Olympiakos Piräus in der Champions League:Gesperrt, aber trotzdem dabei

Olympiakos Piräus - Evangelos Marinakis

Evangelos Marinakis ist ein reicher Reeder, hat großen Einfluss auf die Politik und besitzt unter anderem die Mehrheit an Olympiakos Piräus.

(Foto: Alexandros Vlachos/dpa)
  • Kaum ein Verein in Europa hat in seinem Land eine solche gesellschaftliche Basis wie Olympiakos Piräus.
  • Der Klubboss steht allerdings in einem Manipulationsskandal unter Verdacht.
  • Seine Rivalen wollten den Klub von der Champions League ausschließen lassen - vergeblich.

Von Johannes Aumüller und Niels Kadritzke

Vor den Wahlen in Griechenland am Sonntag ist nur eines gewiss: Die absolute Mehrheit wird keine Partei erreichen. Das wäre wohl anders, würde Olympiakos Piräus auf den Stimmzetteln stehen. Kein Grieche zweifelt daran, dass der Traditionsverein aus der Hafenstadt die stärkste Fraktion im Land ist.

Die Begeisterung für den "Thrillos" (zu deutsch: die Legende) aus Piräus ist flächendeckend. In jeder Kleinstadt zwischen albanischer Grenze und Rhodos lässt sich ein Fan-lokal mit der rot-weiß-gestreiften Vereinsfahne finden - und noch im letzten Dorf eine Mauer mit der Inschrift "Thira 7", die an die größte Tragödie der Vereinsgeschichte erinnert. Im Februar 1981 starben 21 Zuschauer, erdrückt und zu Tode getreten am verschlossenen Tor von Block 7 des alten Karaiskaki-Stadions.

Kaum ein Verein in Europa hat in seinem Land eine solche gesellschaftliche Basis, kein Verein in Griechenland eine solche Bilanz (42 Meister-, 27 Pokaltitel). In diesem Jahr spielt Olympiakos mal wieder in der Gruppenphase der Champions League, zum Auftakt geht es gegen den FC Bayern (Mittwoch, 20.45 Uhr). Dabei ist es für manche fragwürdig, dass der Verein an dem Wettbewerb überhaupt teilnimmt. Denn er ist verstrickt in den Manipulationsskandal, der das Land seit längerem erschüttert. Im Juni sperrte ein Ermittlungsrichter Piräus' Präsidenten Vangelis Marinakis für alle Fußballaktivitäten - doch Europas Verband (Uefa) kümmerte das nicht.

"Griechischer Berlusconi"

Marinakis, 48, ist der Haupteigentümer der Unternehmensgruppe Capital Maritime & Trading Corp (Börsenwert knapp eine Milliarde Dollar), 2010 erwarb er die Aktienmehrheit des Vereins. Anders als manche seiner Rivalen zog er auch während der Krise das Geld nicht ab. Seine politischen Ambitionen offenbarte Marinakis, als er 2014 seinen Adlatus und Olympiakos-Vizepräsidenten Yannis Moralis als Bürgermeister von Piräus durchbrachte - gegen die Bewerber der etablierten Parteien. Auf allen Wahlspots schwebte im Hintergrund die rot-weiße Fahne. Und natürlich warb auch Antonis Nikopolidis, Torwart-Legende und grau melierter Frauenschwarm, für den Kandidaten seines Vereinsbosses.

Marinakis wird häufig als "griechischer Berlusconi" bezeichnet. Aber der Vergleich hinkt, weil er nie in die aktive Politik drängte. Dafür hat er gar keine Zeit, sagt der Reeder. Aber er hat es auch nicht nötig. Denn er mischt sich, wie die Zeitung To Vima kommentiert, in die Politik weit offener ein als andere Unternehmer, die es vorziehen, hinter den Kulissen zu wirken.

