Olympia-Teilnahme von Sportlern:Dabeisein ist längst nicht mehr alles

Aufgrund der Verletzung von Dirk Nowitzki fordert Mavericks-Besitzer Mark Cuban, dass keine Profis mehr an Olympischen Spielen teilnehmen. Die Debatte ist nicht neu - auch beim Fußball wird seit Jahren heftig gestritten. Am Ende kann nur der Sportler selbst entscheiden, was er tun möchte.

Jürgen Schmieder

Allein das Aufzählen der Akteure sorgt bei den Freunden des filigranen und spektakulären Basketballs für ein wohliges Gefühl: Michael Jordan, Magic Johnson, Larry Bird, Charles Barkley, Patrick Ewing, Scottie Pippen, John Stockton, Karl Malone, Chris Mullin, David Robinson, Clayde Drexler, Christian Laettner.

Peking 2008 - Nowitzki Fahnenträger der deutschen Olympia-Mannschaft

Dirk Nowitzki erfüllte sich mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2008 in Peking einen Lebenstraum.

(Foto: dpa)

Diese zwölf Spieler waren die Mitglieder des so genannten Dream Teams bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona - noch heute gilt dieses Team als die beste Basketball-Mannschaft, die jemals zusammen agiert hat.

Das Dream Team war dabei bei den Olympischen Spielen - und "Dabeisein ist alles" gilt als prägendes Motto. Pierre de Coubertin hat diesen Satz freilich niemals gesagt. Er sagte bei den Olympischen Spielen 1908, als britische und amerikanische Sprinter heftig diskutierten, wer denn nun den 400-Meter-Lauf gewonnen habe: "Das Wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht zu Gewinnen, sondern daran teilzunehmen."

Über diese Teilnahme hat Mark Cuban, Eigentümer des Basketballklubs Dallas Mavericks, gerade eine Debatte angezettelt. Er fordert, dass die NBA-Spieler künftig nicht mehr an den Olympischen Spielen und den Qualifikationsturnieren teilnehmen. Cuban erklärt: "Es ist der Inbegriff der Dummheit, dass wir uns benutzen lassen, damit andere hunderte Millionen Dollar verdienen."

Auslöser ist die Verletzung von Dirk Nowitzki. Er pausiert derzeit, um das zu stark belastete rechte Knie auszukurieren und in einem speziellen Trainingscamp an der Kondition zu arbeiten. "Im Nachhinein war es ein Fehler, bei der EM zu spielen", sagt Nowitzki, der sich bei diesem Turnier mit der deutschen Nationalmannschaft für die Olympischen Spiele in London qualifizieren wollte.

Cuban sagte über das Internationale Olympische Komitee und die Sponsoren: "Die sitzen zusammen und denken sich: 'Diese Blödmänner. Wir nehmen uns all ihre besten Spieler einfach so für nichts.' Aus Dirks Perspektive betrachtet kann ich das verstehen. Aber wir sollten unsere Sportler nicht in eine solche Lage bringen."

Die von Cuban angestoßene Debatte ist nicht neu - und auch nicht auf den Basketball beschränkt. Auch beim Fußball wird über die Ausgewogenheit zwischen Vereinsverpflichtungen und Terminen für die Nationalmannschaften debattiert. Seit mehr als einem Jahr debattiert etwa der FC Bayern mit dem niederländischen Fußballverband über diverse Verletzungen von Arjen Robben.

Der Sportler muss entscheiden

Von den Vereinen wird stets angeführt, dass sie die Gehälter der Akteure bezahlen und die Folgen einer Verletzung tragen würden. Die finanzielle Kompensation sei viel zu gering. Diese Argumentation ist durchaus veritabel, schließlich hängt der sportliche und auch finanzielle Erfolg eines Vereins nicht zuletzt davon ab, wie fit und ausgeruht prägende Akteure wie Robben und Nowitzki sind.

Andererseits ist eine Fußball-WM ohne die besten Akteure nur schwer vorstellbar - nein, sie ist gar nicht vorstellbar. Länderspiele, große Turniere und Olympische Spiele generieren kollektives Interesse, das letztlich auch positive Auswirkungen auf die Vereine hat. So die ebenfalls veritable Argumentation von Verbänden und Veranstaltern.

Die Vereine hätten natürlich die Möglichkeit, einen Verzicht des Sportlers auf das Mitwirken in der Nationalmannschaft vertraglich festzuhalten. Zé Roberto etwa kehrte im Jahr 2007 erst zum FC Bayern zurück, nachdem er der Forderung nachgekommen war, aus der Nationalelf zurückzutreten.

Allerdings heißt es im "Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern" der Fifa, dass Vereine verpflichtet sind, ihre registrierten Spieler für die Verbandsauswahl des Landes abzustellen. Wichtigster Satz: "Anderslautende Vereinbarungen zwischen einem Spieler und einem Verein sind unzulässig."

Wer soll also über die Teilnahme von Sportlern an Länderspielen und Turnieren entscheiden? Es gibt in dieser kniffligen Debatte keine eindeutige Antwort und augenscheinlich keine Lösung, die allen Partien (Vereinen, Verbänden, Veranstaltern und Sportler) gerecht werden könnte.

Deshalb bleibt der einzige, der über eine Teilnahme entscheiden darf und muss, der Sportler selbst. Wenn ein Sportler aus der Nationalmannschaft zurücktritt, kann ihn niemand zum Mitwirken zwingen. Wenn er für sein Land antreten wird, dann kann ihn derzeit niemand daran hindern.

Es sei deshalb nur angemerkt: Dirk Nowitzki gab kürzlich bei der Frage nach dem schönsten Moment seiner Karriere an, dass die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2008 in Peking immer noch knapp vor dem Gewinn der NBA-Meisterschaft liege.

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