Saisonfinale im FußballVerlieren und dann feiern – das muss man sich halt leisten können

Lesezeit: 3 Min.

Gegen Absteiger Bochum verloren, aber selbst nicht abgestiegen: St. Paulis Nikola Vasilj wird von den Fans gefeiert.
Gegen Absteiger Bochum verloren, aber selbst nicht abgestiegen: St. Paulis Nikola Vasilj wird von den Fans gefeiert. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Bei St. Pauli wird achtsam der Platz gestürmt, Heidenheim geht zuversichtlich in die Relegation – und Saarbrücken ist seinem Ziel ganz nah. Geschichten vom letzten Ligaspieltag.

Von SZ-Autoren

Gesittete Party in St. Pauli

Platzstürme sind eine Modeerscheinung und mitunter turbulent, doch im Hamburger Millerntorstadion ging es am Samstagabend sehr gesittet zu. Um 19.10Uhr – eine Referenz ans Gründungsjahr des FC St. Pauli – begann eine Feier, die zu Saisonbeginn nicht alle für möglich gehalten hatten. Fans stießen mit Kaltgetränken auf dem Rasen an, Spieler und Verantwortliche versammelten sich oben auf dem Balkon. „Keiner hat einen Pfifferling auf uns gesetzt“, rief Trainer Alexander Blessin ins Mikro: „Der Klassenerhalt ist mehr als verdient.“ Ja, das durfte man so behaupten: Der Aufsteiger hatte sich ein weiteres Jahr Erstligazugehörigkeit bereits in der Vorwoche quasi gesichert (Torverhältnis!), nun wurde Vollzug gemeldet, weshalb manche Feiernde das zuvor Gesehene schnell verdrängten: Beim 0:2 gegen Absteiger Bochum boten die Kiezkicker ihre wohl schwächste Saisonleistung. Die Spannung sei raus gewesen, sagte Blessin, für den Spannungsabfälle bei den Spielern sonst das Schlimmste überhaupt sind. Diesmal ließ sich das als zumindest halbes Lob verstehen: Solche Auftritte muss man sich am letzten Spieltag erst mal leisten können. Thomas Hürner

„Schlimmste Saison“ in Hoffenheim

Oliver Baumann kassiert ein Gegentor durch Bayerns Michael Olise. Angefressen war er aber schon vorher.
Oliver Baumann kassiert ein Gegentor durch Bayerns Michael Olise. Angefressen war er aber schon vorher. (Foto: Tom Weller/dpa)

Die „schlimmste Saison, die ich je mitgemacht habe“, sei es gewesen. Es sei ihm „sehr, sehr unangenehm“, auch „peinlich“, gab Oliver Baumann zu. Wenn jemand so apodiktisch über seinen eigenen Verein urteilen darf, dann der Nationaltorhüter über die TSG Hoffenheim, der er seit elf Jahren die Treue hält. Vermutlich wäre der Klub von Milliardär Dietmar Hopp ohne Baumann und Stürmer Andrej Kramaric, die zweite Konstante im TSG-Team, schon längst in die zweite Liga abgestiegen, aber auch diesmal reichte es irgendwie wieder zu Platz 15. Kramaric hatte seine Wutrede übrigens schon im Januar gehalten, von einer „großen Scheißsaison“ gesprochen und, vorsichtig formuliert, die Einkaufspolitik gerügt. Unterm Strich hat der Klub geschätzte 40 Millionen Euro allein an Ablösen für neue Spieler gezahlt, das Ergebnis ist bekannt. Nach dem abschließenden 0:4 gegen den FCBayern verkündete die TSG, dass der Österreicher Christian Ilzer Trainer bleiben soll, was ausschließt, dass der Ex-Hoffenheimer Sandro Wagner für neuen Schwung sorgen könnte. Was im Kraichgau Hoffnung macht? Baumann und Kramaric bleiben. Martin Schneider

Kein Wunder in Heidenheim

Frank Schmidt trainierte den 1. FC Heidenheim schon in der fünften Liga – und hofft jetzt, dass er in der ersten bleibt.
Frank Schmidt trainierte den 1. FC Heidenheim schon in der fünften Liga – und hofft jetzt, dass er in der ersten bleibt. (Foto: Harry Langer/dpa)

