Pep Guardiola in München:Ganz normaler Wahnsinn

Pep Guardiola tritt sein Amt beim FC Bayern an - und bleibt ziemlich gelassen. Dem Hype um seine Person begegnet er unaufgeregt, fast zu bescheiden für einen Trainer des FC Bayern. Auf große Offenbarungen zum neuen Spiel-System wartet die Sportwelt jedoch vergebens.

Aus der Arena von Lisa Sonnabend

Viel, sehr viel, wurde in den vergangenen Monaten über ihn geredet, so dass sich sicher nicht wenige gewundert hätten, wenn er eingeschwebt wäre in die Arena in Fröttmaning. Doch Pep Guardiola geht mit langsamen, kleinen Schritten zum Podium, die Schultern hängen, der Blick zu Boden. Er trägt einen grauen Anzug, rote Krawatte, weißes Einstecktuch. Schmal wirkt er, wie er zwischen Bayernpräsident Uli Hoeneß, Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Matthias Sammer sitzt. Dann lächelt er bescheiden, der begehrteste Trainer der Welt.

Guardiolas erster öffentlicher Auftritt beim FC Bayern gerät ziemlich unprätentiös, für manche enttäuschend, für andere herrlich normal. Es ist die größte Pressekonferenz, die es in der Geschichte des Vereins je gegeben hat, mehr als 240 Journalisten aus zwölf Ländern sind anwesend. 30 Kameras surren, während der Spanier die ersten Worte spricht: "Guten Tag, grüß Gott, meine Damen und Herren. Verzeihen Sie mir mein Deutsch."

Ein Jahr lang hat Guardiola während seines Sabbaticals in New York Deutsch gepaukt - mit Erfolg. Jede Frage der deutschen Reporter beantwortet er in der fremden Sprache, gewohnt eloquent und bescheiden. Nur manchmal macht Guardiola Pausen, sucht nach Worten oder lässt sie sich von Rummenigge einflüstern. Die erste offene Frage kann also gleich nach wenigen Minuten beantwortet werden: Guardiola wird das Training an der Säbener Straße ohne Probleme auf Deutsch abhalten können.

Andere Fragen bleiben jedoch bis zum Ende der Pressekonferenz unbeantwortet. In den vergangenen Wochen hat Guardiola zwar hin und wieder mit Sportdirektor Matthias Sammer oder Co-Trainer Hermann Gerland telefoniert, so richtig eingetaucht in den FC Bayern ist er allerdings noch nicht. Die Sätze, die er bei seiner Vorstellung spricht, bleiben deswegen sehr allgemein. "Das ist ein Geschenk, es ist ein Glück, hier zu sein", sagt er einmal, "auch dass Bayern München überhaupt daran gedacht hat, mich zu holen. Ich möchte mich für diese Gelegenheit bedanken." Oder: "Ich bin bereit, mein Bestes zu tun. Immer hast du als Trainer großen Druck, ich habe ihn hier, ich bin mir dessen bewusst. Ich nehme die Riesen-Herausforderung an - ohne Problem. Deshalb bin ich Trainer." Das sind die üblichen Phrasen, in die Tiefe geht Guardiola nicht.

Keine Zeit für Theater

Als ein Reporter konkret wird und wissen möchte, was aus Mario Gomez wird, weicht Guardiola aus. Dies sei eher eine Frage für die Bayernbosse. Rummenigge muss daraufhin erklären, dass der Stürmer das Training am Mittwoch ganz normal aufnehmen werde, dass keine konkreten Angebote vorlägen. Festlegen will Guardiola sich auch noch nicht, ob er neue Spieler einkaufen werde, ob er das Team verändern werde. "Die Mannschaft ist sehr gut", meint er lediglich und zeigt erneut auf Rummenigge und Sammer. "Sie wissen besser die Mannschaft als ich", sagt er in feinstem Spanisch-Deutsch. Guardiola ist in München gelandet, so richtig angekommen ist er aber noch nicht.

Erst in den kommenden Tagen und Wochen, wenn er die Spieler persönlich kennenlernt, wenn das Trainingslager vorüber ist und die ersten Testspiele absolviert sind, wird er sich konkreter über sein Konzept äußern. Womöglich wird dies sogar ein halbes Jahr dauern, denn Guardiola scherzt: "In den kommenden sechs Monaten werde ich an der Säbener Straße wohnen." Das bedeutet: Tag und Nacht die Mannschaft und die Gegner studieren. Keine Zeit für Theater, Biergarten oder einen Ausflug in die Berge.

FC Bayern Muenchen Presents New Head Coach Josep Guardiola

Pep Guardiola (m.): Angekommen vor der Bayern-Bank

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Nur einmal lässt der neue Trainer an diesem Montag bereits erahnen, wie er sich die Mannschaft künftig vorstellt: "Der Fußball gehorcht den Spielern, ich muss mich zu 100 Prozent anpassen. Die Spieler bei Barcelona sind anders als die Spieler bei Bayern", sagt er und schiebt hinterher: "Ich liebe es, anzugreifen."

Nach der Pressekonferenz besichtigt Guardiola die Umkleidekabinen, schreitet durch den Spielertunnel hinaus auf den saftig grünen Rasen und nimmt Platz auf der Trainerbank, um sich von den Fotografen ablichten zu lassen. Schon nach wenigen Sekunden springt er jedoch von seinem neuen Arbeitsplatz wieder auf. Es gibt schließlich noch jede Menge zu tun, bevor er mit seiner neuen Mannschaft die ersten Spiele bestreiten kann.

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