Tennis bei Olympia:Wunderbar verrückte Doppel-Welt

Tennis - Olympics: Day 4

Zwei Fäuste für ein Viertelfinale. Andy Murray und Joe Salisbury aus Großbritannien gewinnen gegen das deutsche Paar Tim Pütz und Kevin Krawietz.

(Foto: Clive Brunskill/Getty)

Favoriten scheiden aus, dafür erreichen Alexander Zverev und Jan-Lennard Struff das Viertelfinale im Tennis-Doppel. Doch der Brite Andy Murray will seine vierte Olympia-Medaille gewinnen.

Von Jürgen Schmieder

Es gibt beim olympischen Basketballturnier einen interessanten Blickwinkel für die Zuschauer: Aufgrund der zahlreichen Kameras neben dem Spielfeld gibt es die Möglichkeit, bei der Wiederholung prägender Momente die Perspektive des Ballführenden einzunehmen - wohin könnte er passen oder dribbeln, welche Lücken tun sich auf, was würde man selbst tun? Draußen, auf Platz Nummer sieben beim Tennis, gibt es das nicht, und das ist schade, denn es wäre spannend gewesen zu sehen, was Andy Murray vor seinen Returns im Doppel mit Joe Salisbury gegen das deutsche Duo Kevin Krawietz und Tim Pütz alles gesehen hat.

Murray spielte die Linie lang, durch die Mitte, kurz cross, hin und wieder streute er einen Lob ein - er spielte fast immer so, dass die Gegner trotz Aufschlag direkt in Bedrängnis waren. Und das war der Unterschied bei dieser Partie auf höchstem Niveau. Die Briten siegten mit 6:2, 7:6 (2) und stehen im Viertelfinale. Der von vielen Verletzungen geplagte Murray könnte also auch im dritten olympischen Tennis-Wettbewerb eine Medaille erreichen. 2012 und 2016 siegte er jeweils im Einzel, in London gewann er zudem Silber im Mixed mit Laura Robson.

Die Doppel-Konkurrenz bei Olympia ist eine wunderbar wundersame Veranstaltung, weil sie so unvorhersehbar ist. Ebenfalls im Viertelfinale stehen die Spezialisten Nicola Mektic und Mate Pavic aus Kroatien, die gerade in Wimbledon triumphiert hatten. Bereits raus sind die französischen French-Open-Sieger Pierre-Hugues Herbert und Nicolas Mahut (verloren in der ersten Runde gegen Salisbury und Murray). Hingegen ist das legendäre kolumbianische Duo Juan-Sebastian Cabal und Robert Farah, das bereits seit mehr als zehn Jahren gemeinsam um die Welt tourt und zwei Grand Slams gewonnen hat, noch dabei.

Ebenso wie die zweite deutsche Paarung: Alexander Zverev und Jan-Lennard Struff. Die beiden gewannen am Dienstag ihr Achtelfinale gegen die Franzosen Jeremy Chardy und Gael Monfils mit 6:4 und 7:5. Das Duo trifft nun auf Austin Krajicek und Tennys Sandgren aus den USA. Zverev sagte dazu: "Wir spielen gegen zwei Gegner, die im Doppel nicht weit oben stehen. Aber das ist Olympia. Hier sind immer andere Gegner. Wir sind auch zwei Spieler, die normalerweise Einzel spielen." Dort steht der Hamburger auch noch im Turnier, trifft am Mittwoch im Achtelfinale auf den Georgier Nikolos Bassilaschwili. Spielt das Wetter mit, muss Zverev anschließend gleich zum Doppel mit Struff.

"Papa, du bist zu Hause, weil du schon wieder ein Tennismatch verloren hast"

Dieser Doppel-Wettbewerb bietet wunderbar verrückte Partien und wunderbar verrückte Ergebnisse - und die Chance für quasi jeden Teilnehmer auf eine Medaille. Favoriten gibt es nicht wirklich. Die Gastgeber mit dem 31-jährigen Kei Nishikori sind noch dabei, dafür verlor der Weltranglistenzweite im Einzel, Daniil Medwedew, mit seinem russischen Partner Aslan Karatsew schon in der ersten Runde.

Murray erkannte in der Unvorhersehbarkeit im Doppel seine Chance und sagte die Teilnahme am Einzel kurzfristig ab. Der 34 Jahre alte Körper ist geschunden, doch er sucht noch seine Chancen. In Tokio erzählte er diese Anekdote: "Als ich nach Wimbledon heimkehrte, sagte meine Tochter: 'Papa, du bist zu Hause, weil du schon wieder ein Tennismatch verloren hast.' Dann habe ich sie gefragt, was sie tue, wenn sie in etwas verliert, und sie hat geantwortet: 'Man versucht es wieder und wieder.' Ja, und genau das probiere ich auch."

Er versucht es, wieder und wieder, und tatsächlich ist er im Doppel, wenn er weiterhin so retourniert wie in den ersten beiden Partien und wenn Partner Salisbury weiter eine fast unbezwingbare Mauer am Netz bildet, nur noch zwei Siege von einer weiteren Medaille entfernt. Am Mittwoch treffen die beiden auf die starken Kroaten Ivan Dodig und Marin Cilic.

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