Wer nicht an Wunder glaubt, dem sei empfohlen, sich einmal mit der Geschichte des 1. FC Heidenheim zu beschäftigen. Alles an diesem Klub widerspricht der menschlichen Vernunft und Erfahrung, zum Beispiel, dass es möglich ist, mit ein und demselben Trainer von der fünften in die erste Liga aufzusteigen und von da aus in den Europacup zu gelangen. Vielleicht haben die Heidenheimer die direkte Rettung am letzten Bundesliga-Spieltag also auch deshalb verpasst, weil das ja gar kein richtiges Wunder gewesen wäre. Drei Punkte und sieben Tore lagen sie nur hinter der TSG Hoffenheim, die ihren Teil des Wunders mit einer 0:4-Niederlage gegen den FC Bayern erwartungsgemäß erfüllte. Aber so einfach wollten es die Heidenheimer natürlich nicht haben, weshalb sie auf den nötigen 3:0-Sieg gegen Werder Bremen verzichteten und sich lieber mit 1:4 besiegen ließen. An anderen Standorten würde man nun in erheblicher Krisenstimmung in die Relegationsduelle ziehen, aber in Heidenheim hat Trainer Frank Schmidt Zuversicht und Fleiß angeordnet. Dass ihm seine Spieler dabei folgen werden, ist kein Wunder. Christof Kneer

Saarbrücken nahe am Ziel

Saarbrückens Patrick Schmidt bejubelt sein Tor zum 2:1 gegen Borussia Dortmund II.
Saarbrückens Patrick Schmidt bejubelt sein Tor zum 2:1 gegen Borussia Dortmund II. (Foto: Fabian Kleer/dpa)

Es habe sich nach Abseits „angefühlt“, gab Patrick Schmidt nach dem Spiel zu, und das Raumempfinden des Stürmers in allen Ehren, aber man hätte es auch einfach sehen können. Knapp war es nicht, als der Saarbrücker Angreifer das 2:1 gegen Borussia Dortmund II aus strafbarer Position schoss und damit die Zweitliga-Relegationsteilnahme der Saarländer sicherte. Aber der Schiedsrichterassistent ließ trotz bester Sicht die Fahne unten, und weil es in der dritten Liga keinen Videobeweis gibt, stand das Tor. Immerhin: Weder für den 1.FCSaarbrücken noch für den BVB II war es entscheidend, beide wären auch mit einem Remis auf ihren Tabellenplätzen gelandet, was für die Borussia den Abstieg bedeutete. Saarbrücken hingegen kann nun in zwei Spielen sein großes Ziel erreichen. Die Pokalreise im Vorjahr mit Siegen gegen die Bayern, Frankfurt und Gladbach war zwar nett und hochemotional, aber eigentlich wollte man stets die dritte Liga nach oben verlassen. Weil das Ziel in Gefahr geriet, musste auch Rüdiger Ziehl, der Pokalerfolgstrainer kürzlich, na ja, nicht wirklich gehen. Er ist jetzt noch Sportdirektor, Alois Schwartz übernahm. Martin Schneider

Rekordverteidiger für Real Madrid

Dean Huijsen wechselt für 60 Millionen Euro von Bournemouth zu Real Madrid.
Dean Huijsen wechselt für 60 Millionen Euro von Bournemouth zu Real Madrid. (Foto: Adrian Dennis/AFP)

Der niederländisch-stämmige Spanier Dean Huijsen hat mit 20 Jahren einen Rekord bei Real Madrid geknackt. Der Innenverteidiger vom englischen Erstligisten Bournemouth ist der teuerste Abwehreinkauf in der Geschichte des soeben entthronten spanischen Meisters. Die seit Samstag offizielle Verpflichtung kostet Real eine vertraglich festgelegte Ablöse von knapp 60Millionen Euro, zahlbar in drei Raten. Der 1,97 Meter große Huijsen löst den bisherigen Abwehr-Rekordhalter Éder Militão ab, für den Real 2019 rund 50 Millionen Euro entrichtete. Bei Huijsen verdient auch Juventus Turin mit, weil er dort von 2022 bis 2024 unter Vertrag stand; nun partizipiert Juve am Weiterverkauf. Huijsen, der kürzlich ein starkes Nationalelf-Debüt für Spanien gegen sein Geburtsland Niederlande feierte, nimmt für Real bereits an der Klub-WM teil – unter dem neuen Trainer Xabi Alonso, dessen Verpflichtung gewiss, aber noch immer nicht offiziell ist. Ob auch der ebenfalls als verpflichtet geltende Trent Alexander-Arnold (aus Liverpool) zur Klub-WM reist, ist noch zu verhandeln. Ein Kandidat fürs Real-Mittelfeld ist zudem: Angelo Stiller (VfB Stuttgart).

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

ExklusivJoachim Löw über Thomas Müller
:„Wenn Thomas in der Kabine war, änderte sich die Temperatur“

Am Wochenende bestreitet Thomas Müller sein letztes Heimspiel für den FC Bayern. Wie hat er sich verändert in all den Jahren? Eine spontane Würdigung des ehemaligen Bundestrainers Joachim Löw.

SZ PlusVon Joachim Löw

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: