Süddeutsche Zeitung

Olympische Spiele:IOC will Fackellauf künftig einschränken

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Am Mittwoch ist das olympischen Feuer in San Francisco unterwegs. Es könnte seine letzte Weltreise sein: Führende IOC-Mitglieder wollen die Fackel künftig nur noch durch Griechenland und das jeweilige Gastgeberland der Spiele schicken.

Der olympische Fackellauf 2008 wird ungeachtet der gewalttätigen Proteste in London und Paris wie geplant fortgesetzt, doch es könnte die letzte Weltreise des Feuers sein. Bei der Generalversammlung aller 205 Nationalen Olympischen Komitees (ANOC) in Peking sprachen sich führende IOC-Mitglieder für die Beschränkung der Tour durch Griechenland und das jeweilige Gastgeberland der Spiele aus.

Die Probleme des Fackellaufs dürften bei der einstündigen Zusammenkunft von IOC-Präsident Jacques Rogge mit Chinas Premier Wen Jiabao am Mittwochabend zur Sprache gekommen sein. "Es war ein gutes Meeting zu mehreren Themen", teilte das Internationale Olympische Kommitee allerdings lediglich mit.

Nachdem sich Rogge bereits am Vortag klar zur Fortsetzung des Fackellaufs bekannt hatte, bekräftigte er dies auch am nächsten Morgen beim Treffen mit NOK-Präsidenten. "Die Botschaft ist, dass die Tour nicht geändert wird", sagte Hongkongs IOC-Mitglied Timothy Fok anschließend. DOSB-Präsident Thomas Bach meinte: "Es ist davon auszugehen, dass der Fackellauf weitergeht. Alles andere wäre ein Zurückweichen vor der Gewalt."

"Probleme können wir nicht gebrauchen"

Bei einer außerordentlichen Zusammenkunft der IOC-Exekutive am Nachmittag sei das Thema indes überhaupt nicht angesprochen worden, betonte der IOC-Vize. Die längste Weltreise des Feuers überhaupt wird mit großer Wahrscheinlichkeit aber die letzte gewesen sein. "Wir müssen hier etwas ändern. Die derzeitigen Probleme können wir nicht gebrauchen", erklärte ANOC-Präsident Mario Vazquez Rana aus Mexiko.

Am Mittwoch macht das Feuer in San Francisco Station, wo erneut Demonstrationen erwartet werden. Nächste Station ist am Freitag Buenos Aires. Es folgen zwölf weitere Städte in Afrika, Australien und Asien, ehe über Hongkong und Macao am 4. Mai wieder Festland-China erreicht wird. Tibet steht vom 19. bis 21. Juni auf dem Programm. Bereits zuvor soll eine zweite Flamme im Mai auf den Mount Everest getragen werden.

Die Organisatoren der Winterspiele 2010 in Vancouver planen - wie bei Winterspielen allgemein üblich - ohnehin nur eine eine Reise über 100 Tage und 35.000 km quer durch das eigene Land, nachdem das Feuer in Griechenland entzündet wird. London 2012 hat sich dagegen über den Fackellauf "noch keine Gedanken gemacht", wie OK-Chef Lord Sebastian Coe erklärte.

Rana überrascht IOC-Mitglieder

Unterdessen strich die Generalversammlung der 205 NOKs kurz vor ihrem Abschluss noch das Wort "Tibet" aus einer Erklärung, die am Donnerstag Grundlage für eine Resolution des IOC zur Unterstützung der Sommerspiele (8. bis 24. August) sein soll. Damit überraschte Präsident Rana allerdings viele Mitglieder, denen die neue Formulierung nur vorgelesen wurde, ehe sie per Akklamation angenommen wurde. "Das Vorgehen war grenzwertig, aber der Inhalt unseres Vorstoßes ist geblieben. Das es um Tibet geht, weiß ohnehin jeder", sagte DOSB-Generalsekretär Michael Vesper.

Nun heißt es im ANOC-Papier: "Wir vertrauen darauf, dass sich die chinesische Regierung zum Vorteil der Olympischen Spiele und ihrer Athleten bemüht, durch Dialog und Verständigung eine faire und angemessene Lösung für inländische Konflike zu finden." Zwei Tage zuvor war in der Erstfassung noch vom Konflikt "in der Region Tibet" die Rede. Ob die Änderung auf Druck Chinas erfolgte, wollte Rana nicht kommentieren.

Beim gemeinsamen Meeting von ANOC und IOC-Exekutive am Donnerstag ist die Verabschiedung der Resolution geplant. In ihr sollen auf Initiative von Degenfechterin Claudia Bokel auch die Rechte der "mündigen Athleten" gestärkt werden. Sportler sollen ihre politische Meinung auch während der Spiele auf Pressekonferenzen oder in Interviews frei äußern dürfen.

Unterdessen entzweit der Umgang mit den derzeitigen Konflikten die deutschen Sportfunktionäre. Der DOSB-Generalsekretär Michael Vesper wehrte sich gegen Kritik von Manfred von Richthofen. Der DOSB-Ehrenpräsident hatte in einem Interview des Berliner Tagesspiegel den eigenen Verband kritisiert, der frühzeitig einen Boykott der Olympischen Spiele in Peking ausgeschlossen hatte. Dies nannte von Richthofen ein "unsensibles Vorgehen". Vesper konterte nun: "Das war nicht unbedingt feiner Stil", sagte der Generalsekretär, der sich derzeit in Peking aufhält.

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