Marinakis dagegen benimmt sich wie der König von Piräus, der über den Gesetzen steht. Einmal legte er sich mit dem Polizeichef von ganz Griechenland an, dem er indirekt vorwarf, die Konkurrenten seines Klubs zu begünstigen. So könne man mit "dem größten griechischen Sportverein und damit dem größten Teil der Bürger dieses Landes" nicht umspringen.

Marinakis im Visier der Ermittler

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Auch im vergangenen Jahre spielte Piräus in der Champions League - hier ärgert der Klub Manchester United.

(Foto: AFP)

Die Frage ist nur, wie sie mit diesem Klub umspringen sollen. Seit Juni 2011 untersuchen griechische Staatsanwälte einen gigantischen Manipulationsskandal. Sie eruieren, wie in Griechenland Liga- und Pokalspiele im Interesse eines kriminellen Netzwerks, das sich über sieben Länder erstreckte, manipuliert wurden. Da Olympiakos an einigen verdächtigen Spielen mitwirkte, geriet auch Marinakis ins Visier der Ermittler.

Nach Auswertung von mitgeschnittenen Telefongesprächen (daher der Name "Koriopolis", also Wanzengate, für den ganzen Fall) entstand der Eindruck, dass Marinakis an Absprachen über Spielresultate beteiligt war und sich insbesondere in die Ansetzung der Schiedsrichter eingemischt habe. Der ermittelnde Staatsanwalt Korais nahm den Olympiakos-Chef im Juli 2014 in die Liste der Beschuldigten auf. Drei Monate später musste Korais den Fall ohne jegliche Begründung abgeben.

Einen Regierungswechsel und zwölf Monate später brachte derselbe Staatsanwalt im Sommer 2015 einen weiteren Skandal ins Rollen. Marinakis musste wieder zum Verhör. Der Ermittlungsrichter ließ ihn nur gegen die Zahlung einer Kaution von 200 000 Euro auf freien Fuß, zudem gab es einen Bann für sämtliche Fußballaktivitäten. Marinakis, der alle Vorwürfe abstreitet, verkündete trotzig, als Besitzer weiterhin der "Garant der Zukunft" seines Klubs zu sein. Seine ewigen Widersacher aus den Athener Klubs Panathinaikos und AEK hingegen beantragten bei der Uefa, Olympiakos von der Champions League auszuschließen - vergeblich. Die Disziplinarkammer der Uefa wies die Forderung zurück, kurz danach bestätigte das der Internationale Sportgerichtshof (Cas).

Mancher Beobachter verweist auf ein Geschmäckle

Das passte nicht so recht zur "Null-Toleranz-Politik", die der europäische Verband in der Manipulationsbekämpfung seit Jahren beteuert. Mancher Beobachter verweist zudem auf ein Geschmäckle: Als stellvertretender Generalsekretär der Uefa arbeitet Theodoros Theodoridis, Sohn eines Präsidiumsmitgliedes von Olympiakos. Der Verband weist einen Zusammenhang zurück, Theodoridis sei nicht involviert in die unabhängigen Disziplinarkammern.

Die Uefa begründet ihre Zurückhaltung damit, dass weder der griechische Verband noch das Strafgericht in Athen ein abschließendes Urteil gefällt hätten. Zudem betont sie, dass die Entscheidung pro Piräus einstweilig sei. Erst kürzlich gab es einen Fall, in dem sich die Uefa den Vorwurf einhandelte, zögerlicher zu reagieren als eine nationale Justiz. 2011 verhängte ein türkisches Gericht in einem Manipulationsfall rund um Fenerbahce Istanbul harte Urteile. Die Uefa drängte zwar den türkischen Verband, den Klub für die anschließende Champions-League-Saison zu ersetzen, aber sie sanktionierte erst 2013 und nach öffentlichen Druck durch Aktivisten anderer Istanbuler Klubs das Vergehen. Vielleicht hat der Skandal in Griechenland also später noch einmal Folgen für Olympiakos, vielleicht aber auch nie.

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