Süddeutsche Zeitung

Aussichtslose Olympia-Bewerbung:Ahnungslos an Rhein und Ruhr

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Bei der Bewerbung um Olympia 2032 hat Armin Laschet Träumereien wichtiger genommen als sportpolitische Realitäten. Noch beunruhigender ist, wie der CDU-Chef auf die Pleite reagiert.

Kommentar von Claudio Catuogno

Da muss man jetzt natürlich erst mal drüber hinwegkommen als emotional leicht erregbarer Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen: Die olympischen Schwimmwettkämpfe im Sommer 2032 werden nicht in der Arena auf Schalke stattfinden, die olympischen Boxer hauen sich nicht in der Yayla-Arena in Krefeld auf die Mütze, und das olympische Dorf wird nicht auf dem Projektgebiet Freiheit Emscher im Norden von Essen entstehen. Dabei hatten doch Studierende des Fachs Raumplanung der TU Dortmund eigens so eine schöne Modellstadt entworfen!

Kein Zweifel, NRW wäre bereit gewesen für Olympia und ist es immer noch. Armin Laschet hat schon das Streichholz in der Hand, um die Flamme zu entzünden, und dass er selbst brennt für die Sache, daran kann es nach seiner zornigen Pressekonferenz vom Freitag eh keinen Zweifel geben. Aber was macht das IOC? Ernennt einfach Brisbane zum bevorzugten Kandidaten und damit quasi zur Olympiastadt 2032. Am Mittwoch - wo doch Laschet eigens für Freitag "die Stadtoberhäupter der am Konzept beteiligten Kommunen, die Vertreter des Landessportbundes und des Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes Nordrhein-Westfalen sowie Michael Mronz, Initiator und Gründer von Rhein Ruhr City 2032", eingeladen hatte, um sich "über den aktuellen Planungsstand" auszutauschen. Schrecklicher Verdacht: Findet das IOC Nordrhein-Westfalen womöglich gar nicht so toll, wie Armin Laschet das erwartet hat?

Ja, das ist alles recht peinlich gelaufen für den neuen Parteichef der CDU. Richtig beunruhigend ist allerdings, wie Laschet jetzt auf die Olympia-Pleite reagiert.

Als Erstes hat Laschet in Lausanne angerufen und Thomas Bach die Meinung gegeigt: Der Hinterzimmer-Beschluss für Brisbane sei "nicht die Transparenz, die das IOC nach eigener Selbstbekundung wünscht", erklärte er dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees, was diesen sicher in größte Gewissensnöte gestürzt hat. Dann hat Laschet auf den Deutschen Olympischen Sportbund eingedroschen: Der DOSB müsse sich überlegen, ob man, statt selbst zuzugreifen, "lieber auf die dritte, vierte und fünfte australische Stadt oder die dritte und vierte aus Frankreich wartet". Peng! Das saß auch, denn wenn die Deutschen jetzt auf so absurde Kandidaten wie, sagen wir: Melbourne oder Marseille warten würden, wird das ja wirklich nie was mit Olympia in Bochum, Duisburg und Recklinghausen.

Natürlich ist das IOC ein intransparenter Interessenklüngel

Und sonst? Macht Laschet einfach weiter. Die Kandidatur bleibt bestehen, irgendwann will er die Bevölkerung in den 14 beteiligten Städten befragen, ob sie die Spiele, die doch zu 99 Prozent in Brisbane stattfinden, 2032 an Rhein und Ruhr haben wollen. Oder im Zweifel halt 2036 - hundert Jahre nach den Nazi-Spielen von Berlin 1936. Dass sich die olympische Familie dafür begeistern würde, kann man sich ja auch noch einreden, wenn man nach nun sieben (!) vermasselten deutschen Olympia-Bewerbungen in Serie auch gleich die achte in den Sand setzen will, indem man seine eigenen Träumereien wichtiger nimmt als die sportpolitischen Realitäten.

Natürlich ist das IOC ein intransparenter Interessenklüngel. Natürlich hat sich der DOSB nicht über Gebühr für die Rhein-Ruhr-Initiative eingesetzt. Das Problem war, etwas anderes zu erwarten. Der DOSB habe offenbar "kein Gespür dafür, was sich im IOC tut", sagte Laschet am Freitag allen Ernstes. Dass Brisbane in Bachs IOC für 2032 fast gesetzt war, hätte Laschet allerdings auch in der Zeitung nachlesen können.

Dass Michael Mronz allen permanent etwas anderes erzählte, um für sein privatwirtschaftlich finanziertes Rhein-Ruhr-Projekt Mittel einzuwerben - das ist ihm als privatem Sportvermarkter unbenommen. Wenn allerdings Armin Laschet auch anderen Herausforderungen so schlecht informiert, lausig beraten und mit patziger Arroganz begegnet wie dieser, wird der olympische Sinnspruch "Dabei sein ist alles" am Ende noch das Motto seiner möglichen Kanzlerkandidatur.

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