In Italien eignete er sich Wettkampfhärte und Konstanz an

Dass Inter bereit war, auf ein für die Münchner günstiges Transfermodell einzugehen, dürfte mit einer Geschichte zusammenhängen, über die in den italienischen Gazzetten bereits seit geraumer Zeit berichtet wird: In der Inter-Kabine soll es zwei Gruppen geben, die nur bedingt miteinander können. Auf der einen Seite ein paar Spieler vom Balkan, auf der anderen ein paar aus Südamerika - mit Perisic und Stürmer Mauro Icardi als mutmaßliche Gruppenführer und allerlei Kindereien als Resultat: Über die sozialen Netzwerke freundete sich Perisic etwa mit Maxi Lopez an, dem Ex-Gatten von Icardis Ehefrau und Beraterin Wanda Nara.

Die wiederum sitzt regelmäßig in italienischen TV-Studios und zieht gern über den Klub und einzelne Spieler her, immer wieder auch über Perisic. Auf dem Platz boykottierten Icardi und Perisic schon mal den Torjubel, wenn der andere getroffen hatte - solche Dinge eben. Dem Argentinier Icardi wurde bereits im Winter die Kapitänsbinde entzogen, seit Contes Ankunft muss er separat trainieren und steht offiziell zum Verkauf.

Rein sportlich ließe sich die Ausbootung der beiden nicht erklären: Icardi war in den vergangenen Jahren der treffsicherste Stürmer der Serie A - und keiner hatte ihm mehr Tore aufgelegt als Ivan Perisic. Der Kroate wechselte 2015 für eine Ablöse von angeblich 19 Millionen Euro nach Mailand, als absoluter Wunschspieler des damaligen Inter-Trainers Roberto Mancini. Perisic, der sein Talent zuvor schon in Dortmund und Wolfsburg aufblitzen ließ, eignete sich in Italien auch Wettkampfhärte und Konstanz an, auf der Außenbahn überzeugte er mit Tempo, einem irren Laufpensum und Flexibilität. Übrigens auch schon auf einer Position, für die ihn Conte vor kurzem öffentlich für untauglich erklärte: als Flügelspieler in einem System mit Dreierkette. Ein anderes System kommt für Conte nicht infrage.

Bayerns Interesse an Coutinho

Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic erklärte, dass Perisic "mit seiner langjährigen Erfahrung auf internationalem Top-Niveau" dem Klub sofort weiterhelfen könne: "Ich bin mir sicher, dass Ivan sich schnell integrieren wird, da er die Bundesliga und auch unseren Trainer Niko Kovac bereits gut kennt." Perisic spielte unter Trainer Niko Kovac in der kroatischen Nationalmannschaft. Vor und nach dem 3:1-Pokalsieg gegen Energie Cottbus am Montagabend hatte der Bayern-Trainer den öffentlichen Umgang mit dem - zu dem Zeitpunkt noch nicht offiziellen - Zugang kritisiert.

Man solle Spieler nicht "in die zweite oder dritte Kategorie stecken", sagte Kovac: "Jetzt kriegst du den einen nicht, dann den anderen nicht. Dann hast du womöglich eine XY-Lösung." Er spielte damit auf die wochenlangen Gerüchte um einen Transfer von Leroy Sané an, der sich vergangene Woche eine Kreuzbandverletzung zugezogen hat. Kovac selbst hatte Ende Juli öffentlich kundgetan, dass er optimistisch hinsichtlich einer Verpflichtung des Flügelspielers von Manchester City sei. Ein Transfer von Sané, für den die Bayern angeblich bis zu 150 Millionen Euro zahlen wollten, ist zuletzt aber immer unwahrscheinlicher geworden. Deshalb haben sich die Münchner zuletzt nach Alternativen auf dem Transfermarkt umgesehen und in Ivan Perisic eine vergleichsweise günstige gefunden.

Auch mit Hakim Ziyech von Ajax Amsterdam soll man sich beschäftigt haben, der Offensivmann hat seinen Vertrag beim niederländischen Traditionsklub am Freitag aber bis 2022 verlängert. "Ja, das hätte passieren können", sagte Ziyech kürzlich über einen möglichen Wechsel nach München. Der marokkanische Nationalspieler merkte in dem selben Interview auf Nachfrage aber auch das zögerliche Vorgehen des FC Bayern an. Auch an Philippe Coutinho sind die Bayern interessiert, wie ein Sprecher des FC Barcelona der SZ bestätigte, mit einem ersten Angebot sollen sie aber abgeblitzt sein, schreiben spanische Medien.

Es ist jedenfalls noch einiges übrig von dem Geld, das der FC Bayern offenbar bereit war auszugeben - und Ivan Perisic deshalb womöglich nicht die letzte Verpflichtung in diesem Transfersommer.

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