US Open:Coole Typen

US Open: Peter Gojowczyk während seiner Drittrunden-Partie gegen den Schweizer Henri Laaksonen.

Peter Gojowczyk während seiner Drittrunden-Partie gegen den Schweizer Henri Laaksonen.

(Foto: Seth Wenig/AP)

In der zweiten Woche wird es ernst bei den US Open, dann geht es um den Turniersieg. An den ersten Tagen jedoch sieht man die kuriosen Charaktere - Peter Gojowczyk erreicht zum ersten Mal in seiner Karriere das Achtelfinale eines Grand Slams.

Von Jürgen Schmieder, New York

Es lohnt manchmal, sich auf der Tennisanlage in Flushing Meadows vor die Statue von Arthur Ashe zu stellen und die Augen zu schließen. Die New Yorker haben ein feines Gespür für Coolness, und man sollte deshalb aufmerksam lauschen, wo gerade was los ist. Sie leiten einen etwa rüber zu Court 11, neben der Fressmeile, wo sich unfassbar coole Typen fast fünf Stunden lang duellierten. Aslan Karatsew wirkt wie der Platzwart im Tennisklub, den man mal zu einem Duell herausfordert und dann von ihm vom Platz geprügelt wird.

Der Russe trägt No-Name-Klamotten, keiner würde ihn erkennen, würde er vor der Ashe-Statue stehen; doch ist er mit ansatzloser Vorhand und aggressiver Spielweise unterhaltsamer als viele andere, die höher platziert sind als er - vor allem, wenn er gegen einen wie Jordan Thompson zockt, auf dessen Visitenkarte als Beruf ebenfalls "Coole Socke" vermerkt ist. Karatsew wehrte beim 3:6, 3:6, 7:5, 7:6 (11:9), 6:1 gegen den Australier zwei Matchbälle ab, und der Unterlegene sagte danach nur: "Völlig irre, das!"

In Flushing Meadows gibt es auf den Nebenplätzen erstaunliche Spieler zu sehen

In der zweiten Woche am Montag wird es ernst bei den US Open, dann geht es um den Turniersieg und darum, sein Foto für alle Zeiten hier zu verewigen - Steffi Graf ist, das beweist ein kleiner Rundgang, mindestens neun Mal zu sehen, ihr Name steht sogar auf einem Pflasterstein vor der, ja: Fressmeile. In der zweiten Woche spielen meist die mit Sponsorenlogo am Ärmel des Ausrüster-Leibchens und kostbarer Uhr am Handgelenk.

US Open: Brüder im Geiste: Steve Johnson (links) hilft Gaël Monfils auf die Beine.

Brüder im Geiste: Steve Johnson (links) hilft Gaël Monfils auf die Beine.

(Foto: Timothy A. Clary/AFP)

An den ersten Tagen jedoch, da sieht man all die Leute, für die einerseits jeder Cent zählt (das Preisgeld in den ersten Runden ist für die früheren Runden erhöht, dafür gibt es für die Turniersieger weniger), die andererseits sich selbst nicht immer ganz so ernst nehmen - also zum Beispiel bei jener spektakulären Partie, zu der einen der Lärm im Louis Armstrong Stadium lockt: Gaël Monfils und Steve Johnson benahmen sich dabei wie beste Freunde, applaudierten jeweils den grandiosen Schlägen des Gegners; ein Mal lief Johnson - der mit Schnauzbart wirkt wie die Reinkarnation von Stan Smith, der in den 1970ern Wimbledon und die US Open gewann - auf die andere Seite, um dem Gegner nach einem Sturz auf die Beine zu helfen. Auch ein bisschen irre, das, und richtig cool.

So geht es bisweilen zu bei diesem Turnier, im Fernsehen sieht man solche Partien freilich nur selten, weil sich die Sportart arg auf die so genannten Stars konzentriert. Der Kölner Oscar Otte etwa hat bereits fünf Partien absolviert, drei in der Qualifikation und zwei im Hauptfeld. Auf Court 13, direkt hinter der Statue von Arthur Ashe, gewann er überraschend glatt gegen den Amerikaner Denis Kudla und erreichte zum ersten Mal die dritte Runde bei einem Grand-Slam-Turnier. Danach sagte er: "Echt komische Stimmung, weil alle gegen mich waren - aber ich mag das ja, die haben mir also geholfen."

US Open

Fast ein bisschen ungläubig: Oscar Otte hat bei den US Open schon fünf Partien gewonnen: drei in der Qualifikation und nun zwei im Hauptfeld.

(Foto: Seth Wenig/dpa)

Und dann, auf dem unfasslich coolen Grandstand in der Ecke der Anlage, spielte der Münchner Peter Gojowczyk gegen den Schweizer Henri Laaksonen, und er tat es, wie er es häufig tat bei diesen US Open, übrigens auch schon in der ersten Runde der Qualifikation. Er verlor den ersten Satz, analysierte dabei aber die Spielweise des Gegners. Danach spielte er druckvoller, rückte öfter ans Netz und suchte ein früheres Ende der Ballwechsel. Nun steht er nach dem 3:6, 6:3, 6:1, 6:4 zum ersten Mal in seiner Karriere im Achtelfinale eines Grand Slams. "Ich bin ja schon ein bisschen stolz darauf, wie ich das hier wuppe", sagte er: "Ich bin alleine hier; ohne Trainer, ohne Physiotherapeut, ohne Begleiter."

Der eine mag Zuschauer, die gegen ihn sind, der andere verzichtet auf die im Tenniszirkus übliche Entourage - beide sind deshalb natürlich: unfasslich coole Typen.

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