Paralympics-Geschichten:Erst ins Ziel, dann zum Heiratsantrag

Die Paralympics 2012 in London sind vorbei - und sie lieferten spannende Geschichten: Der Brasilianer Yohansson Nascimento sprintete erst zu Gold und machte dann einen Heiratsantrag, Oscar Pistorius wurde kurzzeitig zum Miesepeter, auch im deutschen Sprinter-Lager gab es Zoff. Die prägendsten Momente der Paralympics.

Saskia Aleythe

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Paralympics-Geschichten:Deutsche Fahnenträgerin

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Quelle: AP

Die Paralympics 2012 in London sind vorbei - und sie lieferten spannende Geschichten: Der Brasilianer Yohansson Nascimento sprintete erst zu Gold und machte dann einen Heiratsantrag, Oscar Pistorius wurde kurzzeitig zum Miesepeter, auch im deutschen Sprinter-Lager gab es Zoff. Die prägendsten Momente der Paralympics.

Von Saskia Aleythe

Deutsche Fahnenträgerin: Mit ihr zog die deutsche Mannschaft ins paralympische Dorf ein: Daniela Schulte trug die Fahne bei der Eröffnungsfeier der Paralympics. Fast schien es, als würde aus der Ehre für die blinde Schwimmerin eine Bürde werden. Bei ihren ersten vier Starts in London kehrte die Berlinerin ohne Medaille vom Aquatics Centre ins deutsche Dorf zurück. Über 100 Meter Freistil, 50 Meter Freistil, 100 Meter Rücken und 100 Meter Brust klappte es nicht mit dem Treppchen. Dafür stürmte Schulte bei ihrem fünften Auftritt gleich ganz nach oben: Über 400 Meter Freistil holte die 30-Jährige Gold. "Das ist ein Traum. Beim Anschlag habe ich nur gedacht: Habe ich wirklich gewonnen?", sagte Schulte. Und dann knackte sie im Vorlauf über 200 Meter Lagen sogar noch ihren eigenen Weltrekord, im Finale klappte es mit Silber. Pech hat das Fahnetragen damit jedenfalls nicht gebracht.

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Paralympics-Geschichten:Erstes Gold für Rollstuhlbasketballerinnen

London 2012 Paralympic Games - Rollstuhlbasketball

Quelle: dpa

Erstes Gold für Rollstuhlbasketballerinnen: Kontinuierlich vorgekämpft haben sich die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen. Belegten sie im Jahr 2000 in Sydney noch Platz sieben, klappte es in London diesmal mit dem ganz großen Triumph: Nach 28 Jahren gewann ein deutsches Basketball-Team bei den Paralympics wieder die Goldmedaille. "Wir haben schon fünf Minuten vor dem Ende alle geweint", sagte Johanna Welin von Bayern München. Auch Bundestrainer Holger Glinicki war nach dem 58:44-Triumph gegen Australien glücklich und kündigte an, in die Themse springen zu wollen: "Aber nur, wenn es schön warm ist." Im September in London ist das eher unwahrscheinlich, trotzdem machte der Trainer seine Ankünding am Sonntag wahr. Er glitt ins Hafenbecken des Londoner Bankenviertels in Canary Wharf. "Dafür hat sich es sich gelohnt, dass wir Gold geholt haben", schrie Glinicki beim Baden.

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Paralympics-Geschichten:Gold für die Zuschauer

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Quelle: AP

Gold für die Zuschauer: Dieser Moment dauerte eigentlich die ganze Zeit an - nämlich jener, in dem die Athleten von den Fans angefeuert wurden. "Der Titel 'Sommermärchen' ist ja schon belegt, aber dann war das hier der 'Sommer-Wahnsinn", sagte der Chef des Deutschen Behindertensportverbandes, "die hohen Erwartungen sind sogar übertroffen worden. Hier hat einfach alles gepasst. Die Londoner haben uns auf dem gesamten Weg das Gefühl gegeben, dass die Paralympics das zweite Olympia waren. Und zwar nicht in der Reihenfolge, sondern nebeneinander." Die Atmosphäre in allen Sportstätten sei beeindruckend gewesen. "Wir hatten es hier offenbar mit dem sportbegeistertsten Publikum der Welt zu tun, das sowohl seine eigenen Helden als auch den Letzten im Rennen frenetisch angefeuert hat", erklärte Beucher: "Die Zuschauer haben in jedem Fall auch Gold verdient."

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Paralympics-Geschichten:Miesepeter Oscar Pistorius

London 2012 Paralympic Games

Quelle: dpa

Miesepeter Oscar Pistorius: Aus dem Gesicht der Paralympics wurde in London der Miesepeter der Paralympics. Im Finale über 200 Meter musste sich Oscar Pistorius mit Platz zwei begnügen, was nicht nur für die Zuschauer ein ungewohntes Bild war. Einmal nicht als Erster über die Ziellinie zu spurten, machte den Südafrikaner so wütend, so dass er dem Goldgewinner Alan Oliveira zwar noch anständig gratulierte, sich aber kurz danach über ein "unfaires Rennen" beschwerte. Die künstlichen Beine des Brasilianers seien zu lang, monierte Pistorius: "Er kommt über Nacht mit Stelzen, die zehn Zentimeter zu hoch sind, und läuft solche Zeiten. Einfach lächerlich." Dabei war es die schwache Leistung Pistorius', die ihn den Sieg kostete, im Halbfinale war er noch Weltrekord gelaufen. Mit einer Zeit, die ihm im Finale Gold gesichert hätte. Es dauerte nicht lange, bis sich der Geschlagene für seine Reaktion entschuldigte, nach einem vierten Platz im 100-Meter-Finale lobte er gar überschwänglich die sportlichen Leistungen seiner Kollegen. Ob geläutert oder clever instruiert: Am Ende lief der "Bladerunner" wie schon mit der Staffel in Weltrekordzeit zu seiner ersehnten Einzel-Goldmedaille und so bleibt er zumindest über 400 Meter der schnellste Mann ohne Beine.

