Totenwache in Brasilien:Infantino fällt bei Pelés Trauerfeier unangenehm auf

230 000 Menschen kommen zur Totenwache in Pelés Heimatstadt Santos. Fifa-Präsident Gianni Infantino ist auch da - und sorgt mit einem Selfie für Kopfschütteln.

Pelé thronte noch einmal ganz oben. Sein Sarg, eingehüllt in die brasilianische Flagge und die seines FC Santos, lag auf dem Dach eines Feuerwehrautos, Kadetten der Militärpolizei-Akademie hielten daneben Ehrenwache - und unten auf den Straßen feierten sie ihren Helden. Tausende Fans begleiteten "O Rei", den König des Fußballs, auf seinen letzten Metern durch Santos. Mit einem bewegenden Trauerzug nahm Brasilien am Dienstag endgültig Abschied von Pelé, immer wieder ging es kaum im Schritttempo vorwärts, alle Kirchenglocken in Santos läuteten zu Ehren des wohl größten Fußballers der Geschichte. Am Strand malten Fans ein riesiges Herz in den Sand, darin stand: "Pelé, du wirst ewig sein."

Nur Edson Arantes do Nascimento, so sein bürgerlicher Name, wurde dreimal Weltmeister. "Es gibt niemanden, der mit Pelé vergleichbar ist", sagte Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva. Und trotz all des Ruhms sei er stets "bescheiden" geblieben: "Ich hoffe, dass er im Himmel wieder Fußball spielt."

Nach der Prozession, die auch an dem Haus vorbeiführte, in dem seine 100 Jahre alte Mutter lebt, wurde Pelé dann im kleinen Kreis der Familie beigesetzt.

Mehr als 230 000 Fans und Wegbegleiter erwiesen Pelé zuvor alleine bei der öffentlichen Totenwache die letzte Ehre - und zogen am Sarg vorbei. So auch Staatspräsident Lula. Der Politiker, mit einem Helikopter eingeflogen, nahm am Dienstagmorgen Abschied und zollte "seinen Respekt und seine Anerkennung".

Lula, der sein Amt am Sonntag mit einer Zeremonie antrat, die mit einer Schweigeminute für Pelé begann, hielt vor dem Sarg inne, umarmte die Witwe Marcia Cibele Aoki sowie andere Familienmitglieder und sprach ein Gebet.

Totenwache in Brasilien: Sein Freund, der Ball: Ein Passant in Santos vor einem Porträt Pelés.

Sein Freund, der Ball: Ein Passant in Santos vor einem Porträt Pelés.

(Foto: Carl de Souza/AFP)

Pelés einbalsamierter Leichnam war im Stadion seines ehemaligen Klubs FC Santos 24 Stunden lang aufgebahrt, die Warteschlange zog sich teilweise kilometerweit. Unter dem Applaus der Familie und von Freunden wurde der Sarg dann um 10.04 Uhr Ortszeit verschlossen, die Witwe war in Tränen aufgelöst. Aus der aktuellen Selecao um Superstar Neymar war niemand am Ort, allerdings spielen die meisten Profis auch in Europa. Aber auch Größen wie Ronaldo, Romario, Cafu oder Kaka erschienen nicht zur Zeremonie, aus den beiden letzten Weltmeister-Mannschaften war nur Mauro Silva anwesend - dies sorgte in Brasilien durchaus für Verwunderung und Kritik.

Dafür war Gianni Infantino, der Fifa-Präsident, nach Santos gereist, um Abschied zu nehmen, doch dem 52-Jährigen fehlte mal wieder das richtige Gespür in diesem Moment. Der so mächtige wie umstrittene Funktionär wurde fotografiert, wie er nur wenige Meter vom Sarg entfernt lächelnd und ziemlich pietätlos ein Selfie mit Weggefährten Pelés macht. Er wolle "an alle Fußballverbände der Welt appellieren, mindestens ein Stadion im Land nach Pelé zu benennen. Die Jugend, die kommenden Generationen sollen wissen und sich daran erinnern, wer Pelé war und welche Freude er der Welt gegeben hat", hatte Infantino bei seinem Besuch erklärt.

Später rechtfertigte sich der Fifa-Boss für das Foto. "Ich möchte klarstellen, dass ich mich sehr geehrt fühlte, als Mannschaftskameraden und Familienmitglieder des großen Pelé mich fragten, ob ich ein paar Fotos mit ihnen machen könnte. Und natürlich habe ich sofort zugesagt", schrieb der Weltverbandschef bei Instagram. Einige von Pelés einstigen Mitspielern beim FC Santos hätten ihn am Montag unweit des offenen Sarges des verstorbenen Idols darum gebeten, "ein Selfie von uns allen zusammen zu machen, aber sie wussten nicht, wie man das macht. Um ihnen zu helfen, nahm ich das Handy von einem von ihnen und machte das Foto von uns allen für ihn".

Totenwache in Brasilien: Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva (li.) kondoliert Pelés Sohn Edinho und der Witwe Marcia Cibele Aoki.

Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva (li.) kondoliert Pelés Sohn Edinho und der Witwe Marcia Cibele Aoki.

(Foto: Pedro Vilela/Getty Images)

Pelés Sohn Edinho schrieb in den frühen Morgenstunden bei Instagram: "Wir bringen den König nach Hause." Das Andenken Pelés, der als kleiner Junge auf der Straße Erdnüsse verkaufte, um seine Familie über die Runden zu bringen, wurde zuvor bereits mit einer dreitägigen Staatstrauer geehrt.

Pele, der 1958, 1962 und 1970 Weltmeister wurde, war am 29. Dezember an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben.

Zur SZ-Startseite
Pele

SZ PlusNachruf auf Pelé
:Der König der tausend Tore

Die Einzigartigkeit Pelés bestand darin, dass er als Fußballer in einer nie dagewesenen Art und Weise perfekt war. Herrscher über Ball, Gegner und Rhythmus - so wurde er die erste mythische Gestalt des Sports.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: