Süddeutsche Zeitung

Olympia:Marcel Hirscher, der Riesenslalom-König

Von Saskia Aleythe, Yongpyong

Es gibt angenehmere Schicksale, als Konkurrent von Marcel Hirscher zu sein. Dass der Österreicher in formidabler Verfassung ist, konnte niemand bezweifeln, und so ein Olympiasieg in der Kombination am Dienstag ist nun auch nichts, was einen ausbremst. Doch als der 28-Jährige nach dem ersten Lauf im Riesenslalom am Sonntag einen Vorsprung von 0,63 Sekunden auf den Zweitplatzierten hatte, musste man nur mal Hendrik Kristoffersen zuhören. Der lag nach dem ersten Durchgang auf Rang neun, ist in dieser Saison aber Hirschers ständiger Widersacher und Zweitbester in der Riesenslalom-Wertung. Der Norweger sagte also: "Ich dachte, es war ein guter Lauf, aber dann waren es trotzdem 1,30 Sekunden hinter Marcel. Er ist der beste Skifahrer der Welt, da ist es normal."

Entmutigte Konkurrenten ließ Hirscher dann auch im zweiten Durchgang zurück: Als er mit der Last auf einem Ski über die Ziellinie fegte, stand neben seinem Namen nicht nur die Eins, sondern auch +1,27 Sekunden vor Kristoffersen. Das ist der größte Vorsprung in einem olympischen Riesenslalom seit 40 Jahren. Von vier Franzosen unter den besten acht Starten schaffte es am Ende nur Alexis Pinturault aufs Podium, er gewann Bronze. Als Hirscher an den Kameras vorbeifuhr, stieß er einen langen Schrei aus. Es war sein zweiter Olympiasieg in Südkorea. "Ich war im Riesenslalom schon die ganze Saison gut drauf, und jetzt bin ich natürlich super erleichtert, dass es auch bei Olympia so funktioniert hat."

Schon nach der Goldmedaille in der Kombination hatte Hirscher von einem "großen Befreiungsschlag" gesprochen. 2014 hatte er Silber im Slalom gewonnen, aber nun wollte er endlich Olympiasieger werden - als sechsfacher Weltcup-Gesamtsieger eine Sache, die sich doch ermöglichen lassen musste. "Jeder in Österreich spricht von dieser Medaille", hatte Hirscher gesagt und nun spricht jeder wohl auch vom Doppelgold. "Die Goldmedaille in der Kombination war viel überraschender, heute haben es viele erhofft und erwartet. Aber man sollte nie etwas erwarten im Sport."

Hirscher holt Österreich mit seinem Gold endgültig aus einem Stimmungstief, das sich nach dem bescheidenen Abschneiden seiner Speedkollegen in der Abfahrt ausgebreitet hatte. In dem Rennen war durch Vincent Kriechmayr ein siebter Rang als bestes Resultat herausgesprungen, was in der Heimat so manchem die Laune getrübt hatte. Noch schlechter waren die Österreicher in der Disziplin zuletzt bei den Spielen 1960 in Squaw Valley. Am Freitag hatte Matthias Mayer dann aber Gold im Super-G geholt, und am Samstag war das österreichische Herz durch Silber von Anna Veith im Super-G noch ein bisschen mehr besänftigt worden. Und nun stand also der Riesenslalom an, und wenn jemand den Punkt Zuverlässigkeit verkörpert, dann Hirscher: Von den vergangenen zehn Riesenslaloms inklusive WM stand er am Ende neun Mal ganz oben auf dem Podest.

Er ist jetzt nach Hermann Maier, Benjamin Raich und Toni Sailer der vierte österreichische Skirennfahrer, der zweimal Gold bei denselben Winterspielen holt. Sollte Hirscher auch im Slalom am Donnerstag triumphieren, würde er sogar den Rekord von Sailer einstellen.

Den deutschen Fahrern fehlen Neureuther und Luitz enorm

Die Deutschen konnten seinen Olympiasieg in Yongpyong nur aus der Ferne beobachten: Fritz Dopfer lag nach dem ersten Durchgang schon fast zweieinhalb Sekunden hinter Hirscher und ging von Rang 19 aus in den zweiten Lauf, am Ende war er 26.. Linus Straßer konnte sich immerhin über eine heimische Fangemeinde im Publikum freuen, die ihm ein großes Plakat gebastelt hatte, war aber nur knapp in die Top 30 gekommen und fuhr schließlich noch auf Rang 22. Alexander Schmid blieb ein zweiter Versuch verwehrt, nach 42 Sekunden verschlug es ihm den Ski. "Bis zu dem Fehler bin ich mit der Fahrt relativ zufrieden gewesen. Dass es nicht bis ins Ziel gereicht hat, ist natürlich sehr bitter", sagte Schmid.

Für die Deutschen war es das schlechteste Riesenslalom-Ergebnis seit 2006. Dass ihnen die verletzten Felix Neureuther und Stefan Luitz enorm fehlen, merkte dann auch Dopfer an: "Es ist brutal wichtig für ein Team, wenn mehrere Jungs vorne mitfahren können und das haben wir momentan nicht." Aber einen Hirscher aufhalten zu können, das ist dann ohnehin nochmal eine ganze andere Nummer.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3871934
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/vit
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.