Olympia:Schneller als die Siegerin und trotzdem Vierte

Viktoria Rebensburg wird Vierte beim Riesenslalom bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang.

Nur ein guter Lauf im Riesenslalom: Viktoria Rebensburg.

(Foto: dpa)

Von Matthias Schmid

Als Viktoria Rebensburg nach der Ziellinie mit Bestzeit abgeschwungen hatte, ahnte sie bereits, dass es nicht reichen würde für eine Medaille. Sie schob ihre Schultern in kurzen Abständen hoch und runter, was symbolisierte: Sie hätte noch mehr Zeit rausfahren müssen. Die Olympiasiegerin von 2010 war fehlerfrei im finalen Durchgang gefahren, gut, aber nicht herausragend sauste sie den Berg hinab, am Ende verpasste sie ihre dritte Medaille bei Olympischen Winterspielen um zwölf Hundertstelsekunden. Den dritten Platz belegte die Italienerin Federica Brignone.

Gewonnen hat den Riesenslalom von Yongpyong Mikaela Shiffrin, die Amerikanerin fiel einfach um, vor Glück und Erleichterung, als die Führende nach dem ersten Durchgang, Manuela Moelgg, nicht an ihre Zeit heranreichen konnte und auf Rang acht landete. Shiffrin lag im Schnee und weinte bitterlich, die vergangenen Wochen waren nicht einfach gewesen für die so erfolgsverwöhnte 22-Jährige: In drei von vier Rennen war die dreimalige Weltmeisterin ausgeschieden. Und nun war sie mit einem Knall auf die große Bühne zurückgekehrt und holte nach dem Slalom-Gold von Sotschi ihren zweiten Olympia-Sieg vor Ragnhild Mowinckel aus Norwegen.

Als sich die Erstplatzierten später in den Armen lagen, stand Rebensburg mit Abstand daneben. Es fiel ihr schwer zu akzeptieren, dass drei besser waren als sie. Die Sportlerin vom SC Kreuth hatte drei Riesentorläufe in diesem Winter gewonnen, sie hatte alles auf dieses Rennen abgestimmt, auf ihre Lieblingsdisziplin, in der sie vor acht Jahren Olympiasiegerin wurde. Und jetzt der vierte Platz, nur der vierte Platz, so sah sie das. "Es ist immer bitter, Vierte zu werden", sagte die 28-Jährige, "aber zum Riesenslalom gehören eben zwei Durchgänge."

Nach dem ersten Lauf liegt Rebensburg 0,83 Sekunden zurück

Schon nach dem ersten Lauf hatte Rebensburg mit sich und der Ski-Welt gehadert, 0,83 Sekunden fehlten ihr auf die Führende Moelgg. Im oberen Teil war sie gut in den Lauf mit den 51 Toren gekommen, sie fuhr auf den Kanten, sie carvte gefühlvoll im aggressiven Schnee von Yongpyong unterhalb der Drachenspitze. Im Steilhang war sie sogar die Schnellste, doch schon kurz darauf schlichen sich erste kleinere Ungenauigkeiten ein. Vor allem bei den Linkskurven tat sie sich schwer, sie musste immer wieder hart aufkanten, nachdrücken. Schnee staubte auf, das alles kostete Zeit, weil sie weg war von der Ideallinie.

Doch die meisten Hundertstelsekunden verlor sie im Flachstück vor dem Ziel, als sie von einer Bodenwelle überrascht wurde und einige Meter nach unten rutschte. "Das ist echt bitter", sagte Rebensburg nach dem ersten Lauf, "wir haben es am Start noch besprochen gehabt. Da unten sind mehrere Wellen und ich habe gedacht, das ist die davor." Sie hat den Ski also gehen lassen, wie die Rennläuferinnen gerne sagen. Sie wollte Tempo aufnehmen, bis sie jäh von dieser Welle gebremst wurde. "Da habe ich die fünf Zehntel verloren, die mir am Ende auf die Siegerin gefehlt haben", betonte Rebensburg nach dem Rennen, "ich bin da mehr oder weniger gestanden."

Im zweiten Lauf fährt sie schneller als die Siegerin

Rebensburg sei eine Fahrerin, die die Fähigkeit besitzt, "hohe Rückstände aufholen zu können", hat der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier vor ein paar Wochen erzählt. Vor acht Jahren, bei ihrem Olympiasieg in Vancouver, war sie auch vom sechsten Rang noch zum Olympasieg gerast. Diesmal konnte Rebensburg vier Plätze gutmachen, sie war im zweiten Durchgang sogar schneller als die Siegerin Mikaela Shiffrin. "Natürlich war es gut, dass ich im zweiten Lauf aufgeholt habe, dass ich so Ski gefahren bin, wie ich es kann", fand Rebensburg. Doch am Ende reichte es eben nicht zu der erhofften Medaille bei Olympia. "Da kriegt man nichts für den Platz", fügte sie enttäuscht hinzu.

Ihr nächstes Rennen wird nun der Super-G am Samstag sein, bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in St. Moritz hatte sie in dieser Disziplin das Podium als Vierte knapp verpasst. "Da gibt es dann wieder volle Attacke", sagte Rebensburg nun. Sie klang trotzig.

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