Fußball:"Carlo mag die Grammatik"

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Über den Bayerntrainer Carlo Ancelotti sagt sein Deutschlehrer Gerardo S. Barcala: "Carlo ist ein sehr disziplinierter Schüler. Er hat etwas übrig für Sprachen und er hat auch ein Gefühl dafür."

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ein Italiener lernt in Kanada von einem Spanier Deutsch - kann das gut gehen? Ein Gespräch mit Gerardo S. Barcala, dem Sprachenlehrer von Bayerntrainer Carlo Ancelotti.

Interview von Stefan Galler

Sich in seinem Beruf verständigen zu können, ist Bayerntrainer Carlo Ancelotti wichtig. "Es motiviert mich immer wieder, eine neue Sprache zu lernen", sagte er einmal. Als feststand, dass er zum FC Bayern München wechseln würde, machte er gerade ein Sabbatical in Vancouver. Dort suchte sich der Italiener den Spanier Gerardo S. Barcala, um in Kanada Deutsch zu lernen. Ist das der Grund, dass Ancelotti Interviews noch nicht vollständig auf Deutsch führen kann?

SZ: Herr Barcala, zunächst mal die brennende Frage: Wie kommt es, dass ein Spanier in Vancouver mit einem Italiener Deutsch lernt?

Gerardo S. Barcala: Tja, ich komme aus Spanien, jedoch sind meine Eltern, als ich sechs Jahre jung war, nach Deutschland gezogen. Somit habe ich fast meine gesamte Schulzeit und mein Studium in Deutschland verbracht. Aber schon in meiner Abi-Zeit habe ich Sprachunterricht gegeben.

Das erklärt Ihre Deutschkenntnisse - aber wie fand Carlo Ancelotti Sie als Deutschlehrer?

In Kanada habe ich beim Maritime Museum Vancouver als Museumspädagoge angefangen und danach als Deutschlehrer bei der German School Northshore. Lange habe ich auch als Deutsch- und Spanischtutor gearbeitet.

Stand also Carlo Ancelotti plötzlich an der Schulpforte und bat um einen Deutschkurs?

Neben meiner Tätigkeit als Deutschlehrer an der German School Northshore biete ich auch an der bekanntesten Tutorvereinigung in Vancouver und Kanada Unterricht an. Über diese Tutorvereinigung bin ich von Frau Ancelotti angefragt worden.

Frau Ancelotti?

Sie sprach von sich und fragte mich, ob auch ein Freund dabei sein könnte. Wir haben uns schnell an einem Nachmittag getroffen und alles besprochen. So zum Beispiel, wie sie sich das vorstellen und wofür der Unterricht ist.

Wo fand der Unterricht statt?

Ich treffe meine Kunden in der Regel in ihrem Anwesen. Am Ende des Treffens fragte mich seine Ehefrau, ob ich nicht wüsste, wer er ist. Natürlich wusste ich das. Aber für mich spielt es keine Rolle, wer mein Schüler ist. Ich habe auch schon Milliardäre als Schüler gehabt. Für Emotionen oder ähnliches wird man nicht gebucht, sondern für Resultate. Die Zeit der Schüler ist sehr begrenzt. Wenn ich für etwas gebucht werde, geht es um die Sache.

Und wie war Ancelotti?

Im Laufe der Tage und Wochen haben wir viel gelacht. Carlo hat mir am Morgen immer Cappuccino zubereitet. Er war immer sehr nett und freundlich. Der FC Bayern hat sich einen guten Coach geholt.

Wie lange und wie regelmäßig kam er denn zu Ihnen in den Unterricht?

Teilweise wollte er praktisch jeden Tag Unterricht, wenn er in der Stadt war. Es waren insgesamt ungefähr sieben Monate. Er war viel auf Reisen und konnte dann natürlich keinen Deutschunterricht machen.

War er ein guter Schüler? Diszipliniert?

Carlo ist ein sehr disziplinierter Schüler. Er hat etwas übrig für Sprachen und er hat auch ein Gefühl dafür. Er schreibt sich alles auf und versucht, alles gleich zu übersetzen und somit zu verstehen. Er spricht auch perfektes Spanisch oder Englisch und wird dies mit der Zeit auch in Deutsch schaffen. Er mag die Grammatik. Und er hat Spaß, sich mit der Rechtschreibung auseinanderzusetzen.

"Carlo ist ziemlich locker und aufgeschlossen"

Wissen Sie, wie regelmäßig er nun in München Deutsch paukt? Wann werden wir mal ein ganzes Interview mit Carlo Ancelotti auf Deutsch hören?

Ich sagte ihm, es werde sich schon mit der Zeit ergeben. Und mit den Spielern redet man meistens auf Englisch. Er wird beim FC Bayern viel zu tun haben, und er ist der Typ Mensch, der sich viel Zeit nimmt, wenn es notwendig sein sollte, um die Dinge gut zu machen.

Fußball: Machte in Deutschland Abi und lebt jetzt in Kanada: Gerardo S. Barcala.

Machte in Deutschland Abi und lebt jetzt in Kanada: Gerardo S. Barcala.

(Foto: oh)

Haben Sie denn mit dem Trainer auch moderne fußballspezifische Vokabeln gelernt wie Gegenpressing, Umschaltspiel oder Vertikalpässe?

Ich habe für ihn im laufenden Unterricht immer mehr fußballspezifische Texte entwickelt. Fast alle Fußballthemen, die es gibt, habe ich für ihn aufbereitet. Spielsituationen kreiert, Pressekonferenzen, Fußballspiele simultan vor dem Bildschirm geübt. Ich habe viel Fußballkommentator gespielt, um ihm einen Vorgeschmack auf die verschiedenen Stimmen im Radio oder Fernsehen zu geben, damit er sieht, was er in Deutschland zu erwarten hat.

Ein paar Phrasen standen bestimmt auch auf dem Lehrplan: So etwas wie "Wir haben uns nicht belohnt" vielleicht?

Dazu ergaben sich oft Momente. Freude am Lernen ist nicht unwichtig.

Und wie sieht es mit den Wörtern Krise, Beurlaubung und Entlassung aus? Auch die können im Leben eines Fußballtrainers relevant werden.

Carlo sagte immer: Nur solange man gewinnt, ist man ein König. Carlo ist ziemlich locker und aufgeschlossen. Was für ein Problem es hypothetisch auch sein könnte, er geht es immer gut überlegt an.

Wie glauben Sie, dass Ancelotti mit der aktuellen Situation umgeht? Ist er wirklich so cool und souverän, wie er sich immer gibt?

Er wird die Situation meistern, denn er hat das beste Spielermaterial und den besten Fußballklub. Er wird versuchen, das Beste aus seinen Spielern herauszuholen. Er ist ein guter Zuhörer und versteht gut, was in den Spielern vorgeht.

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