Internationaler Fußball:Randalierer schockieren Olympique Marseille

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Protestplakat gegen Präsident Jacques-Henri Eyraud in Marseille (Foto: AP)

Der Angriff vermummter Anhänger lässt Spieler und Funktionäre von Olympique Marseille fassungslos zurück. Nach Vereinsangaben sei die Lage "lebensbedrohlich" gewesen.

Rauchbomben, Feuerwerksraketen, eingetretene Gittertore, brennende Bäume: Ein vermummter Mob hat das Vereinsgelände von Olympique Marseille am Samstagnachmittag in eine Krisenregion verwandelt. Die wütenden Ultras des französischen Traditionsklubs machten offenbar auch vor Spielern und Klubangestellten nicht Halt. Die berühmte Heißblütigkeit der OM-Anhänger erstickte jede Vernunft, eine weitere Eskalation scheint nicht ausgeschlossen.

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"Der Tag, an dem OM die Kontrolle verloren hat" titelte Frankreichs Sportzeitung L'Equipe am Sonntag, die Regionalzeitung La Provence befand: "Sie haben OM in Brand gesetzt."

Rund 300 aufgebrachte Anhänger protestierten zunächst vor dem Trainingsgelände gegen die sportliche Talfahrt und die Vereinsführung. Dann verschafften sie sich gewaltsam Zutritt in "La Commanderie". 25 Personen wurden von den zeitweise überforderten Polizeikräften verhaftet. Die französische Liga reagierte mit der Verschiebung des für Samstagabend angesetzten Heimspiels gegen Stade Rennes. Wann die Ligue-1-Begegnung nachgeholt werden soll, ist noch offen.

Olympique Marseille verurteilte die Übergriffe in einer Stellungnahme "auf das Schärfste". Der amerikanische Vereinsanwalt Frank McCourt verglich die Geschehnisse mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar. "Was vor einigen Wochen in Washington DC passiert ist und was Samstag in Marseille passiert ist, folgt einer vergleichbaren Logik", schrieb McCourt am Sonntag in einer Erklärung auf der Webseite des Klubs.

Nach Vereinsangaben sei die Lage für die anwesenden Spieler, Mitarbeiter und Sicherheitskräfte "lebensbedrohlich" gewesen. Laut L'Equipe wurde sogar auf OM-Verteidiger Alvaro Gonzalez geschossen, was der Klub allerdings nicht bestätigte.

"Was wir heute erlebt haben, darf nie wieder passieren"

"Ich bin zu Olympique de Marseille gekommen wegen seiner Geschichte und der Leidenschaft, die ihn umgibt", wurde der Spanier am Samstagabend auf der OM-Webseite zitiert: "Diese Stadt ist wunderbar, wir alle lieben diesen Verein, aber was wir heute erlebt haben, darf nie wieder passieren". So entstand nach Vereinsangaben auch ein erheblicher Sachschaden im Wert von mehreren hunderttausend Euro.

"Olympique de Marseille verfügt über sämtliche Beweise. Diese wurden umgehend an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet. In den nächsten Stunden werden Klagen eingereicht, um die Rechte des Vereins gegen diese Barbarei geltend zu machen", betonte der neunmalige Meister.

Marseille, Champions-League-Sieger von 1993, ist in der Tabelle der Ligue 1 nach zuletzt drei Niederlagen aus den Europacuprängen gerutscht. Trainer Andre Villas-Boas erklärte am Freitag, er werde seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern. "Wir müssen aufräumen. Ich bin für die Ergebnisse verantwortlich, und im Moment sind sie furchtbar", sagte der Portugiese. Der im Dezember bei Borussia Dortmund entlassene Lucien Favre wird als Nachfolger gehandelt. Ob sich der sensible Schweizer das wirklich antun will?

Seit Wochen organisieren die OM-Fans Proteste vor den Heimspielen. Am Samstag wurden auffällig viele Transparente, auf denen die Vereinsführung attackiert wird, in der ganzen Stadt aufgehängt. "Folgt AVB (Abkürzung des Trainernamens, d.Red), raus hier", "Pariser, raus hier", "Gebt uns OM zurück", lauteten einige von ihnen.

Der in Paris geborene OM-Präsident Jacques-Henri Eyraud war zuletzt zur Zielscheibe geworden. Er hatte geäußert, im Verein würden aus seiner Sicht zu viele Menschen aus der Stadt und Anhänger des Klubs arbeiten. Vom Gewaltexzess zeigte sich Eyraud unbeeindruckt: Er wolle mit "äußerster Härte gegen diese Störenfriede" vorgehen.

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