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Paralympics-Geschichten:Deutscher Sprinter-Zoff

XIV. Paralympische Sommerspiele: Galerie

Quelle: dapd

Deutscher Sprinter-Zoff: Nicht nur über künstliche Beine lässt sich diskutieren, sondern auch über künstliche Kniegelenke. Besonders drastische Worte wählte 100-Meter-Läufer Wojtek Czyz, der seinem deutschen Kollegen Heinrich Popow nach dem Vorlauf "technisches Doping" vorwarf. Popow laufe mit einem Kniegelenk, das sein Ausrüster anderen Athleten verwehre. Der Prothesenbauer wies die Vorwürfe zurück, das Kniegelenk sei schon lange vor den Paralympics frei käuflich gewesen. Kniegelenk hin, Anschuldigungen her: Popow ließ sich von den "typischen Psychospielchen von Wojtek" nicht beirren und schnappte sich im Finale die Goldmedaille. Czyz gewann Bronze, bekam statt Glückwünschen aber vor allem Unmut zu spüren: "Die Vorbereitung eines Teamkollegen vor seinem wichtigsten Wettkampf so zu torpedieren, gehört sich nicht", sagte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS). 

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Paralympics-Geschichten:Heiratsantrag nach dem Zieleinlauf

paralympics london

Quelle: AFP

Heiratsantrag nach dem Zieleinlauf: Brasiliens Yohansson Nascimento lieferte gleich mehrere Geschichten, die von den Paralympics im Gedächtnis bleiben werden. Zunächst sorgte der 24-Jährige für sportliches Aufsehen. Über 200 Meter sprintete er in 22,05 Sekunden zu einem neuen Weltrekord. Sogleich nutzte Nascimento die Gunst der Stunde: In seiner Hosentasche hatte der Brasilianer einen Zettel mit einem Heiratsantrag, den er nach dem Zieleinlauf einer TV-Kamera entgegenstreckte. Auf die Antwort seiner Angebeteten musste er nicht lange warten. Ein brasilianischer Fernsehsender stellte eine Telefonverbindung zu der Herzensdame names Thalita her. Einen Weltrekordler heiraten? Da konnte Thalita nicht "Nein" sagen. 

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Brazil's Nascimento finishes last in the men's 100m T-46 final in the Olympic Stadium at the London 2012 Paralympic Games

Quelle: REUTERS

Bei den Paralympics erlebte Yohansson Nascimento aber auch seinen tragischen Moment. Im Finale über 100 Meter stürzte er bereits nach 30 Metern und musste seine Kontrahenten vorbeiziehen lassen. Ins Ziel kam der Brasilianer dennoch: Statt aufzugeben, brachte er die übrigen 70 Meter unter Tränen hinter sich. Den Sportgeist dankten ihm Zuschauer im Stadion mit Standing Ovations bei seinem Zieleinlauf nach 1.30,79 Minuten. Und Thalita? Die wird wohl mächtig stolz sein.

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Paralympics-Geschichten:Trendsport Goalball

2012 London Paralympics - Day 9 - Goalball

Quelle: Getty Images

Trendsport Goalball: Bei den Paralympics durften die Zuschauer auch Sportarten kennen lernen, die sie bei den Olympischen Spielen nicht bewundern konnten - Boccia etwa oder Goalball. Beim Goalball tragen die Athleten Brillen, damit sie nichts sehen können. Die drei Abwehrspieler versuchen den Ball abzuwehren, den der Werfer der gegnerischen Mannschaft in Richtung Tor schleudert. Die Sportart wurde bei den Paralympics einem breiteren Publikum vorgestellt - in zahlreichen Internetforen gab es Anfragen: "Wo kann man das spielen?" Gut möglich, dass Goalball bald wieder zu sehen ist.

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Paralympics-Geschichten:Emotionaler Zanardi

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Quelle: AP

Emotionaler Zanardi: Den wohl emotionalsten Siegerjubel lieferte Alex Zanardi ab. Gleich bei seiner ersten Paralympics-Teilnahme fuhr der Italiener mit dem Handbike im Straßenrennen zu Gold, auch im Zeitfahren klappte es nach einem Schlussspurt mit Platz eins. Zanardi küsste den Boden, reckte sein Rad mit einer Hand nach oben und weinte bei der Siegerehrung, die Hand auf dem Herzen, als die italienische Hymne ertönte. 2001 hatte der damalige Formel-1-Pilot bei einem dramatischen Unfall auf dem Hockenheimring beide Beine verloren. Sein Comeback bei den Paralympics feierte die italienische Presse in Formel-1-Manier: "Zanardi ist ein Bolide, ein Ass, der Wind und Anstrengung dominiert. Ein Ass des Steuers, der Pedale, und ein Ass des Lebens", schrieb die Gazetta dello Sport. Nach seinen Triumphen hatte Zanardi aber erstmal anderweitig zu tun: Über 900 SMS erreichten den 45-Jährigen. Für Zanardi ließ das nur einen Schluss zu: "Ich glaube, ich habe zu vielen Menschen meine Telefonnummer gegeben."

© Süddeutsche.de/ska/ebc/rus
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