Paralympics:Deutsche Rollstuhlbasketballer gewinnen Bronze

Lesezeit: 2 Min.

Thomas Böhme (vorne links) erzielte gegen Kanada die meisten deutschen Punkte - als Lohn gibts Bronze. (Foto: Carlos Garcia Rawlins/Reuters)

Einen ähnlichen Erfolg gab’s zuletzt vor 32 Jahren: Die deutschen Rollstuhlbasketballer feiern in Paris einen überraschenden Medaillencoup – im Tischtennis gibt’s überraschend Gold.

Die deutschen Rollstuhlbasketballer haben bei den Paralympischen Spielen in Paris ihre erste Medaille seit 32 Jahren gewonnen. Die Mannschaft von Bundestrainer Michael Engel bezwang im kleinen Finale Kanada dank einer furiosen zweiten Halbzeit mit 75:62 (27:35) und holte sich nach Silber in Barcelona 1992 nun mit Bronze das zweite Edelmetall überhaupt.

In der Pariser Bercy Arena war der überragende Thomas Böhme mit 36 Punkten der Matchwinner. „Thommy ist der MVP“, rief Mitspieler Aliaksandr Halouski durch die Mixed Zone: „Jetzt wissen wir, wofür wir das die letzten Jahre alles getan haben. Die ganze Arbeit zahlt sich in so einem Moment extrem aus. Das ist brutal“, sagte Alexander Budde. Es sei eine „taktische Meisterleistung“ gewesen: „Wir haben immer dran geglaubt und nie gedacht, dass es schon verloren ist.“

SZ PlusBasketball-Bundestrainer Herbert
:"Vertraute sagten mir: Da ist nichts mehr in deinen Augen"

Wie ergeht es erfolgreichen Menschen, wenn sie in ein Loch fallen? Weltmeister-Coach Gordon Herbert erklärt seinen Weg aus einer Depression, was ihm dabei half und wie Basketball den Charakter formt.

Interview von Jonas Beckenkamp

Noch in der Vorrunde war das deutsche Team beim 52:68 gegen Kanada chancenlos. Diesmal reichte es, obwohl die Mannschaft den mit 31 Zählern auftrumpfenden kanadischen Superstar Patrick Anderson erst im zweiten Durchgang in den Griff bekam. Das Team D war erstmals seit Barcelona überhaupt wieder unter den besten vier, bei Weltmeisterschaften war gar noch nie der Einzug in ein Halbfinale gelungen. Schon nach drei Minuten lag Deutschland 2:9 zurück, Engel nahm nach dem Fehlstart eine Auszeit. Danach stabilisierte sich die Mannschaft, kam aber im ersten Durchgang wegen einer zu schwachen Wurfquote nicht wirklich näher heran. Stattdessen saß auf der Gegenseite fast jeder Wurf von Anderson, lediglich Böhme hielt einigermaßen dagegen.

Im dritten Viertel stabilisierte sich das Team D in der Defense und nutzte vorn seine Chancen. Vor dem Schlussabschnitt betrug der Rückstand nur noch einen Zähler. Neun Minuten vor dem Ende ging die Mannschaft erstmals in Führung, zog sogleich mit einem 12:0-Lauf davon. Böhme traf nun aus allen Lagen und spielte sich in einen Rausch.

Gold im Tischtennis für Mikolaschek

Dagegen hat Tischtennisspielerin Sandra Mikolaschek überraschend die zehnte deutsche Goldmedaille gewonnen. Die 27-Jährige aus der Lutherstadt Eisleben bezwang die serbische Weltranglistenerste Borislava Peric-Rankovic im Finale der Startklasse WS4 nach einer starken Vorstellung mit 3:1 (11:5, 11:3, 6:11, 11:8) und feierte den größten Erfolg ihrer Karriere.

„Ich musste mir aktiv Druck machen, dass ich mich nicht auf der Silbermedaille ausruhe. Ich wollte das Spiel trotzdem gewinnen“, sagte Mikolaschek: „Ich musste in den letzten Jahren oft lernen, dass mutiges Spiel belohnt wird und nicht, wenn man einfach nur den Ball rüberspielt.“ Das habe sie endlich auch auf großer Bühne umgesetzt. Sie werde darauf mit dem „einen oder anderen Gläschen antoßen. Aber mal schauen, so viel vertrage ich auch nicht.“

Mikolaschek zeigte vor 6800 Zuschauern in der Arena Sud 4 einen nahezu fehlerfreien Auftritt, immer wieder überraschte sie die Rio-Siegerin Peric-Rankovic mit ihrem variablen Spiel. Auch vom verlorenen dritten Satz ließ sich Mikolaschek nicht beirren. Stattdessen verwandelte sie kurze Zeit später ihren ersten Matchball und belohnte sich bei ihrer dritten Paralympics-Teilnahme nach zuvor zwei fünften Plätzen mit der ersten Medaille.

© SZ/sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Paralympics
:Der Sound von Paris

Die Paralympics sind auch das Fest der schönen Bilder und Kulissen. Anja Renner sieht nur noch zehn Prozent. Die Triathletin hat deshalb wie viele Athleten mit Sehbehinderung genau hingehört – und sich die Spiele auf ihre Weise erschlossen.

Von Sebastian Fischer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: