Olympisches Basketballturnier:"Wir sind nur ein Team!"

Am Sonntag spielt das amerikanische Basketballteam gegen Gastgeber China - es wird meistgesehene Basketballspiel aller Zeiten. Die Nachfolger von Michael Jordan geben sich zurückhaltend.

Thomas Becker

Im Gänsemarsch schlurfen sie rein, die Hände tiefstmöglich in den weiten Sport-hosen versenkt, kommen vor Coolness kaum von der Stelle, bauen sich mühsam neben-einander auf. Entspannter geht's nicht, nur der Ipod im Ohr fehlt. Zwölf Riesen in dunkelblauen Trikots, auf eine einheitliche Hosenfarbe konnten sie sich nicht einigen. Egal, sie sind sowieso das coolste Dutzend unter den mehr als 10.000 Olympia-Athleten, die fabelhaften Glamourboys der Spiele.

Olympisches Basketballturnier: LeBron James: Olympia ist "zehn oder 20 Mal größer als die NBA".

LeBron James: Olympia ist "zehn oder 20 Mal größer als die NBA".

(Foto: Foto: dpa)

Mehrere hundert Journalisten haben im kinosaalgroßen Presseraum auf den Auftritt der US-Basketballer gewartet, einige klatschen Beifall, als sie die NBA-Stars sehen. Die Vorfreude ist gewaltig, sie kumuliert am Sonntag, 22.15 Uhr Ortszeit, im Wukesong Indoor Stadium in der Partie USA gegen China. Chinesische Medien sehen darin ein historisches Sportereignis, das wohl meistgesehene Basketballspiel aller Zeiten: "Das Basketball-Äquivalent zur so genannten Ping-Pong-Diplomatie von 1971", schreibt die Tageszeitung ng China Daily. Sogar Sportsfreund George W. Bush soll bei Staatspräsident Hu Jintao wegen Eintrittskarten nachgefragt haben. NBA-Sieger Dwyane Wade sagt: "Dieses Spiel ist so groß wie die Super Bowl, wenn nicht größer."

Am Mittwoch waren die potentiellen Helden in Peking gelandet und hatten schon am Flughafen für einen veritablen Menschenauflauf gesorgt. Hysterisches Krei-schen, "Kobe"-Sprechchöre - doch die Truppe entschwand grußlos durch einen Nebenausgang.

Ins olympische Dorf ging's lediglich zu einem kurzen Pflichtbesuch bei einem recht bekannten Bulettenbrater sowie beim Superstar-Kollegen Michael Phelps und bei der 41-jährigen Dara Torres. "Die wollte ich unbedingt treffen", erzählt Jason Kidd, Goldmedaillengewinner von Sydney, "sie gibt mir Hoffnung." Kidd ist 35, der Älteste im Team. Der Flachs blüht, LeBron James spricht von einem "joking team", in dem jeder über jeden Witze macht: "Niemand ist sicher." Es könnte auch Galgenhumor sein, denn es ist mal wieder wie immer, wenn die NBA-Auswahl bei Olympia antritt: Sie kann eigentlich nur verlieren. LeBron James weiß das: "Wir haben eine Menge zu beweisen."

Von den 16 Olympia-Turnieren seit 1936 haben die USA zwölf gewonnen, von 115 Spielen nur fünf verloren. Um das Ziel gibt es folglich keine Diskussion, und auch die Art und Weise, wie es erreicht werden soll, ist unstrittig: in Teamarbeit. Fragen nach dem Dream Team Teil X beantworten die Vertreter der neuen Ge-neration einmütig und im gleichen Duktus. "1992 ist unerreicht", sagt Kobe Bryant, Kollege Jason Kidd meint: "Es gibt nur ein Dream Team, und das war 1992. Das hier ist nur ein Team."

Die Nachfolger von Magic Johnson, Air Jordan und Larry Bird firmieren unter dem Namen "Redeem Team": Das "Wiedergutmachungs-Team" soll die Niederlagen von Athen vergessen machen. Damals landete eine mäßig motivierte Truppe um Tim Duncan und Allen Iverson auf dem Bronze-Rang - nur 1988 war das US-Team ähnlich schwach. Vier Spieler des aktuellen Ka-ders standen schon vor vier Jahren in der Mannschaft: Dwayne Wade, Anthony Carmelo, Carlos Boozer und LeBron James.

Der will sich an 2004 gar nicht mehr erinnern: "Ich war da, aber ich war kein großer Teil der Mannschaft", sagt der Star der Cleveland Cavaliers. Das wird sich wohl ändern: Neben Kidd, Anthony, dem Center Dwight Howard und Kobe Bryant dürfte James zur Startformation gehören. Auf das Zusammenspiel mit der Diva aus Los Angeles freut er sich besonders: "Seit ich zwölf bin, ist Kobe mein Idol. Ich schaue zu ihm auf."

USA-Flair in Peking

Im Oktober 2005 hatte der renommierte College-Coach Mike Krzyzewski, 61, den Trainer-Job übernommen und mit einem Pool von Spielern eine Übereinkunft für drei Jahre getroffen. Die Spieler von "Coach K" wissen, dass sie das Image der Auswahl innerhalb und außerhalb des Platzes ändern mussten, dass sie sich keine Auftritte im Stil der Harlem Globetrotters leisten können. "Die Defensive gewinnt die Spiele, die Offensive verkauft die Tickets", doziert James. Für ihn ist Olympia "zehn oder 20 Mal größer als die NBA".

Ganz fremd wird er sich nicht fühlen müssen am Sonntagabend, denn ein wenig USA-Flair wird auch in Peking zu spüren sein. 35 NBA-Mitarbeiter sind mit nach China gefahren, um bei der Präsentation der Basketballspiele zu helfen: laute Musik, bunte Light-Show, sogar die Che-erleader wurden von den Amerikanern in-struiert. Die NBA will wachsen in Fernost, angeblich verfolgen bereits 450 Millionen Chinesen die Spiele in den Staaten. Im September finden in Peking noch mehrere Events statt, im Oktober folgen die NBA China Games.

Doch der wichtigste Termin für das so demonstrativ relaxte US-Team ist zu-nächst einmal der 24. August, wenn das Finale gespielt wird. Am Tag zuvor hat Kobe Bryant Geburtstag, einen runden auch noch: Er wird 30. Bryant wird war-ten müssen mit der Feier. Bei aller Coolness: Die Party-Zeiten sind vorbei.

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