Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch:Zehnfach erleichtert

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Maria Höfl-Riesch nach ihrem Sieg in der Super-Kombination (Foto: Getty Images)

Den Job als deutsche Fahnenträgerin bewältigt sie noch recht locker, doch dann steigt der Druck: Extrem nervös geht Maria Höfl-Riesch in die Super-Kombination. Am Ende holt sie Gold - und ist überwältigt.

Von Carsten Eberts, Krasnaja Poljana

Ach was! Das sei keine Erleichterung, sagte Maria Höfl-Riesch. "Das Zehnfache an Erleichterung", treffe es eher. Zuvor hatte sie bibbernd im Zielbereich gestanden, unsicher den Hang hinaufgeblickt. Doch als Julia Mancuso mit fünf Zehntelsekunden Rückstand die Ziellinie überquerte, fiel etwas von ihr ab.

Höfl-Riesch jubelte kurz, sank auf die Knie. Dann blicke sie sich um, als suche sie bekannte Gesichter, an denen sie sich festhalten kann. "Ich bin fix und fertig", gestand sie wenig später: "Das ist ein so überwältigendes Gefühl, das schönste, das man als Sportler erleben kann."

Gleich der erste alpine Frauen-Wettbewerb hat am Montag mit einer deutschen Goldmedaille geendet. Höfl-Riesch gewann die Super-Kombination, bei der Abfahrt und Slalom gefahren werden. Es ist der Wettbewerb für die größten Allrounder unter den Skifahrern. Nach der Abfahrt war Höfl-Riesch noch Fünfte, schob sich im Slalom nach ganz vorne, siegte vor der Österreicherin Nicole Hosp (+0,40 Sekunden) und der Amerikanerin Julia Mancuso (+0,53). "Wie im Märchen" fühle sie sich, sagte Höfl-Riesch.

Skifahrerin Maria Höfl-Riesch
:Zweite Spiele, drittes Gold

Dreifache Olympiasiegerin, Weltmeisterin, Gesamtweltcup-Siegerin: Maria Höfl-Riesch hat alles gewonnen, was der alpine Skisport zu bieten hat. Doch das reicht ihr nicht. Sie versucht sich auch als Schauspielerin und Buchautorin - jetzt beendet sie ihre Karriere.

Den Job als deutsche Fahnenträgerin hatte sie drei Tage zuvor noch recht locker bewältigt, danach aber stieg der Druck. Gleich für das erste Rennen galt sie als die große, für viele sogar als die einzige Favoritin auf Gold. Nun könnte man meinen, Höfl-Riesch sei mit ihren 29 Jahren erfahren genug, damit umzugehen. Sie hat ja bereits zwei Goldmedaillen gewonnen, 2010 in Vancouver. Auch in dieser Disziplin.

Doch so war es nicht. Sie war angespannt, nervös.

Alpin-Sportdirektor Wolfgang Maier hatte seine Athletin all die Tage zuvor erlebt. "Das ist ein ganz besonderer Sieg für sie", sagte Maier. Überhaupt sei die Goldmedaille "sehr wichtig für das gesamte Alpin-Team". Der Auftakt in die Winterspiele sei nun gelungen. Auf allen anderen Fahrern, die nun ran müssen, laste nicht mehr so ein großer Druck.

Auch Frauen-Bundestrainer Tom Stauffer, der auch unter größter Anspannung gelassen daherkommt, zeigte sich hochzufrieden. Er hatte beide Rennen oben am Hang erlebt, nun adelte er seine beste Fahrerin: "Jede Generation hat ihre Champions", sagte Stauffer, "da spielt Maria jetzt mit." Es ist ihr dritter Olympiasieg, damit zieht Höfl-Riesch mit der großen Katja Seizinger gleich.

Sollte die Super-Kombination speziell für eine Skifahrerin erfunden worden sein, dann wohl tatsächlich für Höfl-Riesch. Im Slalom hat sie 2010 in Vancouver Olympia-Gold geholt, als Abfahrerin zählt sie ebenfalls zur Weltspitze, gilt auch im Einzelrennen als Medaillenkandidatin. Keine andere fährt in den beiden Disziplinen auf derart hohem Niveau.

Nach der Abfahrt war Höfl-Riesch jedoch nur Fünfte gewesen. Zufrieden war sie nicht. Höfl-Riesch hatte vorlegen wollen, kam jedoch im oberen Teil von ihrer Linie ab, patzte beim langen Linksschwung, wie schon im Training. Mit 1,04 Sekunden Rückstand auf Mancuso erreichte sie das Ziel, wusste jedoch: Alle, die vor ihr platziert waren - Mancuso, Lara Gut, Tina Maze und Anna Fenninger - sind im Slalom schlechter als sie. Die nötigen Zehntel sollten sie ihnen im Normalfall abnehmen können.

"Volle Attacke, volles Risiko" bedeute dies für den Slalom, sagte die Deutsche.

Der Slalomhang begann in 1160 Metern Höhe, endete bei 960 Metern. Die Zuschauer konnten die letzten zehn Sekunden live am Hang verfolgen. Noch im Starthäuschen habe sie an ihre vergangenen Erfolge gedacht, erklärte Höfl-Riesch später. Auch an Vancouver vor vier Jahren, wo sie den Wettbewerb schon einmal gewonnen hatte. "Es war so zäh die letzten Tage auf der Abfahrt, auch im Slalom ist es nicht perfekt gelaufen", sagte Höfl-Riesch, "aber ich habe versucht, einfach alles zu geben."

Als Fünftletzte ging Höfl-Riesch in den Hang. Sie meisterte das erste steile Stück, fuhr in der Mitte eher auf Sicherheit. Da ließ die Nervosität nach. Am Ende griff sie an, ließ die Ski laufen.

Für die weiterenTage in Sotschi sind dies glänzende Aussichten. Den Dienstag hat Höfl-Riesch frei, am Mittwoch folgt das Abfahrtsrennen, das sie locker angehen kann. "Es kommt kein tiefer Fall, wenn sie in der Abfahrt nur Fünfte, Sechste oder Siebte wird", sagte Alpindirektor Maier.

Der Druck, den Maria Höfl-Riesch vorher hatte, der ist nun weg.

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