Olympia-Qualifikation:Koslowskis Plan

Die Volleyballerinnen bestreiten in den nächsten Tagen in den Niederlanden ihr Qualifikations-Turnier für Olympia 2020. Es dürfte ähnlich anspruchsvoll werden, wie der Wettbewerb bei den Sommerspielen selbst.

Von Sebastian Winter

Der Plan von Felix Koslowski, vor allem aber der von seiner Frau, steht. Am 12. Januar möchte der Bundestrainer Koslowski mit den deutschen Volleyballerinnen das Finale des Olympia-Qualifikationsturniers in den Niederlanden gewinnen. Nur der Sieger dieses Achterturniers reist in diesem Sommer zu den Spielen nach Tokio. Nach dem harten Wettbewerb in Apeldoorn steht dann die Geburt des vierten Kindes der Koslowskis auf dem Programm. "Wir haben das klar geplant, dass es nach dem Turnier zur Welt kommt. Ich möchte da auch dabei sein. Und meine Frau ist in diesem Bereich inzwischen Profi", sagt Koslowski, der Familienvater.

Ob er sich und seine Spielerinnen dann Olympiateilnehmer nennen darf, ist wohl unwägbarer als die Niederkunft im Hause Koslowski. Denn die Qualifikation ist 2020 so schwer wie kaum jemals zuvor. Das gilt ja auch für die deutschen Männer, die ihr entscheidendes Turnier fast zeitgleich mit den Frauen in Berlin austragen: "Es ist schwieriger, sich zu qualifizieren, als dann bei Olympia eine Medaille zu gewinnen", sagte Männer-Bundestrainer Andrea Giani vor dem Turnierstart. Koslowski findet: "Holland ist der Topfavorit, danach kommt die Türkei. Aber wenn man es ins Halbfinale schafft, und das ist unser Ziel, dann hat jede Mannschaft eine Chance. Wir haben eine unglaubliche Sehnsucht, in Japan dabei zu sein."

Volleyball EM - Deutschland - Polen

Bei der EM im vergangenen Sommer überzeugten die deutschen Frauen um Louisa Lippmann (Mitte) in der Gruppenphase, scheiterten dann aber im Viertelfinale unglücklich mit 2:3 an Polen.

(Foto: Grzegorz Michalowski/dpa)

Woher diese Sehnsucht rührt, liegt auf der Hand: 2004 waren die deutschen Volleyballerinnen letztmals bei den Spielen, in Athen war für sie bereits nach der Vorrunde Schluss. 2008, 2012 und 2016 scheiterten sie in der Qualifikation. Aus jeweils zwei Vierergruppen werden nun zunächst die Halbfinalisten ermittelt. Die DVV-Auswahl trifft zum Auftakt in Gruppe B am Dienstag auf die Türkei, am Mittwoch auf Belgien und am Freitag auf Kroatien. "Die Türkei wird nicht unser Do-or-die-Spiel. Wir müssen gegen Belgien und Kroatien gewinnen, um ins Halbfinale zu kommen", sagt Koslowski.

Bei der EM im vergangenen Sommer überzeugten die deutschen Frauen in der Gruppenphase, scheiterten dann aber im Viertelfinale unglücklich mit 2:3 an Polen - und ein wenig auch an ihren Nerven. Die Mannschaft befindet sich mitten im Reifeprozess, ihr Generationenwechsel ist so gut wie abgeschlossen. Bei der Weltmeisterschaft 2018 in Japan ging der Stern von Louisa Lippmann auf, zwischenzeitlich war sie Topscorerin und beste Aufschlägerin des Turniers. Als die Deutschen damals Brasilien, den Olympiasieger von 2008 und 2012, erstmals bei einer WM bezwangen, gelangen Lippmann alleine fabelhafte 36 Punkte. Das Turnier schlossen die Deutschen dennoch nur auf Platz elf ab, danach trat Kapitänin Maren Brinker zurück; als eine der letzten Spielerinnen der Generation um Margarata Kozuch, Corina Ssuschke-Voigt und Angelina Grün, die 2011 und 2013 jeweils Silber bei der Europameisterschaft gewann.

