Kolumne „La Glosse“:Familie Feierbiest

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Dieselbe Prozedur an jedem Abend: Die Carter Boys und ihre Entourage samt Kamerateam machen Party im Irish Pub. (Foto: Sebastian Winter/oh)

Schlappen, Schnauzer, Schnaps: Lachlan und Bailey Carter, die Stiefbrüder der australischen Schwimmerin Kaylee McKeown, beschwören Abend für Abend den olympischen Flaschengeist.

Kolumne von Sebastian Winter

Vielleicht 100 Meter sind es von der La Défense Arena in Nanterre zum Sehnsuchtsort mindestens aller Australier. Nein, es ist kein Barbecue-Restaurant, sondern der Irish Pub Corcoran’s. An jedem Abend, wirklich an jedem Abend, machen ihn die Familie McKeown & Friends so ab 22, 23 Uhr, wenn die Schwimmwettkämpfe vorbei sind, zu ihrem feucht-fröhlich-gemütlichen Wohnzimmer. Und das seit Beginn der Sommerspiele vor zehn Tagen. Sie sind eigentlich wegen Kaylee McKeown hier – und trieben die 23-jährige Rückenspezialistin zu zwei Olympiasiegen, einmal Silber und zweimal Bronze. Zum Vergleich: Deutschland hat im Becken einmal Gold und einmal Bronze gewonnen. Zur Familie gehören auch ihre Stiefbrüder Lachlan und Bailey Carter, die beide in Goldpaillettenkleidern stecken, schwarze Adiletten, Schnauzer und Hüte tragen und in diesem Outfit eskalieren wie sonst niemand.

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Man kann von der Aussie-Feiergang wirklich nicht behaupten, dass sie dem Umsatz im Corcoran’s schaden. Holzbrettchen mit einem Dutzend Schnäpsen in einer Reihe? Bitte gleich drei davon. Die Halbe Bier für zehn Euro? Für alle die nächste Runde. Begleitet werden die Carter Boys, wie sie genannt werden, von mehreren TV-Kameras, die auch wirklich jeden Schluck aufzeichnen. Das ist verrückt, komplett neben der Spur – und irgendwie auch sehr charmant, so eine Feierbiest-Familie. Steht sie nicht für den olympischen Geist, den man oft nur noch vergeblich sucht? Dabei sein ist hier wirklich alles, bis zur letzten Promille.

Man fragt sich dann aber trotzdem, jetzt, da die Schwimmwettkämpfe vorbei sind, wie sie es jeden Abend aufs Neue ins Corcoran’s geschafft haben. Und wieder heraus. Und haben sie auch diesen Cocktail probiert, der schlappe zwölf Euro kostet, also nur zwei mehr als das Bier? Tequila ist drin, Aperol, Wermut, Passionsfrucht, Zitrone. Sein Name: Olympic Flame. Kann man den Carter Boys wirklich nur empfehlen.

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