The Open:Nass von oben, der Seite und von unten

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Der Ire Shane Lowry wartet tapfer unter seinem Schirm auf besseres Wetter. (Foto: Harry How/Getty Images)

Drei Tage lang spielt sich im schottischen Troon ein „Gemetzel“ ab, mit prominenten Opfern wie Rory McIlroy und Tiger Woods. Doch der Kampf gegen das Wetter bringt den Golfsport auch wieder ein bisschen näher an seine ursprüngliche Idee.

Von Felix Haselsteiner

Wo genau sich Rory McIlroy inzwischen aufhält, ist öffentlich nicht bekannt. Der Regen allerdings dürfte ihn weder von oben noch von der Seite und ganz sicher nicht von unten erwischen. Wohin er nächste Woche in den Urlaub fahren würde, darüber dachte McIlroy nach eigener Aussage bereits am Freitagnachmittag nach, als er nach sieben gespielten Löchern in der zweiten Runde der Open Championship so weit abgeschlagen lag, dass er innerlich aufgab. Eine beachtliche Nachricht war das, der Nordire ist gemeinhin für seine unnachgiebige Angriffslust auch aus schwierigsten Positionen bekannt – nur im Royal Troon Golf Club, an der schottischen Westküste, erkannte er offenbar frühzeitig, dass ihm die Energie für einen erneuten Anlauf fehlte. Vielleicht hatte er aber auch einfach die Wettervorhersage gesehen.

Gegen einen unangenehmen Wind auf einem der schwierigsten Golfplätze der britischen Inseln hatten McIlroy und alle anderen Starter bereits am Donnerstag und Freitag spielen müssen. US-Medien nannten die ersten zwei Tage „Carnage of Troon“, ein golferisches Gemetzel an einem Ort, der derart offen und windungeschützt ist, dass selbst die besten Spieler der Welt auf einmal aussehen wie Amateurspieler bei einer Nachmittagsrunde. Und dann kam auch noch der Regen.

Ein schottisches Phänomen konnte man am Samstag bestaunen, das insbesondere auf Golfplätzen auftritt. Der Regen, er kommt an solchen Tagen von oben, bis er auf den Wind trifft, der ihn seitlich gegen die Kleidung weht und jegliche Taktik, sich mit Schirmen zu schützen, ad absurdum führt. Gleichzeitig wird das lange Schwingelgras, das an der Küste auf den Plätzen wächst, ebenfalls befeuchtet – die Wassertropfen fließen allerdings nicht ab, sondern bleiben an den langen Halmen hängen, weshalb Socken und Schuhe vor Wasser triefen und einen das Gefühl beschleicht, dass es auch von unten nach oben regnet. Kurzum: Ein Bad im benachbarten Atlantik hätte für die Spieler denselben Effekt gehabt wie eine Runde Golf – es wäre vielleicht gar ein wenig wärmer gewesen im Wasser als an Land.

Nasser Samstag: Die Briten ertrugen das schottische Sauwetter stoisch wie immer, während die durchnässten Spieler litten. (Foto: Andy Buchanasn/AFP)

Selbst die tapferen Zuschauer am Ort waren unter diesen Umständen nur noch in eher spärlichen Gruppen unterwegs. Allerdings: Es wurde aus alldem auch eine der wundervollsten Open Championships der vergangenen Jahre. Ein Turnier, bei dem die besten Eigenschaften des Golfsports kulminieren, der sich seit jeher nicht als Kampf zwischen Spieler und Spieler, sondern als individueller Kampf zwischen Spieler und Platz versteht.

Gerade beim ältesten Turnier der Welt braucht es dafür die Elemente: Die historischen Plätze, auf denen The Open ausgespielt werden, wurden zu Zeiten gebaut, als Schläger noch aus Holz gefertigt waren und nicht aus Materialien, die in der Weltraumforschung entwickelt wurden. Manchmal führt das zu Situationen wie vor zwei Jahren, als die 150. Ausgabe in St. Andrews ausgespielt wurde, wo eine Woche lang bestes Sommerwetter bei lauen Lüftchen vorherrschte. Ein Spieler nach dem anderen demontierte damals das altehrwürdige „Home of Golf“, es war ein Gemetzel der anderen Art, das auch beim Veranstalter die Sorge aufkommen ließ, in Zukunft chancenlos zu sein gegen die aufgepumpten Muskelprotze, zu denen sich die Spieler entwickelt haben, während die Plätze in ihren wesentlichen Zügen dieselben wie immer sind.

Finsterer Freitag: Rory McIlroy scheiterte in Troon/Schottland am Cut, durfte aber wenigstens am Wochenende pausieren. (Foto: Jon Super/AP)

Es braucht also die Elemente wie nun in Troon, damit die Open Championship ein wahrer Test für die Sportler ist. Insofern kann man es auch als Triumph für ganz Schottland und seine favorisierte Sportart verstehen, dass am späten Freitagnachmittag ein Privatjet nach dem anderen am Flughafen von Prestwick abhob, dessen Landebahn gerade einmal einen Kilometer vom Golfplatz entfernt beginnt.

Tiger Woods nahm in einem solchen Jet Platz, nachdem er vorab große Worte gesprochen hatte („Ich kann weiterhin gewinnen“) und dann sportlich einmal mehr an seine Grenzen gestoßen war (nur elf Spieler waren noch schlechter). Auch McIlroy flog davon, nach einem der schwächsten Auftritte seiner Karriere, mit dem feststand, dass er auch im zehnten (!) Jahr bei der Suche nach einem weiteren Major-Titel erfolglos bleiben wird. „Es gibt noch andere Turniere zu spielen in diesem Jahr“, redete McIlroy sich einmal mehr selbst gut zu. In zwei Wochen wird er bei den Olympischen Spielen antreten. Immerhin: Im „Le Golf National“ außerhalb von Paris ist kein Regen von unten zu erwarten.

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