Pep Guardiola beim FC Bayern:Charme nach Klinsmann und van Gaal

Wofür waren die Experimente mit Klinsmann und van Gaal gut? Beim zweimaligen Üben von Zukunft entwickelt der FC Bayern ein Gespür, wie Zukunft wirklich geht. Der dritte Versuch mit Pep Guardiola könnte sitzen.

Ein Kommentar von Christof Kneer

Wer Pep Guardiola am Montag deutsch sprechen hörte, darf annehmen: Er hätte die Vokabeln draufgehabt. Er weiß, was "selbstbewusst" bedeutet, sicher kennt er auch die Worte, "arrogant", "dominant", "ehrlich", "arbeitsam", "innovativ" und "familiär".

Mit diesen Adjektiven hat sich Louis van Gaal damals in einem Anfall von Bescheidenheit in München vorgestellt, und heute weiß man, dass er das Eigenlob tatsächlich sparsam dosiert hat. Am liebsten hätte er wohl "herausragend", "hoch intelligent", "vortrefflich", "beispiellos", "göttlich" und "sexy" gesagt, aber er hat sich das verkniffen.

Guardiola beherrscht bereits genügend Adjektive, um sich auf Deutsch zu charakterisieren, aber er hat kein einziges für sich selbst verwendet. Er hat übrigens auch nicht gesagt, dass er jeden Spieler jeden Tag besser machen wolle - das war der Eigenwerbeslogan jenes Bayern-Trainers, der vor van Gaal vorgestellt wurde. Jürgen Klinsmann war dann nicht sehr lange in der Stadt, weil die Bosse das Gefühl beschlich, dass die Mannschaft jeden Tag schlechter wurde.

Zweimal hat der FC Bayern in den vergangenen Jahren versucht, frech zu werden, zweimal hat er das Risiko gewagt. Der Klub hat sich mitreißen lassen vom Hype des Sommermärchen-Klimas, er hat ja gespürt, dass seinem Fußball etwas fehlt. Jahrzehntelang hatte sich dieser Verein über Spieler definiert, und Trainer brauchte er eher, damit einer die Spieler bei Laune hält und aus ihnen eine Aufstellung formt.

Das Risiko, seriöse Moderatoren durch moderne Sportlehrer zu ersetzen, hat den Klub mitunter an den Rand der Verzweiflung getrieben - der eine stellte sich als kalifornisch-schwäbischer Unternehmensberater heraus, der andere als Schöpfer der Welt. Der eine mochte den Klub nicht wirklich, weil der ihn schon als Spieler genervt hatte; der andere mochte den Klub vielleicht sogar, aber aus verständlichen Gründen nicht so sehr wie sich selbst.

Wer Guardiola am Montag erlebt hat, ahnt, wofür die Experimente mit Klinsmann und van Gaal gut gewesen sein könnten - nicht nur, weil zur Beruhigung des aufgewühlten Klubs erstmal Jupp Heynckes heimgeholt wurde, der daraufhin all jene Titel einsammelte, als deren rechtmäßiger Besitzer sich van Gaal wähnt. Vor allem hat der FC Bayern beim zweimaligen Üben von Zukunft ein Gespür dafür entwickelt, wie Zukunft wirklich geht - der dritte Versuch, jener mit Guardiola, könnte nun sitzen.

Das kann wohl auch nur der FC Bayern: erst einem Trend hinterherlaufen, den mutige Klubs mit schlauen Coaches wie Klopp, Tuchel oder Streich hierzulande geprägt haben - und sich dann mal eben an die Spitze des Trends setzen, mit jenem Mann, den all die Schlauen als ihr Vorbild betrachten.

Das ist der Charme, der jenseits des FC Bayern in der Personalie Guardiola steckt: Wenn das gutgeht in München, wenn das Trainerprinzip selbst beim heldengepolten Branchenführer funktioniert, dann dürfte diese Erkenntnis in der Bundesliga endgültig verankert sein: dass der Trainer die wichtigste Figur in einem Verein ist.

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