Champions League:"Super-difficile" Lage für Tuchels Paris

Champions League: Thomas Tuchel und Carlo Ancelotti beim Spiel in Neapel.

Thomas Tuchel und Carlo Ancelotti beim Spiel in Neapel.

(Foto: AFP)
  • Thomas Tuchel und Paris Saint-Germain kommen in Neapel nicht über ein 1:1 hinaus.
  • Ausgerechnet Juan Bernat macht das 1:0, Lorenzo Insigne trifft per Elfmeter gegen Gianluigi Buffon zum Ausgleich.
  • Durch die unerwartete Niederlage des FC Liverpool in Belgrad bleibt die Gruppe spannend bis zum Schluss.

Von Birgit Schönau, Neapel

Carlo Ancelotti zählt vermutlich nicht zu den Lehrmeistern des Thomas Tuchel, Pep Guardiola aber schon. Zumindest sprachlich ist Tuchel gerade schon dabei, den Katalanen zu überholen, übrigens in einem geschliffenen Französisch, wo die Supersuperlative süper süper heißen, und sowieso irgendwie alles eleganter klingt. Auch wenn die Lage gerade gar nicht süper ist für Tuchels PSG, allerhöchstens süper schwierig. "Super-difficile", wie der Trainer nach dem neuerlichen Remis gegen Ancelottis Neapel einräumte und außerdem noch "super-dur", also superschwierig und superhart. Dass Tuchel diese Vokabeln wie ein Mantra wiederholte, lag sicher nicht daran, dass ihm die Worte fehlten: "Positiv ist auf jeden Fall, dass wir aus eigener Kraft voran kommen können. Wir haben ja noch zwei Begegnungen und die können wir gewinnen." Super-dur, schon süper klar.

Beim 1:1 im ausverkauften Stadio San Paolo lag das Epizentrum ganz klar im Ausland - um hier mal ein süper treffendes italienisches Bonmot zu zitieren. Das Erdbeben fand nämlich in Belgrad statt, wo Roter Stern ziemlich unerwartet Jürgen Klopps Liverpool mit 2:0 zum Einsturz brachte. In der Gruppe C mit den beiden deutschen Star-Trainern knubbeln sich deshalb jetzt alle auf zwei Punkten: Liverpool und Napoli 6, PSG 5, Belgrad 4.

"Das bedeutet schwitzen bis zum Schluss", knurrte Ancelotti, und es war ihm anzusehen, wie wenig diesem Profi der Gemütlichkeit das behagt: "Wir waren zu vorsichtig in der ersten Halbzeit." Den aggressiv aufspielenden Franzosen gelang knapp vor dem Pausenpfiff das Führungstor durch Juan Bernat. "Ich bin es ja gewohnt, dass meine Ex-Spieler gegen mich treffen", grinste Ancelotti. "Aber Bernat! Der trifft doch sonst nie." In Italien, wo viele gar nicht wissen, dass Uli Hoeneß schon wieder Bayern-Präsident ist, darf ein Trainer solche Witze machen - vor allem an einem Abend, da der von Hoeneß so negativ bewertete Spieler einer der Besten im Team war, energischer als Mbappé und effizienter als Neymar.

Wobei man sagen muss, dass das zuverlässig außer Rand und Band agierende Publikum weniger auf die Offensiv-Weltstars der Süper-Millionärstruppe aus Paris gelauert hatte als auf den Landsmann im Tor. Hinter ihm verblasste sogar der ehemalige Lokalmatador Edinson Cavani, der in der Schlussphase eingewechselt und brav mit Applaus überzogen wurde. Aber der Star des Abends war ein anderer.

Buffon wird enthusiastisch ausgepfiffen

Gianluigi Buffon durfte sein Champions-League-Debüt für PSG ausgerechnet in jenem Stadion bestreiten, wo man ihn als ewigen Juventus-Kapitän am inbrünstigsten hasst. Oder jedenfalls so tut, das aber mit sehr viel Einsatz. Von der ersten bis zur letzten Minute wurde Buffon enthusiastisch ausgepfiffen, heiter winkte er öfter mal zurück, und als er dann Lorenzo Insigne vor sich hatte, fing der PSG-Schlussmann an zu tanzen. Napoli hatte einen Elfmeter bekommen, nachdem Buffon allzu übereifrig seinem Kollegen Thiago Silva zur Hilfe kommen wollte und José Callejon im Strafraum zu Fall brachte. Insigne schritt zum Punkt. Und Buffon lachte ihm entgegen. Es war ein Bild für die Götter, der baumlange, elastisch hüpfende Torwarthühne im roten Trikot und der 1,63-Meter kleine Angreifer, der konzentriert an ihm vorbeistarrte.

"Da habe halt nur ich gelacht", sagte Buffon später. "Und Lorenzo hat getroffen." Mit einem scharfen Flachschuss ins linke Eck, zum dritten Treffer in dieser CL-Saison. Es stand 1:1 (62.) und blieb dabei. "Geht in Ordnung", fand Buffon, "eine Halbzeit haben wir dominiert, nach der Pause waren dann die Neapolitaner besser." Was ihm eine Menge Arbeit bescherte, denn Neapel produzierte plötzlich einen Torschuss nach dem nächsten.

Die Erfahrung aus vielen Begegnungen in der Serie A mag dem 40-Jährigen Keeper geholfen haben, der nach drei Tagen Sperre endlich wieder international spielen durfte. Grund für die Strafe war der Platzverweis für den Torwart in der Schlussphase des Viertelfinals Juventus - Real Madrid. Buffon war nach der Roten Karte vor Wut explodiert und hatte den Schiedsrichter mit wilden Injurien überzogen. "Die Champions League hat mir gefehlt", gestand er jetzt. "Ich habe wirklich gelitten, weil ich mich ungerecht behandelt fühle. Die Rote Karte war wirklich unglaublich!" Bei Juventus hatten sie Buffon einen Posten im Management angeboten, aber der Torwart wollte unbedingt noch spielen. Das Match unterm Vesuv hat Buffon sichtlich genossen, ganz abgesehen vom Ergebnis.

Neues Spiel, neues Glück. Am 28. November empfängt PSG Liverpool. Beim Hinspiel, das Klopp 3:2 gewonnen hatte, stand Buffons Kollege Alphonse Areola im Tor. Diesmal wollte Tuchel offenbar auf Erfahrung setzen - die richtige Wahl. Und a propos Erfahrung: Ancelotti absolvierte am Dienstag sein 200. Europa-Cup-Spiel. Der SSC Neapel hat bis jetzt noch kein Spiel mit ihm verloren.

Thomas Tuchel spricht jetzt schon besser französisch als Ancelotti es bei PSG jemals tat, doch eines könnte der fleißige Deutsche von dem gemütlichen Italiener ganz bestimmt lernen: wie man ein Ergebnis verwaltet. In Neapel hat Tuchel gezeigt, dass er die Lektion aus dem Hinspiel begriffen hat, seine Truppe agierte sehr viel kompakter und konzentrierter. Jetzt noch eine Portion gelassener Zynismus und die Chose könnte süper laufen.

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