Eine gemeinsame Pressekonferenz der nationalen Anti-Doping-Agenturen (Nados) von Deutschland, Frankreich, Österreich und der Internationalen Testagentur ITA, die gerade die Hoheit über die Dopingtests in Paris innehat – von so einer Veranstaltung hätte am Sonntag durchaus ein Signal ausgehen können. Die Vertrauenskrise des Anti-Doping-Kampfs ist allgegenwärtig, Athletinnen und Athleten äußern Zweifel an der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, die US-Agentur Usada ist gar auf Konfrontationskurs zur Wada, und die von der ARD enthüllte Causa der 23 positiv getesteten, dann aber nicht sanktionierten chinesischen Schwimmer schwelt weiter. Es gäbe viel zu sagen.
Die erste Überraschung dann allerdings: Die Veranstaltung im „Deutschen Haus“ wurde moderiert … von einer Athletin. Sind Athleten nicht diejenigen, die von den Nados kontrolliert werden sollen? Nun, in diesem Fall handelte es sich um die Fechterin Léa Krüger, Mitglied der Athletenkommission des DOSB, die in dieser Funktion auch im Aufsichtsrat der Nada sitzt, also diese letztlich, genau: kontrolliert. Und selbst, wenn man diese Konstellation erstaunlich findet: Krüger konnte in die Pressekonferenz eine Perspektive einbringen, die sie mit vielen Olympia-Startern teilt: „Das Vertrauen ist weg.“
Exklusiv Podcast:Die Jagd nach der schnellsten Frau der Welt
Seit unglaublichen 36 Jahren hält Florence Griffith-Joyner die Weltrekorde über 100 und 200 Meter Sprint. Und genauso lange halten sich die Gerüchte über diesen ersten Popstar des Sports, der unter mysteriösen Umständen starb. Lässt sich das Geheimnis von "Flo-Jo" endlich lüften?
Ja, entgegnete Eva Bunthoff, Vorstandsmitglied der Nada, so gehe es vielen Athleten, man führe mit ihnen viele Gespräche. Und was soll man sagen: Reden hilft bekanntlich – aber müsste man nicht auch etwas mehr tun?
Wenn man Bunthoff, ihren Kollegen Jérémy Roubin (Nada Frankreich), Michael Cepic (Nada Österreich) und Benjamin Cohen (ITA) so zuhörte, konnte – und sollte? – man den Eindruck gewinnen, als liefe bei der Dopingbekämpfung alles ziemlich glatt. Und tatsächlich läuft ja manches besser als früher. Eine Pre-Games Expert Group hatte vor den Spielen für alle Sportarten und Delegationen konkrete Risikobewertungen vorgenommen, damit zielgerichteter getestet werden konnte; auch die Nada schickte Experten, und, Überraschung: Chinas Chinada! Zu sagen, dass man die Chinada eher für eine Doping-Absicherungs- als für eine Doping-Bekämpfungsorganisation hält, käme allerdings keinem der europäischen Fahnder in den Sinn. Wie man sich offenbar ohnehin entschieden hat, lieber Erfolgsmeldungen zu streuen als Zweifel.
Vielleicht hilft ja ab 2025 ein neuer Wada-Code?
Die Wada, die den Fall China zunächst zielgerichtet versenkt und erst nach der ARD-Recherche zögerlich, aber ergebnislos nachverfolgt hat, scheinen Deutsche, Österreicher und Franzosen allenfalls so vorsichtig kritisieren zu wollen wie die deutschen Bischöfe den Vatikan. Konkrete Forderungen? Nun, man habe „Fragen“, sagte Bunthoff. Und wenn diese Fragen nicht beantwortet werden? Dann stelle man sie erneut. Wow! Und außerdem arbeite man ja an einem neuen Anti-Doping-Code, der ab 2025 dann hoffentlich ganz klar festschreibe, wie solche komplexen Fälle behandelt werden müssen. Gute Nachrichten also aus Paris: Bald wird dieses Dopingproblem gelöst sein! Man muss nur noch schnell die Papiere fertig schreiben.