Koslowski begrüßt einige Rückkehrerinnen im Kader

Lippmann wechselte 2018 aus Schwerin nach Florenz, seit dieser Saison spielt sie in Schanghai. Dort, in China, hat sich auch für Top-Volleyballer ein neuer Markt eröffnet, wo mit die höchsten Gehälter gezahlt werden. Gemeinsam mit der US-amerikanischen Olympia-Zweiten Jordan Larson ist Lippmann dort die einzige Ausländerin im Team, die Liga erlaubt nur zwei nicht-chinesische Spielerinnen. "Auf Louisa schnüren wir große Hoffnungen. Wenn sie überragend spielt, haben wir eine Chance", sagt Koslowski. Kurz vor Weihnachten wurde die 25-Jährige zum dritten Mal in Serie als Deutschlands Volleyballerin des Jahres ausgezeichnet. Seit dem ersten Weihnachtsfeiertag bereitet sie sich mit der Mannschaft in Kienbaum auf die Qualifikation vor, eine kurze Zeitspanne, was Koslowski auch nicht unproblematisch findet.

Trainer Andrea Giani streicht Baxpöhler aus Männer-Team

Die deutschen Volleyballer kämpfen ohne Mittelblocker Noah Baxpöhler um ihre letzte Olympia-Chance. Bundestrainer Andrea Giani strich den 26 Jahre alten Frankreich-Legionär am Samstag aus seinem endgültigen Kader für das Qualifikations-Turnier in Berlin. Kapitän Lukas Kampa und Star-Diagonalangreifer Georg Grozer führen das 14er Aufgebot der Deutschen an. Auch der nach langer Pause wieder berufene Libero Markus Steuerwald hat seinen Platz sicher. "Es war keine Entscheidung gegen die Leistung von Noah. Er hat in der Vorbereitung sehr gut trainiert. Es ist wichtig, dass wir im Angriff breit aufgestellt sind und deswegen habe ich mich für fünf Außenangreifer entschieden", begründete Giani die Streichung von Baxpöhler. Der EM-Zweite von 2017 trifft in Gruppe A am Sonntag (19.30 Uhr/Sport1) in der Max-Schmeling-Halle zunächst auf Tschechien. Die weiteren deutschen Kontrahenten in der Vorrunde sind Belgien und der EM-Zweite aus Slowenien. Nur der Gewinner des mit acht Mannschaften ausgetragenen Turniers qualifiziert sich für Tokio. dpa

Der Bundestrainer sieht zugleich in der Rückkehr von Zuspielerin Lena Möllers (Rote Raben Vilsbiburg), die erstmals seit August 2017 wieder im Kader steht, weil Pia Kästner verletzt ist, ein gutes Zeichen - vor allem im Block, wo die fast 1,90 Meter große Möllers aushelfen soll. Kapitänin Denise Hanke (Schweriner SC), das Gehirn des deutschen Spiels, ist als Zuspielerin aber weiterhin gesetzt. Außerdem kehrt Hanna Orthmann (Saugella Monza) nach ihrer Oberschenkelverletzung erstmals seit Juni wieder ins Nationalteam zurück. "Wir haben nicht die absoluten Killer im Team wie die Polinnen", sagt Koslowski, "aber Hanna hat das physische Potenzial dazu. Sie müssen wir nun wieder integrieren."

Unabhängig vom Ergebnis wünscht sich Koslowski künftig einen faireren Modus, der dem so starken Volleyball-Kontinent Europa und seinen besten Nationen mehr Chancen auf eine Teilnahme auf Olympische Spiele bietet, "auch wenn die Vielfalt zu Olympia gehört".

Doch nun freut sich der 35-Jährige erst einmal "auf unser wichtigstes Turnier seit vier Jahren". Und, direkt im Anschluss daran, auf sein viertes Kind.

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