Süddeutsche Zeitung

Fußball in Italien:Der Scheich kommt nach Palermo

Die City Football Group, Besitzerin aus Abu Dhabi von Manchester City und vielen anderen Vereinen, kauft Palermo FC. Und die Sizilianer träumen von der Rückkehr alter Glorie.

Von Oliver Meiler, Rom

Kann man sich in Europa unterschiedlichere Welten vorstellen als Palermo und Manchester? Antipoden sind das, tiefer Süden und hoher Norden, in jeder Beziehung. Nun, die beiden Welten rücken bald eng zusammen, wenigstens fußballerisch, und das finden sie in Sizilien gerade ziemlich aufregend.

Die City Football Group aus Abu Dhabi, Eignerin von Manchester City, fügt ihrem schon recht üppig gefüllten Klubportfolio den Palermo Football Club hinzu. Der ist eben erst und recht unverhofft in die Serie B aufgestiegen, in die zweite italienische Liga. Die Stadt brauchte also nicht sonderlich euphorisiert zu werden: Sie war es schon. Aber jetzt, mit dem Geld vom Golf und der angekündigten Inspiration neuer Manager, träumt man natürlich noch viel größer. Das Giornale di Sicilia erwartet eine "sanfte Revolution", eigentlich aber wechselt man mit dem Engagement von Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan gerade in eine andere Galaxie.

Die Frage ist nur, welches Modell die neuen Besitzer anwenden werden: eher jenes des katalanischen Vereins Girona, den sie seit 2017 kontrollieren, oder eher das des Ligue-1-Klubs Troyes, den sie 2020 übernommen haben. Girona, neuerdings wieder erstklassig, wurde zum geduldigen Schaufenster und zur Übungsbühne für Talente vor allem aus der Akademie der Citizens - in fünf Jahren kamen und gingen 101 Spieler. Die Verbindungen sind eng: Mitbesitzer von Girona ist Père Guradiola, Bruder von Pep, dem Coach von City. In Troyes strebte die City Football Group einen schnellen Aufstieg an und investierte dafür auch in neue Spieler.

Das Grundprinzip ist aber immer dasselbe: ManCity ist der Fixstern, um den alle Satelliten kreisen. Die Konglomeratsvereine, die etwas weiter weg sind, tragen alle "City" im Namen, damit man sie auch von weither erkennt: New York City, Mumbai City, Melbourne City, Montevideo City Torque. In Europa, wo die Traditionen in diesem Sport noch etwas tiefer verwurzelt sind, geht das natürlich nicht. Palermo FC, gegründet 1900, wird also nicht Palermo City heißen, das wäre unvorstellbar, auch wenn man gerade erst zurück ist aus der Hölle.

Eine große Stadt, Millionen Fans in aller Welt: Palermo ist eine Adresse

Vor drei Jahren war Palermo an seinem fragwürdigen finanziellen Gebaren zerbrochen und wurde zwangsrelegiert in die Serie D. Das war eine Schmach sondergleichen für eine Stadt mit 600 000 Einwohnern, für eine Anhängerschaft von Millionen Emigranten in aller Welt und für einen Verein mit einer doch ansehnlichen Geschichte. Zwischen 2005 und 2011 zum Beispiel hatte man fünf Mal in der Europa League beziehungsweise im Uefa Cup gespielt. Gar nicht so lange her. Dann also der Absturz.

Der einheimische Unternehmer Dario Mirri, ein Fan, kaufte den Klub der Stadt ab, die ihn in ihre Verwaltungsmasse aufgenommen hatte, und führte ihn mit bescheidenen Mitteln zurück in die Vorelite. Mirri sagte einmal, es sei sein Kindheitstraum gewesen, Präsident von Palermo zu werden, immerhin war einer seiner Ahnen der verehrte Renzo Barbera gewesen, den sie "il Presidentissimo" genannt hatten. Das Stadio Renzo Barbera trägt dessen Namen. Wie man hört, wollen die neuen Besitzer Mirri im Management behalten, für die Bewahrung der Identität. Auch Trainer Silvio Baldini sollte im Amt bestätigt werden.

Ziel ist es jetzt, Palermo sehr schnell zurück in die Serie A zu bugsieren, möglichst schon nächstes Jahr. Es ist ja schon eine Weile her, dass ein sizilianischer Verein erstklassig war. Dafür, so die allgemeine Meinung, brauche es fünf, sechs neue Spieler - und eine definitive Übernahme des Superstars der vergangenen Saison: Matteo Brunori, 27 Jahre alt, Mittelstürmer, geboren in Brasilien, Italiener. Er trug 29 Tore zum Aufstieg bei. Auch das entscheidende Tor im Finale des Playoffs gegen Padua war sein Werk.

So macht man sich zum Helden. Und weil Brunori ein paar Tage vor dem Aufstieg geheiratet hatte, verdichtete sich das Glück in der Liebe und das Glück im Beruf auf wundersame Weise zum Glück der ganzen Stadt. Brunori gehört Juventus Turin, das ihn bisher immer nur auslieh. Nun will ihn Juve verkaufen, Palermo bietet fünf Millionen Euro. Ist ja keine Sache mehr.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5608633
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/fse/cca/ebc
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.