Olympia:U 21 bei Olympia: Wer darf nach Rio?

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U21-Coach Horst Hrubesch (M.) geht in sein letztes Turnier. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Erstmals seit 28 Jahren nimmt wieder eine deutsche Männermannschaft an Olympischen Sommerspielen teil.
  • Knapp 40 Profis, die für das Turnier in Frage kommen, werden von der Welt-Anti-Doping-Agentur überwacht.
  • Die Vereine befürchten den Ausfall wichtiger Spieler zu Saisonbeginn.

Von Ulrich Hartmann, München

Das Olympiafieber des deutschen Fußballs geht mit Risiken und Nebenwirkungen einher. Weil im August erstmals seit 28 Jahren wieder eine deutsche Männermannschaft an Sommerspielen teilnimmt, fürchten viele Klubmanager den Verlust wichtiger Spieler in der finalen Saisonvorbereitung. Weil die potenziellen Olympiafußballer überdies schon jetzt den Doping-Richtlinien des Internationalen Olympischen Komitees verpflichtet sind, müssen die Klubmanager zudem auf die Zuverlässigkeit ihrer Profis im Umgang mit dem Online-Meldesystem Adams vertrauen. Wer hier schludert, riskiert eine Sperre - und das wäre noch schlimmer, als nur in der Saisonvorbereitung zu fehlen.

Weil es keine Abstellpflicht für Spieler zum olympischen Fußballturnier gibt, haben die Manager der Erstligisten soeben ein "Gentlemen's Agreement" mit dem Deutschen Fußball-Bund getroffen und sich bereit erklärt, dass jeder Bundesligist maximal zwei Spieler zum Olympiaturnier freigibt. Wer einen ausländischen Spieler für dessen Olympia-Nationalteam abstellt, bräuchte demnach bloß noch einen Spieler für den deutschen Olympiakader des Bundestrainers Horst Hrubesch herzugeben. Vereine, die im Sommer Qualifikationsspiele zur Europa League oder zur Champions League bestreiten müssen, sollen von der Vereinbarung befreit werden und gar keinen Spieler freigeben müssen.

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Die Welt-Anti-Doping-Agentur überwacht knapp 40 junge deutsche Fußballprofis

Für die potenziellen Kandidaten hat sich derweil schon jetzt viel verändert. Knapp 40 junge deutsche Fußballprofis müssen seit Ende Januar regelmäßig ihren Aufenthaltsort preisgeben. Das "Anti- Doping Administration and Management System", kurz: Adams, ist eine Online- Datenbank der Welt-Anti-Doping-Agentur. Sie verwaltet die Aufenthaltsinformationen aller Athleten zum Zweck der Kontrollplanung. Doping-Prüfer wollen wissen, wo sich die Athleten täglich zwischen 6 und 23 Uhr aufhalten. In diesem Zeitraum können sie auch jederzeit getestet werden.

Von "Adams" sind Athleten anderer Olympiasportarten schon ganz schön erschreckt worden. 2008 haben der Berliner Eishockeyspieler Florian Busch und der Neusser Hockeyspieler Sebastian Draguhn Dopingkontrollen verpasst. Busch hat den Kontrolleuren die Haustür nicht geöffnet und erst viereinhalb Stunden später eine Urinprobe abgegeben.

Draguhn war gerade auf dem Schützenfest, als ihm ein Kontrolleur telefonisch mitteilte, er habe ihn nicht antreffen können. Beide Spieler haben später Betrugsvorwürfe entkräften und Fahrlässigkeit glaubhaft machen können. Draguhn wurde nur für drei Monate gesperrt, Busch zog gegen seine Sperre durch die Instanzen - erfolgreich.

Vergleichbares droht nun auch inakkuraten Fußballprofis. Ende Januar hat der Deutsche Fußball-Bund der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) eine Liste mit den Namen von etwa 40 Fußballern übermittelt. Das ist der deutsche Perspektivkader für das olympische Fußballturnier. Aus dieser Liste muss Hrubesch in Absprache mit dem Bundestrainer Joachim Löw und dem Sportdirektor Hansi Flick bis Juli 18 Spieler (16 Feldspieler, zwei Torhüter) für den endgültigen Olympiakader herausfiltern. Stichtag für Olympiaspieler ist der 1. Januar 1993, maximal drei Spieler dürfen auch vor diesem Tag geboren und also älter sein. Der DFB nennt die Namen der Spieler aus dem erweiterten Kader nicht. Die Nada ebenfalls nicht. "Aus Datenschutzgründen", heißt es dort.

Der Bundesligist Hertha BSC Berlin hat seine beiden Olympia-Perspektivspieler indes selbst verraten: Mitchell Weiser und Niklas Stark. "Ich möchte unbedingt bei Olympia dabei sein, und dazu gehört eben, dass ich der Anti-Doping-Agentur jetzt immer mitteile, wo ich mich aufhalte und wo ich schlafe", sagt Weiser. Die beiden Herthaner müssen nun aufmerksamer mit ihrer Tagesplanung und der Kommunikation darüber umgehen. "Ich stehe jetzt auf dieser Liste und muss mit Kontrollen rechnen", sagt Stark, "wir haben eine App auf unser Smartphone bekommen, in die wir immer eintragen müssen, wo wir sind." Im Fußball sei das sonst nicht so streng "wie etwa in der Leichtathletik", so Stark, "aber da müssen wir uns jetzt anpassen, und es ist ja auch nur für einige Monate."

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Stark und Weiser stehen auch im aktuellen Kader der U21, die am Donnerstag in Frankfurt gegen Färöer spielt (18 Uhr, Eurosport) sowie am Dienstag in Russland (19 Uhr, n-tv). Man kann davon ausgehen, dass die aktuellen U21-Spieler auch im Olympia-Perspektivkader stehen. Für den 64-jährigen Westfalen Hrubesch markiert das olympische Turnier den Abschluss seiner Tätigkeit. U19-Bundestrainer Marcus Sorg wird die U21 ab September übernehmen und versuchen, sie zur Europameisterschaft 2017 nach Polen zu führen.

Die Auslosung der vier Vierergruppen für das olympische Turnier findet am 14. April in Rio statt. Im Juli absolviert die deutsche Elf ihren Olympia-Lehrgang. Am 4. August beginnt das Turnier. Am 20. August, einem Samstag, ist das Endspiel im Maracanã. An jenem Wochenende wird in Deutschland auch schon die erste Runde im DFB-Pokal ausgetragen. Eine Woche später beginnt die Bundesliga- Saison. Ist das Olympiafieber dann vorbei, drohen auch keine diesbezüglichen Risiken und Nebenwirkungen mehr, höchstens Nachwirkungen.

© SZ vom 23.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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