Olympia:Massiver Doping-Verdacht im Skilanglauf

Doping-Enthüllung kurz vor den Olympischen Spielen.

Skilangläufer in Lahti.

(Foto: Matthias Hangst/Getty)
  • Fast die Hälfte aller Medaillengewinner im Skilanglauf bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften zwischen 2001 und 2017 sollen nach Recherchen auffällige Blutwerte gehabt haben.
  • Die größte Anzahl an Athleten mit verdächtigen Werten stamme aus Russland.
  • Auch Sportler aus Schweden, Österreich und Deutschland sollen auffällige Werte aufgewiesen haben.

Eine Woche vor dem Start der Olympischen Spiele sieht sich der Wintersport mit dem nächsten massiven Doping-Verdacht konfrontiert. Nach Recherchen der ARD-Dopingredaktion und der britischen Sunday Times im Rechercheverbund mit dem schwedischen Sender SVT und dem Online-Magazin republik.ch wiesen 91 Goldmedaillen-Gewinner bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften im Skilanglauf seit 2001 verdächtige Blutwerte auf. Die Journalisten hatten nach eigenen Angaben Zugriff auf eine Datenbank mit Informationen von über 10 000 Bluttests. Fast die Hälfte (46 Prozent) aller Skilanglauf-Medaillengewinner hätten im Zeitraum zwischen 2001 und 2017 aufgezeichnete abnormale Werte gehabt, bei einem Drittel der Podiumsplatzierungen in diesem Zeitraum soll Doping wahrscheinlich sein oder die Werte seien mindestens "verdächtig".

Einige Athleten hätten laut dieser Datenbank so dickes Blut gehabt, dass sie eigentlich sofort in ein Krankhaus gemusst hätten, bei anderen gebe es nur eine Chance von eins zu einer Millionen, dass die Werte auf natürliche Art und Weise zustande hätten kommen können. Unter den verdächtigen Skilangläufern seien auch mehr als 50 mögliche Starter für die Winterspiele in Pyeongchang, die am 9. Februar in Südkorea eröffnet werden.

Der Rechercheverbund, der die Dokumente nach eigenen Angaben von einem Whistleblower erhalten hat, legte die Daten unter anderem dem Anti-Doping-Experten James Stray-Gunderson vor, der in der Vergangenheit mit dem Internationalen Skiverband Fis zusammengearbeitet hat. "Eine signifikante Zahl an Medaillengewinnern hatte abnormale Blutprofile, die ein starkes Indiz für Doping sind", wird er von der Sunday Times zitiert.

Ein Blutprofil wurde als "abnormal" bezeichnet, wenn es nur noch eine einprozentige Chance gab, dass die Werte auf natürlichem Weg zustande gekommen sein können. Insgesamt sollen 290 Skilangläufer der Datenbank verdächtige oder abnormale Bluttests aufgewiesen haben. Besonders auffällig waren offenbar russische Sportler. 76 Prozent aller russischen Podiumsplatzierungen sollen von Athleten mit auffälligen Werten erzielt worden sein - aber auch über 100 Medaillen, die von Langläufern aus Norwegen, Deutschland, Schweden und Italien gewonnen wurden, seien verdächtig.

Eine Sprecherin des Verbands Fis sagte der Sunday Times, dass der Verband verdächtige Ergebnisse nicht kommentiere und die Welt-Anti-Doping-Agentur mehr als zufrieden mit den Anti-Doping-Bemühungen der Fis sei.

Unnormale Blutwerte - zum Beispiel ein erhöhter Wert an roten Blutkörperchen - können auf Dopingmittel, wie etwa das bekannte Erythropoetin (Epo) hindeuten. Rote Blutkörperchen transportieren den Sauerstoff zu den Muskeln. Mehr davon steigert die Leistung von Ausdauersportlern.

Seit 2009 ist es möglich, Athleten wegen verdächtiger Werte im biologischen Pass zu sperren. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada hat bisher aber im Skilanglauf nur ein einziges Mal eine Sperre aufgrund des Passes ausgesprochen.

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